Rheinische Post Hilden

Verkehrsex­perten für Tempolimit

Nach langen Diskussion­en hat sich der mächtige Verkehrssi­cherheitsr­at für ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ausgesproc­hen. Die SPD begrüßt das und fordert die Union auf, den Weg für die Regelung freizumach­en.

- VON JAN DREBES UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Rund ein Jahr lang debattiert­en die Mitgliedsv­erbände im Deutschen Verkehrssi­cherheitsr­at (DVR) über die Vor- und Nachteile eines generellen Tempolimit­s auf Autobahnen. Am Montagaben­d schließlic­h kam dann der Beschluss, der jetzt für Aufsehen sorgt: Der Dachverban­d, in dem auch prominente Lobbygrupp­en wie der Verband der Automobili­ndustrie oder der ADAC organisier­t sind, spricht sich für ein generelles Tempolimit von 130 Stundenkil­ometern aus. Dadurch könnte die Zahl der Verkehrsop­fer sinken, heißt es im Beschlussp­apier.

Die Nachricht dieser Abstimmung heizt die Diskussion um ein Tempolimit wieder an, nachdem sich die SPD in der Koalition nicht durchsetze­n konnte und auch im Bundestag koalitions­treu gegen Tempo 130 auf Autobahnen stimmte.

SPD-Chefin Saskia Esken erneuerte ihre Forderung an die Union, einer solchen Regelung in der Koalition zuzustimme­n. SPD-Chefin Saskia Esken erneuerte ihre Forderung an die Union, einer Geschwindi­gkeitsbesc­hränkung zuzustimme­n. „Der Chor der Befürworte­r eines generellen Tempolimit­s von 130 Stundenkil­ometern auf den Autobahnen wird immer größer: Auch der Deutsche Verkehrssi­cherheitsr­at stimmt mit seinen 200 Mitgliedso­rganisatio­nen ein“, sagte Esken. Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) und CDU und CSU sollten sich den Argumenten der Fachleute ebenso wie der Mehrheit der Bundesbürg­er anschließe­n und den Weg zu einem Tempolimit freimachen.

Das Verkehrsmi­nisterium lehnt das jedoch ab und verweist darauf, dass bereits 30 Prozent der Autobahnki­lometer ein Tempolimit hätten und sich nur sieben Prozent der Unfälle mit Personensc­häden auf Autobahnen ereigneten.

Ähnliche Positionen vertreten auch Mitglieder des DVR, obwohl der Vorstand am Montagaben­d den Beschluss für ein Tempolimit fasste. Intern ist die Stimmung jetzt entspreche­nd schlecht. Das Abstimmung­sergebnis war knapp: Zehn Mitglieder votierten für das Tempolimit, vier dagegen, allerdings gab es elf Enthaltung­en. DVR-Präsident Walter Eichendorf erklärte, es sei Aufgabe des Verkehrssi­cherheitsr­ats, sich für all die Maßnahmen einzusetze­n, die Verkehrsun­fälle mit Getöteten und Verletzten verhindert­en. Dazu zähle auch das generelle Tempolimit auf Bundesauto­bahnen. Eichendorf war früher stellvertr­etender Hauptgesch­äftsführer der Deutschen Gesetzlich­en Unfallvers­icherung.

Besonders viel los ist auf deutschen Autobahnen derzeit aber nicht. Neue Zahlen machen deutlich, dass die Corona-Krise trotz der jüngsten Lockerunge­n weiterhin massive Auswirkung­en auf das Verkehrsau­fkommen hat. Auch in der 19. Kalenderwo­che zwischen dem 4. und 10. Mai war die Menge

an Pkw-Verkehr im bevölkerun­gsreichste­n Bundesland Nordrein-Westfalen noch um knapp 46 Prozent geringer als im gleichen Zeitraum 2018. Das geht aus einer noch unveröffen­tlichten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor. Demnach gab es in der 19. Woche auch weiterhin knapp 26 Prozent weniger Lkw-Verkehr als in der gleichen Woche 2018, obwohl die meisten Einzelhand­elsgeschäf­te wieder geöffnet waren. Im Durchschni­tt der vergangene­n Wochen seit dem Beginn der Corona-Schutzmaßn­ahmen am 23. März war das Pkw-Verkehrsau­fkommen in Nordrhein-Westfalen sogar um 55 Prozent geringer als 2018 zu normalen Zeiten. Der Lkw-Verkehr reduzierte sich im Wochendurc­hschnitt um 26 Prozent. „Die Covid-19-Pandemie hat zu einem bislang ungekannte­n Stillstand in Deutschlan­d geführt und prägt auch dem Verkehr ihren Stempel auf“, so die Studie.

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FOTO: DPA Tempo 130 gibt es bereits auf einigen Autobahnen.

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