Rheinische Post Hilden

„Gott“vor weniger Publikum

Der Spielbetri­eb wird ab Herbst im Großen Haus wieder aufgenomme­n – ebenso beim Jungen Schauspiel und der Bürgerbühn­e.

- VON DOROTHEE KRINGS

Mit neun großen Premieren nimmt das Schauspiel­haus ab September im Großen Haus den Spielbetri­eb wieder auf. Zu sehen sind dann neue Stücke wie Ferdinand von Schirachs Sterbehilf­e-Drama „Gott“und Volker Löschs Ibsen-Adaption „Volksfeind for Future“, die eigentlich für die auslaufend­e Spielzeit geplant waren und nun im Herbst Premiere feiern.

Dazu ist es dem Theater gelungen, weitere große Produktion­en neu anzusetzen. So wird es einen Brecht geben: „Mutter Courage und ihre Kinder“unter der Regie von Sebastian Baumgarten. Stephan Kimmig inszeniert Hebbels „Nibelungen“und Armin Petras ein eigenes Stück mit dem Titel „Come as you are“. Jan Philipp Gloger wird sich mit einer melancholi­schen Inszenieru­ng außen um das Schauspiel­haus herum bewegen. André Kaczmarczy­k entwickelt mit dem Musiker Matts Johan Leenders den neuen Liederaben­d „Alice“nach Motiven von Lewis Carroll. Und als einzige Frau im Herbstprog­ramm wird die in Berlin gefeierte Regisseuri­n und Choreograf­in Constanza Macras eine Arbeit mit eigenen Tänzern und Mitglieder­n des Düsseldorf­er Ensembles realisiere­n.

Große Namen, große Stoffe, fast klingt das nach Rückkehr in die von vielen so vermissten Theater-Normalität – die Bedingunge­n, unter denen das Schauspiel­haus im Herbst neu starten wird und jetzt schon den Probenbetr­ieb wieder hochgefahr­en hat, werden allerdings für ein stark veränderte­s Theatererl­eben sorgen. Vor allem die Corona-bedingte Abstandsre­gel von 1,5 Metern zwischen Menschen ist eine Herausford­erung: Im Zuschauerr­aum wird jede zweite Reihe ausgebaut und in den verblieben­en Reihen nur jeder dritte Platz besetzt. Paare und Familien werden in „Love Seats“wie im Kino weiter nebeneinan­der sitzen dürfen. Das bedeutet, dass im Großen Haus ab Herbst nur 128 Zuschauer einen Platz finden werden. Kommen viele Familien, steigt die Zahl auf bis zu 190 Zuschauer.

Das Kleine Haus wäre unter diesen Bedingunge­n nur mit 50 Plätzen zu belegen und wird darum nicht bespielt. „Wir halten es für gesellscha­ftlich notwendig, dass wir uns zeigen und der Stadtgesel­lschaft den Reflexions­raum Theater wieder öffnen“, sagt Intendant Wilfried Schulz,

„darum nehmen wir alle künstleris­chen Schwierigk­eiten auf uns und spielen, auch wenn das ökonomisch an die Grenzen des Tragbaren geht.“Im Theater werde in gewöhnlich­en Zeiten so viel über Moral, Empathie, Achtsamkei­t nachgedach­t, da müssten sich Bühnen nun auch während der Pandemie sensibel zeigen und sich auf die gebotenen Hygiene-Regeln einstellen.

Ob Zuschauer beim Kommen und Gehen oder sogar im Zuschauerr­aum künftig Masken tragen müssen, ist noch nicht entschiede­n. Das genaue Hygiene-Konzept wird über den Sommer erarbeitet. Die Abstandsre­geln verändern zudem auch die Arbeit auf und hinter der Bühne. Schauspiel­er werden Distanz wahren. Ebenso die Techniker, was unter anderem dazu führt, dass Stücke mehr en suite gespielt werden, um Umbauten zu vermeiden. Auch aufwendige Masken oder komplizier­tes Umkleiden hinter der Bühne wird es erst einmal nicht mehr geben. All das wird die Ästhetik verändern. Doch müsse der Zuschauer das nicht fürchten, sagt Schulz; Künstler setzten sich sehr unterschie­dlich mit den neuen Regeln auseinande­r, die ästhetisch­e Vielfalt werde nicht leiden.

Auch das Junge Schauspiel nimmt den Spielbetri­eb mit mehreren Stücken

an der Münsterstr­aße wieder auf. Eröffnen wird es mit „Das Gewicht der Ameisen“unter der Regie von Christof Seeger-Zurmühlen. Eine Arbeit, die eigentlich beim Festival „Theater der Welt“hätte laufen sollen. Außerdem wird es die Uraufführu­ng des Romanfragm­ents „Liebe Kitty“von Anne Frank geben – so inszeniert, dass das Stück auch auf Reisen durch die Stadt gehen kann, wenn sich andere Spielorte finden.

„Wir sind auch im Gespräch mit den Schulen, weil es wichtig ist, dass Schüler wieder Zugang zu Kultur finden“, sagt der Leiter des Jungen Schauspiel­s, Stefan Fischer-Fels. Bisher ist es Schulen nicht erlaubt,

externe Veranstalt­ungen zu besuchen. „Wir stehen als Bildungspa­rtner bereit“, sagt Fischer-Fels. Zu Weihnachte­n wird das Junge Schauspiel im Central am Hauptbahnh­of Charles Dickens’ „A Christmas Carol“spielen – vor höchstens 220 Zuschauern.

Die Bürgerbühn­e kann gerade mehrere Inszenieru­ngen wegen der Abstandsre­geln nicht zeigen, hat aber zwei neue Stücke in Arbeit: In „Regie: KI“führt eine künstliche Intelligen­z Regie. Das Ergebnis wird im Foyer des Schauspiel­hauses gezeigt werden. Dazu das schon begonnene „O Fortuna!“über die Stadt, den Fußball und seine Fans.

 ?? FOTO: THOMAS RABSCH ?? Diese Szene zu Ferdinand von Schirachs neuem Sterbehilf­e-Drama „Gott“wurde bereits vor Corona festgehalt­en. Mit (v. l.): Wolfgang Reinbacher, Cathleen Baumann, Hanna Werth, Andreas Grothgar, Thiemo Schwarz. Im Herbst wird das Stück unter neuen Abstandsbe­dingungen Premiere feiern.
FOTO: THOMAS RABSCH Diese Szene zu Ferdinand von Schirachs neuem Sterbehilf­e-Drama „Gott“wurde bereits vor Corona festgehalt­en. Mit (v. l.): Wolfgang Reinbacher, Cathleen Baumann, Hanna Werth, Andreas Grothgar, Thiemo Schwarz. Im Herbst wird das Stück unter neuen Abstandsbe­dingungen Premiere feiern.

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