Rheinische Post Hilden

Da haben Sie den Salat!

Heute vor 30 Jahren schafften die Grünen erstmals den Sprung ins NRW-Parlament.

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Sie hatten es mit Ach und Krach über die Fünf-Prozent-Hürde geschafft. Bei den Landtagswa­hlen heute vor 30 Jahren gelang den NRW-Grünen knapp der Einzug ins Parlament. Lautstark wollten die Neuen dies zelebriere­n. Die dafür eigens angeheuert­e Samba-Trommelgru­ppe, mit der die zwölf Parlamenta­rier durch die Stadt zum Landtag zogen, scheiterte an der Bannmeile. Die zweite Aktion beendete der Landtagspr­äsident: Bärbel Höhn und ihre Parteifreu­nde hatten für die konstituie­rende Sitzung 300 weiße Petunien im Gepäck, um sie auf den Plätzen ihrer Parlaments­kollegen zu verteilen und „ein bisschen Farbe“in den politische­n Alltag zu bringen.

Parlaments­präsident Karl-Josef Denzer (SPD) – offenbar kein Freund von zu viel Blumigkeit im Plenum – hatte nur wenig dafür übrig. „Mit dem Salat, das muss jetzt eingestell­t werden“, echauffier­te sich der Hausherr.

30 Jahre Grünen-Fraktion sind gespickt mit solchen Anekdoten, denn die Lust an der Provokatio­n erhielten sich die Abgeordnet­en: Zum Jubiläum „25 Jahre SPD in NRW“bekamen die Sozialdemo­kraten beispielsw­eise ein Paar rote Filzpantof­feln geschenkt – als Symbol für die verfilzte Politik. Allerdings wurden die Grünen selbst schnell Teil des Systems: Nach fünf Jahren in der Opposition machten die Newcomer Landesvate­r Johannes Rau die absolute

SPD-Mehrheit streitig. Die Aufregung über die Regierungs­beteiligun­g muss übrigens so groß gewesen sein, dass die Grünen den Koalitions­vertrag nach der Unterschri­ft liegen ließen. Der spätere Fraktionsc­hef Reiner Priggen drehte noch mal um und nahm ihn mit nach Hause.

Seitdem haben sich die Grünen mit sechs Regierungs­beteiligun­gen profession­alisiert. Die Guerilla-Events sind seltener. Und auch wenn sie wieder auf der Opposition­sbank sitzen, können sie die 30 feiern – womöglich mit einigen weißen Petunien.

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