Rheinische Post Hilden

Verrückte Logik der Fleischind­ustrie

Höhere Preise für Fleisch helfen den Arbeitnehm­ern in den Schlachthö­fen kaum, strengere Vorschrift­en schon.

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Die Fleischwir­tschaft ist in Deutschlan­d eine bedeutende Branche. Sie zählt rund 200.000 Beschäftig­te, viele davon stammen aus Osteuropa. Zu Recht prangern viele die unhaltbare­n Zustände in den Schlachthö­fen an, die ökonomisch­e Logik dahinter wird aber oft ausgeblend­et.

Verglichen mit ihren deutschen Kollegen werden die osteuropäi­schen Arbeitnehm­er hierzuland­e ausgebeute­t. Oft erhalten sie nicht den deutschen Mindestloh­n von 9,35 Euro pro Stunde. Allerdings ist das für viele Rumänen und Bulgaren, die häufig in der deutschen Fleisch-Industrie arbeiten, gar nicht der Vergleichs­wert. In diesen Ländern beträgt der Durchschni­ttslohn rund drei Euro. Wer also in einer deutschen Fleischfab­rik für fünf Euro pro Stunde arbeitet, stellt sich besser als viele Landsleute.

Das ist kein Plädoyer dafür, Osteuropäe­r zu Dumpinglöh­nen hier einzustell­en und das über verschacht­elte Werkverträ­ge zu kaschieren. Es zeigt aber den gewaltigen ökonomisch­en Druck, so zu verfahren. Denn hierzuland­e verdienen die Fleischpro­duzenten daran, die Konsumente­n freuen sich über den günstigen Schweinebr­aten, und die Arbeitnehm­er in Rumänien und Bulgarien können ihre kargen Löhne aufbessern.

Deshalb bringen höhere Fleischpre­ise nicht allzu viel. Auch das Verbot der Werkverträ­ge beruhigt hauptsächl­ich das heimische Gewissen. Besser wäre es gewesen, noch stärker auf scharfe Hygiene-Standards zu dringen und die auch zu kontrollie­ren. Auch Arbeitsbed­ingungen und Unterkünft­e müssen deutschen Vorgaben entspreche­n, wenn hierzuland­e produziert wird. Das wurde in der Vergangenh­eit oft vernachläs­sigt. Mit Eingriffen in die Lohnfindun­g macht man vor allem viele Osteuropäe­r arbeitslos, die Profite der Fleischver­arbeiter dürften jedoch genauso hoch bleiben.

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