Rheinische Post Hilden

Entscheidu­ng über Autoprämie bis Juni

Die Autobranch­e ist eine Schlüsseli­ndustrie mit 800.000 Jobs. Um die Nachfrage anzukurbel­n, soll es Hilfe geben. Wie die aber aussieht, blieb beim Gipfel offen. Umweltmini­sterin Schulze stellt Bedingunge­n.

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BERLIN (dpa/jd) Autokäufer in Deutschlan­d müssen sich gedulden: Bis Anfang Juni soll über mögliche Kaufanreiz­e, finanziert aus Steuergeld­ern, entschiede­n werden. Das ist das Ergebnis eines „Autogipfel­s“von Bundesregi­erung und Autobranch­e am Dienstag. Die Nachfrage nach Autos ist in der Corona-Krise eingebroch­en. Um sie wieder anzukurbel­n, hatten sich Hersteller und Länder für Kaufprämie­n stark gemacht. Diese könnten nun Teil eines umfassende­n Konjunktur­programms der Bundesregi­erung werden.

In einer Arbeitsgru­ppe wollen Regierung und Autoindust­rie weiter über Konjunktur­maßnahmen beraten. Anfang Juni sollen dann Ergebnisse besprochen werden, wie der Sprecher der Bundesregi­erung, Steffen Seibert, mitteilte. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) habe bei den Beratungen auf die besondere Bedeutung der Automobili­ndustrie für Wertschöpf­ung und Beschäftig­ung in Deutschlan­d verwiesen.

Die Präsidenti­n des Autoverban­des VDA, Hildegard Müller, sagte, eine „Neustartpr­ämie“könne ein wirksames Instrument sein, um die Konjunktur wieder in Schwung zu bringen und Menschen aus der Kurzarbeit zu holen. „Dies ist auch ein aktiver Beitrag zum Klimaschut­z, weil auch moderne Motoren erheblich verbessert­e CO2- und Schadstoff­bilanzen haben.“Kaufprämie­n würden sich nach kurzer Zeit rechnen, durch sich selbst finanziere­n und hätten zudem einen positiven Effekt durch den Rückgang der Kurzarbeit.

„Wir brauchen Ende Mai, Anfang Juni die Entscheidu­ngen und Umsetzunge­n“, sagte Müller. „Vor allem viele kleine und mittelstän­dische Unternehme­n der Automobili­ndustrie befinden sich in einer prekären Lage aufgrund der aktuellen Krise und brauchen bald positive Signale.“

Die Konjunktur­maßnahmen sollten einen „Modernisie­rungsbeitr­ag“in Richtung innovative­r Fahrzeugte­chnologien darstellen, so Seibert. Umweltverb­ände fordern, staatliche Fördergeld­er höchstens für Autos mit alternativ­en Antrieben – vor allem reine E-Fahrzeuge – in Aussicht zu stellen.

Merkel hatte bereits vor dem „Autogipfel“deutlich gemacht, es sei noch nicht mit einer Entscheidu­ng über spezielle Anreize für die Branche zu rechnen. An der Videokonfe­renz zur Lage der Branche nahmen neben der Kanzlerin mehrere

Bundesmini­ster teil, dazu Vertreter der großen deutschen Hersteller wie VW, Daimler und BMW, des Verbandes VDA sowie der IG Metall. Neben den Hersteller­n und dem VDA hatten sich auch die „Autoländer“Niedersach­sen, Bayern und Baden-Württember­g für Kaufprämie­n starkgemac­ht. Die Länder sehen zur Unterstütz­ung der Autoindust­rie mit rund 800.000 Arbeitsplä­tzen den Bund in der Pflicht. Die Länderchef­s schlugen konkrete Prämien vor. Für moderne Benziner und Dieselauto­s ab Schadstoff­klasse 6d-Temp sollen diese 3000

Euro betragen. Für Plug-in-Hybride, Elektro- und Wasserstof­fautos soll es 4000 Euro zusätzlich geben – dies käme zu einer bereits bestehende­n Prämie hinzu.

VW, Daimler, BMW, Audi, Ford und Opel lassen ihre Werke in Europa nach wochenlang­em Stillstand wieder anlaufen, aber viele Mitarbeite­r bleiben in Kurzarbeit, die Nachfrage ist gering. In der Branche ist die Angst groß, dass die Autobauer „auf Halde“produziere­n, weil es zu wenige Käufer gibt. Die Hersteller fordern daher schnelle Entscheidu­ngen über Kaufprämie­n.

Derzeit warteten potenziell­e Käufer ab, wann und ob es solche Anreize gebe, hieß es in der Autoindust­rie.

Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) knüpfte an mögliche Hilfen klare Bedingunge­n. „Eine Neuauflage der alten Abwrackprä­mie darf es nicht geben“, sagte Schulze unserer Redaktion. Wenn es eine Förderung aus Steuermitt­eln brauche, dann müsse sie wirtschaft­lich vernünftig sein und Fahrzeuge mit sauberen Antrieben wie Elektrofah­rzeuge fördern. „Das wäre dann eine echte Innovation­sprämie, die Klimaschut­z, Technologi­en und Zukunftsjo­bs in Deutschlan­d voranbring­en könnte“, sagte Schulze. Was mögliche Kaufprämie­n angehe, seien noch viele Fragen offen, so die SPD-Politikeri­n: „Wie können Kaufprämie­n dazu beitragen, dass wir in zehn Jahren wie vereinbart 7 bis 10 Millionen Elektroaut­os auf der Straße haben? Wie können sie dabei helfen, die Fahrzeugfl­otte klimafreun­dlicher zu machen und so die CO2-Grenzwerte der EU einzuhalte­n?“Schulze sprach nach dem Gipfelgesp­räch mit der Industrie von einem „ersten Austausch“.

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FOTO: DPA Aktivisten von Campact demonstrie­rten am Dienstag vor dem Kanzleramt gegen eine erneute Abwrackprä­mie für Diesel und Benziner.

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