Hier lernt die Elite der Bundeswehrmusik
Die Waldkaserne ist Sitz des Ausbildungsmusikkorps der Bundeswehr. Die allermeisten Militärmusiker Deutschlands werden an der Kaderschmiede ausgebildet. Sie erinnert mehr an eine Uni als an einen Armeestützpunkt.
Hilden ist ein Hauptgewinn. Das wissen nicht nur alle Hildener, die das Leben hier genießen, sondern auch die Teilnehmer eines Musikwettbewerbs, bei dem das Gewinnerorchester für ein Wochenende nach Hilden kommen darf. In dieser Zeit proben die Sieger in der Waldkaserne mit Profimusikern, perfektionieren mit den Professoren der Hochschule ihr Instrumentenspiel und verbringen am Ende eine gute, ziemlich musikalische Zeit miteinander. „Die Bundeswehr übernimmt alle Kosten und stellt die Unterkunft zur Verfügung“, erklärt Michael Euler, Oberstleutnant und Leiter des Ausbildungsmusikkorps der Bundeswehr.
Hilden ist nicht nur ein Hauptgewinn für Nachwuchsorchester, sondern auch für die Musiker der Bundeswehr. Denn der Bund hat 19 Millionen Euro in den Standort gesteckt, um dort die neuen Proberäume und Unterkünfte des Ausbildungsmusikkorps zu investieren. „Wir haben hier eine Infrastruktur, die Maßstäbe setzt und europaweit einzigartig ist“, sagt Michael Euler. Das beginnt bei den Übungs- und Unterrichtsräumen,dem Kammermusiksaal, den Unterkünften, der Verwaltung und geht bis zum dem Konzertsaal, der auf dem Campus in Anlehnung an die Elbphilharmonie in Hamburg liebevoll Itterphilharmonie genannt wird.
Die Bundeswehr bildet in Hilden den Nachwuchs für ihre Orchester aus. Jeder deutsche Bundeswehrmusiker, der in der Bigband oder einem der 14 Musikkorps spielt und nicht als Quereinsteiger verpflichtet wurde, kennt die Itterstadt. Seit 1969 sitzt das Ausbildungsmusikkorps in Hilden und hat seitdem immer einen engen Kontakt zur Stadt gesucht. Mit dem Benefizkonzert in Zusammenarbeit mit der Musikschule und dem Lions-Club zeigt sich die Bundeswehr einmal im Jahr in der Stadthalle. Seit einiger Zeit präsentieren die Musiker ihr Können einmal im Monat in der Waldkaserne bei den Kammerkonzerten, zu denen jeder nach vorheriger Anmeldung Zutritt hat. Da wird auch mal auf Abflussrohren Musik gemacht.
Durch die Corona-Krise hat die Bundeswehr die Konzerte aber vorerst ausgesetzt. Wann die Reihe fortgeführt wird, steht noch nicht fest.
Wer zum Ausbildungsmuikkkorps möchte, muss sich gleich mehrfach beweisen. Zunächst muss sich der Aspirant bewerben und zum Vorspielen eingeladen werden. Normalerweise 14 Tage vor Ostern haben die Bewerber dann 30 Minuten Zeit, die Jury in Hilden von ihrem Können zu überzeugen. Wer angenommen wird, geht ab 1. Juli für drei Monate in die Grundausbildung. „Die jungen Leute müssen auch durch den Dreck robben. Der Fokus liegt allerdings auf der Sanitätsausbildung“, sagt Michael Euler. Denn im Ernstfall müssten die Musiker keine Instrumente spielen, sondern würden als Sanitäter eingesetzt.
„Nach den drei Monaten kommen sie dann zu uns nach Hilden“, sagt Michael Euler. Die jungen Soldaten werden dann im musikfachlichen Basismodul fit für die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule Düsseldorf gemacht – die nächste große Herausforderung, die immer im Juni des Folgejahres ansteht. Sobald alles geschafft ist, müssen die jungen Musiker einen zehnwöchigen Laufbahnlehrgang an der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München absolvieren – danach nehmen die Unteroffiziere Kurs auf den Rang eines Musikfeldwebel, den sie nach insgesamt vier Jahren erreichen.
In den folgenden drei Jahren genießen die Soldaten eine Ausbildung auf höchstem Niveau. Das liegt vor allem an der Zusammenarbeit mit der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf. Dort lernen sie die Theorie, in der Waldkaserne folgt die Praxis. „Hier gibt es nicht nur Unterricht am Instrument und Orchesterproben (dafür erhalten die Studenten in Uniform Creditpoints für ihr Studium, da Michael Euler auch einen Lehrauftrag hat), sondern auch Yoga. Stimmbildung und Atemtechnik“, erklärt der Leiter des Ausbildungsmusikkorps. Die Musiker sollen sich mit sich auseinandersetzen.
Nach vier Jahren wechseln die Soldaten in eins der 15 Musikkorps der Bundeswehr. „Sie haben sich zu Beginn ihrer Ausbildung für zwölf Jahre verpflichtet“, erklärt Michael Euler. Vier Jahre Ausbildung, acht Jahre Musikkorps. „Danach werden viele auch zum Berufssoldaten übernommen“, fügt er hinzu.
Der Alltag beginnt für die musizierenden Soldaten, die alle auf dem Gelände der Waldkaserne leben, übrigens schon um 7 Uhr mit dem Aufstehen, eine halbe Stunde später heißt es: Antreten mit Befehlsausgabe. Danach fahren die Studenten entweder an die Hochschule oder haben auf dem Gelände in Hilden Unterricht. Sie müssen auch Schießen und Marschieren lernen. Höhepunkt jedes Jahres ist die Konzertreise im Frühjahr.
Trotz der erstklassigen Ausbildung, der Tatsache, dass die Studenten bezahlt werden, und der Rundumbetreuung auf dem Kasernengelände klagt das Ausbildungsmusikkorps über Nachwuchsprobleme. „Deutschland und Militärmusik harmonierten offenbar nicht besonders gut miteinander“, erklärt Michael Euler. „Der Traum vieler Musiker ist es, bei den Berliner Philharmonikern zu spielen.“Das sei auch gut so, aber die Plätze seien sehr begrenzt. „Und irgendwie glaube ich, haben viele junge Menschen eine Uniform-Allergie.“Das sei schade, denn das Ausbildungsmusikkorps sei doch auch so etwas wie ein Hauptgewinn.