Über den Dächern von Bilk
Auf dem Bunker an der Aachener Straße werden fünf Wohnungen gebaut. Ende des Jahres will der Projektentwickler damit fertig sein. Im Sommer 2021 soll dann auch der Kunst- und Kulturraum im Bunker eröffnen.
BILK 80 schmale Stufen sind es, die hinauf aufs Dach führen. Zwischen Gerüsten sind die Tritte befestigt, ein wackeliger Handlauf gibt ein bisschen Halt. 80 Stufen, die staubig sind und nichts für schwache Nerven, weil sie den Blick nach unten zulassen, der – je höher man kommt – immer abenteuerlicher wird. Wer den Aufstieg allerdings wagt und – mit kleiner Verschnaufpause – schafft, der wird mitten auf einer Baustelle stehen, in knapp 20 Metern
„Anfang nächsten Jahres werden die Wohnungen verkauft“. Wie teuer sie werden, das kann Knapp noch nicht sagen. Dass es sich um hochpreisiges Wohnen handelt, das ist längst bekannt – und wurde von der Politik im Stadtbezirk 3 ohne Bedenken abgenickt, die sich sonst für bezahlbaren Wohnraum stark macht. Weil durch den Verkauf der Wohnungen der darunterliegende Bunker erhalten bleibt und Kunst- und Kulturprojekte gefördert werden können.
Vor knapp 13 Jahren hob die Bundesregierung die Zivilschutzbindung für etwa 2000 Schutzbauten auf. Auch für den Betonklotz an der Aachener Straße. Der Bunker wurde verkauft, der Eigentümer wollte ihn abreißen, doch das ließen die Bilker nicht zu. Eine Bürgerinitiative setzte sich für den Erhalt ein. Dann übernahm Küssdenfrosch den inzwischen denkmalgeschützten Bau mit der markanten Fassade, die ein riesiges Wandbild ziert. Der Bunker sollte Teil des Stadtteils bleiben, Teil der Menschen, eine Erinnerung sein an das, was passiert ist. Erhalten, statt abreißen, das ist es, was Andreas Knapp und sein Team machen, für alles gebe es eine Verwendung, sagt Knapp.
Vier Etagen hat der Bunker, jede ist 350 Quadratmeter groß. Das Erdgeschoss ist ein bisschen kleiner, wegen der Tordurchfahrt an der Aachener Straße. Wie ein Karton ist der Bunker angelegt worden, vom Architekten Carl Krieger, 2,50 Meter dick ist die Decke, zwei Meter messen die Außenwände. Um das Dach zu erschließen, wird im Innenhof ein Aufzug gebaut – über ihn sollen die Menschen auch Zugang zum Bunker bekommen. Erdgeschoss und erstes Obergeschoss sind reserviert für Kunst und Kultur, zwei Kulturmanager hat Küssdenfrosch eingestellt. Christina von
Plate und Markus Mitschke sollen die Geschosse mit Leben füllen, Ausstellungen kuratieren und Projekte umsetzen. Kunst, Musik, Theater, Film und Design – alles ist möglich. Dabei verfolgen die Macher einen partizipativen Ansatz, Bürger wie Kreative können sich einbringen. Daraus ist auch die Idee entstanden, dass die Düsseldorfer Namensvorschläge einreichen können für das Kunst- und Kulturzentrum, das im nächsten Sommer eröffnen soll (siehe Info).
Ein Teil der Fläche in den oberen Stockwerken will Knapp für Indoorfarming nutzen. „Wir suchen noch einen Betreiber.“Eine Fahrradgarage wird es im zweiten Geschoss geben, nicht für die Bewohner der Würfel, sondern auch für Besucher. Und in den beiden Kellergeschossen befinden sich sieben kleine Multifunktionsräume, die Knapp stundenweise vermieten will. Er denkt an eine Kooperation mit Musikschulen in Düsseldorf, er selbst ist Schlagzeuger und weiß, wie schwierig es ist, einen schalldichten Raum zu finden.
2,7 Millionen Euro investiert Küssdenfrosch in den Um- und Ausbau des Bunkers, das meiste Geld fließt in die Technik. Entrauchung, Fluchtwege, Elektronik, Sanitär- und Klimaanlagen – „und das für 2500 Quadratmeter“, sagt Knapp. Inzwischen haben die Projektentwickler gemeinsam mit der Stadt einen Antrag auf Fördermittel beim Bund gestellt, das Geld würde aus dem Topf für innovative städtebauliche Konzepte kommen. Damit der Bunker nicht mehr auf den Markt kommt, will Andreas Knapp eine Stiftung gründen, in der der Komplex aufgenommen wird. Damit die Geschichte des Betonbaus aus dem Zweiten Weltkrieg noch viele Jahre weitererzählt werden kann.