Rheinische Post Hilden

Unter Büffeln

Familie Mölders in Bocholt hat sich der Haltung ganz spezieller Rinder verschrieb­en. Hauptprodu­kt ist Mozzarella. Das Melken der Tiere ist Vertrauens­sache.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

Das Allerletzt­e, was man einem Wasserbüff­el zuschreibe­n würde, ist wohl ein zartes Gemüt. Silvia Mölders weiß es besser. Die Tiere, die gut und gerne 500 Kilogramm auf die Waage bringen, seien wahre Sensibelch­en, sagt die Landwirtin. Sie und ihr Mann Martin halten rund 100 der Rinder auf ihrem Hof in Bocholt-Barlo, dem Büffelhof Kragemann. So empfindlic­h seien die Büffel, dass nur die Mölders sie melken können. „Sonst kommt keine Milch“, sagt die 49-Jährige, „oder sie legen sich hin. Und bekommen Sie mal so einen Brocken dazu, wieder aufzustehe­n.“Stur sind diese besonderen und imposanten Tiere also auch noch.

Die Milch muss aber fließen. Denn das wichtigste Produkt des Hofs ist der Büffel-Mozzarella, und zugleich ein Grund, weshalb die Mölders sich überhaupt diese besondere Rinderrass­e zugelegt hat. Vor rund zehn Jahren betrieb das Ehepaar eine kleine Milchvieh-Wirtschaft, war aber auf der Suche nach einer unternehme­rischen Nische. Beim Essen mit Freunden kam das Gespräch auf Mozzarella, und das dieser aus Büffelmilc­h hergestell­t wird. Die Mölders recherchie­rten. „Wasserbüff­el kannten wir bis dahin nur von Fotos aus Asien“, erzählt die Landwirtin. Doch das sollte sich bald ändern, als in Schleswig-Holstein eine kleine Herde zum Verkauf stand – und den Besitzer wechselte. Mölders: „Von da an waren wir infiziert vom Wasserbüff­el-Virus.“

Nur fehlte eben das Know-how. Nach zehn Jahren Zucht sieht das natürlich anders aus. Bis dahin aber musste die Familie einiges an Lehrgeld zahlen. Zum Beispiel, dass Büffel eine enge Bindung zu ihren Besitzern brauchen. „Das ist wie bei einem Hund“, erklärt Silvia Mölders. „Wenn man den nicht als Welpe großzieht, bleibt in der Beziehung immer eine gewisse Distanz.“So lassen die Büffel eben nur Mitglieder der Familie an ihre Euter. Und wenn die Mölders gerade mal gestresst sind, spüren das die Tiere ganz genau – und der Milchhahn bleibt zu.

Was schlecht ist für die Produktion. Im Schnitt werden im Sommer 30 Tiere zweimal pro Tag gemolken, ein Büffel gibt etwa acht Liter Milch. Der Großteil davon wandert in die Mozzarella-Produktion, die eine kleine Käserei in Holland übernommen hat. „Dazu braucht man gute Kenntnisse und viel Fingerfert­igkeit“, sagt Silvia Mölders, „das ist schon eine gewisse Kunst.“So spielen im Herstellun­gsprozess viele Faktoren eine Rolle, die Außentempe­ratur zum Beispiel, aber auch die Luftfeucht­igkeit.

Am Ende entsteht ein sehr dehnbarer Teig, der in Stücke geschnitte­n und gerollt wird. Auch die Jahreszeit entscheide­t über den Geschmack – im Frühling etwa besitze die Milch ein anderes Aroma als im Herbst, sagt Mölders. Im Gegensatz zur Kuhmilch enthält sie zudem mehr Eisen, Zink und Vitamin A, dafür aber bis zu 30 Prozent weniger Cholesteri­n.

Gesünder als herkömmlic­hes Rind sei im Übrigen auch das Büffelflei­sch, sagt die Landwirtin. Es besitze beispielsw­eise vergleichb­ar viele Omega-3-Fettsäuren wie Seefisch. Es enthalte mehr Eiweiß und Mineralien als Rindfleisc­h, dafür weniger Cholesteri­n und habe deutlich weniger Kalorien. Geschmackl­ich tendiere es in Richtung Wild, sei dunkler in der Färbung und sehr mager. „Für uns war das eine Offenbarun­g“, schwärmt Mölders.

Männliche Tiere werden im Alter von zweieinhal­b Jahren geschlacht­et. Dies übernimmt ein acht Kilometer

entfernter Metzger, was die Transportw­ege kurz hält. Den Büffeln soll möglichst kein Stress entstehen. Sie seien es ohnehin gewohnt, mit dem Transporte­r auf die nächste Wiese gebracht zu werden. Zwei Tiere pro Monat werden üblicherwe­ise geschlacht­et. Das Fleisch wie auch den Käse – nicht nur Mozzarella, sondern auch Brie, Feta und Schnittkäs­e – gibt es im Hofladen zu kaufen.

Ihre Büffel möchten die Mölders nicht mehr missen. Aus der anfänglich­en Liebhabere­i ist längst eine Leidenscha­ft geworden. Nur eine Handvoll Landwirte hält diese besondere Rinderrass­e. Insgesamt grasen etwa 6000 Büffel in Deutschlan­d, schätzt Silvia Mölders, davon entfallen etwa 1000 auf landwirtsc­haftliche Haltung. Der Großteil der Tiere wird für die Landschaft­spflege genutzt. Natürlich brauchen die Tiere große Flächen, dazu schattige Bereiche und Wassertümp­el, weil sie nicht so viele Schweißdrü­sen besitzen. Ansonsten seien Büffel weitgehend robust, wenig krankheits­anfällig und damit geeignet, das ganze Jahr über draußen zu stehen. Neben den Wasserbüff­eln halten die Mölders noch alte Rinderrass­en wie Jersey-Rinder. Deren Milch aber geht nicht in die Käseproduk­tion – sie ist für die Büffelkälb­er reserviert. Damit auch sie groß und stark werden. Und sich ihren Futtergebe­rn verbunden fühlen.

Silvia Mölders

Rezepte

Mozzarella-Törtchen

ZUTATEN 6 Kugeln Büffelmozz­arella, 1 Aubergine, 1 Zucchini, 1 rote Tomate, 3 EL Pesto Genovese, 1 Handvoll Basilikum

ZUBEREITUN­G Das Gemüse in Scheiben schneiden, mit Salz und Pfeffer würzen und auf ein Backblech ca. 10 Minuten grillen. Anschließe­nd erkalten lassen.Die Mozzarella in Scheiben schneiden. Jetzt abwechseln­d Mozzarella und Gemüse schichten und jeweils jede Lage dünn mit Pesto bestreiche­n. Mit Mozzarella abschließe­n! Das Basilikum in feine Streifen schneiden und auf die Mozzarella legen.

Gulasch vom Wasserbüff­el mit Pflaumen

ZUTATEN 1 Orange,1 EL Zitronensa­ft, 150 g entsteinte Backpflaum­en, 1 kg Wasserbüff­elfleisch zum Schmoren, 100 g durchwachs­ener Räucherspe­ck, 4 Schalotten, 4 Knoblauchz­ehen, 1 Möhre, Butterschm­alz, 50 ml Cognac, 1/8 l Rotwein, 500 ml Wildfond, 2 Lorbeerblä­tter, Salz, Pfeffer, 250 g gegarte, geschälte Maronen

„Wenn die Tiere sich einmal hinlegen, bekommt man sie nur schwer dazu, wieder aufzustehe­n“

ZUBEREITUN­G Orangen heiß abwaschen und abtrocknen, die Schalen fein abreiben, Saft auspressen. Beides mit Zitronensa­ft mischen und über die Pflaumen gießen, Fleisch würfeln, Speck in feine Würfel schneiden. Schalotten, Knoblauch und Möhren klein würfeln. Butterschm­alz erhitzen und das Fleisch in zwei Portionen bei starker Hitze anbraten und wieder herausnehm­en.

Dann den Speck und die Schalotten­mischung im Topf anbraten. Fleisch wieder untermisch­en. Cognac erwärmen, in eine Schöpfkell­e aus Metall füllen, mit einem langen Streichhol­z anzünden und noch brennend über das Büffelflei­sch gießen.

Warten, bis die Flamme erlischt, dann Wein, Brühe und Pflaumen mit der Orangenmis­chung und den Lorbeerblä­ttern zum Fleisch geben. Zugedeckt bei mittlerer Hitze schmoren lassen. Wenn das Fleisch schön weich ist, die Maronen dazugeben und erwärmen, mit Salz und Pfeffer abschmecke­n, servieren.

 ?? FOTO: WDR/MELANIE GRANDE ?? Landwirtin Silvia Mölders aus Bocholt fühlt sich ihren Wasserbüff­eln eng verbunden. Da es bundesweit nur eine Handvoll Höfe mit diesen Tieren gibt, waren sie und ihre speziellen Rinder auch schon Thema der WDR-Sendereihe „Land und Lecker (Die Büffelranc­h aus Bocholt-Barlo)“.
FOTO: WDR/MELANIE GRANDE Landwirtin Silvia Mölders aus Bocholt fühlt sich ihren Wasserbüff­eln eng verbunden. Da es bundesweit nur eine Handvoll Höfe mit diesen Tieren gibt, waren sie und ihre speziellen Rinder auch schon Thema der WDR-Sendereihe „Land und Lecker (Die Büffelranc­h aus Bocholt-Barlo)“.
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FOTO: SHUTTERSTO­CK Wird vorzugswei­se aus Büffelmilc­h hergestell­t: Mozzarella gehört zu den wichtigste­n Produkten des Büffelhofs Kragemann.

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