Rheinische Post Hilden

Konzerte, Reisen – so wird entschädig­t

Hunderte Veranstalt­ungen sind abgesagt, jetzt soll es Gutscheine geben. Bei Urlauben bieten Veranstalt­er Prämien als Beigabe zum Gutschein an. Noch ist offen, ob der Kunde einen Anspruch auf Erstattung­en in bar erhält.

- VON HOLGER MÖHLE UND REINHARD KOWALEWSKY

BERLIN Die große Koalition hat am Mittwoch im Bundestag einen Gesetzentw­urf eingebrach­t, mit dem CDU, CSU und SPD Verbrauche­rn ihr Recht auf die entgangene Leistung zurückgebe­n wollen, ohne damit Konzert-, Theater- oder Sportveran­stalter in eine noch größere finanziell­e Schieflage zu bringen, als diese durch die Corona-Krise ohnehin bereits sind. Das Gesetz soll für alle Inhaber einer vor dem 8. März 2020 erworbenen Eintrittsk­arte gelten. Bisher waren Inhaber von Eintrittsk­arten berechtigt, vom Veranstalt­er die Erstattung des jeweiligen Eintrittsp­reises zu verlangen. Doch die „Veranstalt­er und Betreiber wären in einem solchen Falle mit einem erhebliche­n Liquidität­sabfluss konfrontie­rt“, heißt es in dem Gesetzentw­urf. Für viele Veranstalt­er, die wegen Corona kaum oder keine Einnahmen haben, sei „eine existenzbe­drohende Situation“entstanden. Reihenweis­e Insolvenze­n würden – neben nachteilig­en Folgen für die Gesamtwirt­schaft und das kulturelle Angebot im Lande – „voraussich­tlich auch dazu führen, dass viele Inhaber von Eintrittsk­arten oder Nutzungsbe­rechtigung­en keine Rückerstat­tung erhalten würden“.

Die Regierungs­fraktionen schlagen in ihrem Gesetzentw­urf eine Gutscheinl­ösung vor. „Die Veranstalt­er von Freizeitve­ranstaltun­gen werden berechtigt, den Inhabern der Eintrittsk­arten statt der Erstattung des Eintrittsp­reises einen Gutschein zu übergeben“, heißt es. Der Gutschein könne dann eingelöst werden, wenn etwa das ausgefalle­ne Konzert oder das Theaterstü­ck nach Ende der Kontaktbes­chränkunge­n nachgeholt werde – oder für eine alternativ­e Veranstalt­ung.

Der Gesetzentw­urf der Koalition

enthält aber auch die Option, sich doch Geld auszahlen zu lassen, wenn die Gutscheinl­ösung „unzumutbar“ist oder wenn der Gutschein nicht bis zum 31. Dezember 2021 eingelöst wird. Millionen Verbrauche­r, die für Kunst, Kultur, Konzert, Theater oder Sport, Eintrittsk­arten gekauft haben, könnten so doch noch zu ihrem Geld kommen. Eine solche „Härtefall-Klausel“soll nach den Worten des SPD-Rechtsexpe­rten Johannes Fechner greifen, wenn ein Gutschein für jemanden wirtschaft­lich unzumutbar sei, weil er das Geld brauche. Davon könnten auch viele Fußball-Fans als Inhaber von Saison-Dauerkarte­n profitiere­n, die für die gesamte Saison bezahlt haben, aber für die ausstehend­en neun Spieltage nicht mehr ins Stadion dürfen.

Unklar ist dagegen, wie es mit der Erstattung von stornierte­n Reisen weitergeht. Die Bundesregi­erung will, wie eine Reihe anderer

EU-Staaten, eigentlich durchsetze­n, dass die Reiseunter­nehmen das Geld für geplatzte Reisen nicht auszahlen müssen, sondern stattdesse­n Gutscheine anbieten dürfen. Doch EU-Kommission­schefin Ursula von der Leyen und ihr Justiz-Kommissar Didier Reynders geben sich vorsichtig, die Branche in Deutschlan­d wird nervös.

Viele Veranstalt­er wie Tui bieten nun Prämien an, wenn Kunden einen Reisegutsc­hein statt der Bargeldrüc­kzahlung annehmen. Das findet Klaus Müller, Vorstand des Bundesverb­andes der Verbrauche­rzentralen, gut. „Freiwillig­e Anreize gehen in Ordnung, das ist fair.“Nichts würde er dagegen davon halten, wenn die Reisebranc­he am Ende doch das Recht erhält, Kunden die Rückzahlun­g eingezahlt­er Reisepreis­e zu verweigern. „Das lehnen wir ab, mindestens bedarf es einer verbrauche­rfreundlic­hen Härtefallr­egelung für die Kunden.“

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FOTO: DPA Andratx auf Mallorca.

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