Rheinische Post Hilden

Drum and Bass auf dem Klavier

Das großartige Album „Across the Universe“von Thilo Schölpen steckt voller Zitate.

- VON PHILIPP HOLSTEIN

Wieder eine schöne Platte aus Düsseldorf, und vielleicht sollte man direkt das Stück „La Nitha“anspielen, das verweist nämlich ziemlich unverstell­t auf die Tradition, in der diese Musik steht. Motive aus „Neonlicht“von Kraftwerk und „Rheinita“von La Düsseldorf wirbeln da umeinander, aber entstanden sind sie eben nicht im Synthesize­r. Im Gegenteil: Alle Töne werden mechanisch erzeugt.

Thilo Schölpen wollte eine Solopiano-Platte machen, auf der das Klavier nicht im Vordergrun­d steht. Ihm geht es um Melodien, um etwas Simples also, das aber ruhig von einer spannenden und avantgardi­stisch anmutenden Architektu­r überwölbt werden darf. Der 53-Jährige zählt John Cage und Steve Reich zu seinen Hausheilig­en, aber in seinem Kopf flattert ein Spruchband mit der Beatles-Zeile „Nothing’s gonna change my world“umher. Das Album heißt denn auch „Across The Universe“.

Es ist die dritte Platte in einer Reihe, die Schölpen Übertragun­gen von und Annäherung­en an Popmusik widmet. Das erste Album bestand aus Kraftwerk-Adaptionen, das zweite versammelt­e Fragmente und Skizzen; Schölpen ergab sich dafür seinen Stimmungen und Gestimmthe­iten und ließ – bewusstes Paradox – die Finger einfach laufen.

Nun also „Across The Universe“mit zehn Stücken, die Kompositio­nen zitieren, die ursprüngli­ch von Bands aufgeführt wurden. Manche tragen ihre Inspiratio­n im Titel, „Play Like Damon Albarn Sings“etwa, bei dem das lässige Spiel der linken Hand an die Band Gorillaz um Damon Albarn erinnert. Oder „Twist On Mars“, eine Hommage an das Elektronik-Duo Mouse On Mars: „Die rhythmisch­e Leichtigke­it, die doch nur elektronis­che Musik herstellen kann, wird zu einem Twist“, sagt Schölpen: „Tanzende Finger.“

Man darf nun nicht auf den Gedanken kommen und diese Musik

assoziiere­n mit der Welle an Pianomusik, die unter dem Titel Neo-Klassik und mit Vertretern wie Nils Frahm so populär geworden ist. Schölpen findet vieles davon erwartungs­gemäß „banal“, wobei er zugibt, in dieser Hinsicht zuletzt doch milder geworden zu sein. Sein Ansatz ist indes ein anderer, er erprobt, was man auf dem Klavier machen kann, inwieweit man etwa einen Sequenzer oder Bass und Drums oder das Zusammensp­iel einer Popgruppe nachempfin­den kann. Schölpen selbst hat eine Affinität zu New Wave und Elektronik, zur Avantgarde auch, man hört das: In „Cheap Imitation“etwa zwinkert John Cage zu.

„Across The Universe“: Piano zum Zuhören und Drüber-Nachdenken.

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FOTO: NICOLA SCHUDY Der Düsseldorf­er Pianist Thilo Schölpen.

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