Rheinische Post Hilden

Gartenproj­ekt statt Praktikum

Ein Hochbeet und eine Wiese für Blumen und Bienen: Angelina und Mira (beide 14) haben zwei Projekte im eigenen Garten gestemmt und vom Besorgen der Materialie­n über die Gartenarbe­it bis zum Schreiben einer Arbeit alles eigenständ­ig erledigt.

- VON SARAH DIETEL

HAAN Eigentlich wäre Mira (14) jetzt in Irland. Und auch ihre Schwester Angelina (14) würde normalerwe­ise nicht zu Hause wohnen, sondern im Allgäu. Auf zwei Höfen, die sie im vergangene­n Jahr bei Projektprä­sentatione­n kennenlern­ten, hätten die beiden Neuntkläss­lerinnen der Waldorfsch­ule Haan-Gruiten ihre landwirtsc­haftlichen Praktika absolviert. Aufgrund der Corona-Situation mussten diese abgesagt werden – für die beiden Mädchen eine große Enttäuschu­ng. Aber: Sie machten aus der Sache das Beste und haben wunderbare eigene Projekte im heimischen Garten auf die Beine gestellt. Mira hat ein Hochbeet mit Kräutern, Obst und Gemüse angelegt, Angelina einen alten Bachlauf freigelegt, Blumen gepflanzt und eine Bienenwies­e geplant.

Da, wo heute ein herrlicher Garten zu sehen ist, gab es bis vor einigen Wochen nur Wildwuchs. Und nicht nur das: Auch Bauschutt und jede Menge Müll hatten die vorherigen Mieter des Hauses an der Bergstraße in Wülfrath, die dort als Mietnomade­n lebten, im Garten hinterlass­en. „Wir haben hier eine unglaublic­he Menge an Müll und Grünschnit­t rausgekarr­t“, erklärt Sascha Wittenhaus. Zusammen mit seiner Lebensgefä­hrtin Annemarie Costan haben die beiden für ihre große Patchworkf­amilie in dem gemütliche­n Haus mit dem großen Garten das perfekte Zuhause gefunden.

Eine gemütliche Lounge und viel Platz zum Spielen und Toben mit der Familienka­tze bestimmen jetzt das Bild des schönen Gartens – und natürlich die beiden Projekte von Angelina und Mira. Die beiden Mädchen haben sich umfassend informiert, jede Menge Arbeitskra­ft in ihr Projekt gesteckt und sogar bereits 15- bis 20-seitige wissenscha­ftliche Arbeiten über ihre Projekte geschriebe­n. „Ich finde es großartig, wie sie die Projekte mit all ihren Facetten ganz allein gestemmt haben“, sagt Sascha Wittenhaus. Unkrautnet­ze und Hunderte Liter Erde in das Hochbeet füllen, mit Schaufel und Schubkarre Schutt beseitigen, sich erkundigen, welche Pflanzen wie viel Sonne vertragen und wie sie anzuordnen sind, Samen und Setzlinge besorgen, Blumen pflanzen, einen Weg aus Steinen anlegen und sich auch jetzt noch täglich um ihre Projekte kümmern, indem zum Beispiel gegossen wird, all das machen Angelina und Mira voller Inbrunst.

Die Materialie­n haben die beiden über soziale Netzwerke akquiriert, sich erkundigt, wer etwas abzugeben hat und auch selbst schon beispielsw­eise Paletten weitergege­ben. „Unser Nachbar hat auch ein Hochbeet angelegt, weil er unsere Idee so gut fand.“Über Instagram halten die beiden Mädchen ihre Freunde über das Projekt auf dem Laufenden. Und um andere zu inspiriere­n, kam Angelina auch auf die Idee, die Zeitung zu informiere­n. „Man kann mit wenig Aufwand und wenig Geld etwas so Schönes erschaffen“, sagt sie.

Nachhaltig zu leben, ist für die Familie sehr wichtig. Ebenso, füreinande­r da zu sein, sich für das, was der andere macht, zu zu interessie­ren. Entweder Annemarie oder Sascha sind immer Zuhause, „zum Glück erlauben unser Studium und unser Job diese Flexibilit­ät“, erzählt Annemarie Conan, die soziale Arbeit studiert und als Erzieherin arbeitet. Gekocht wird gemeinsam, von klein auf helfen die Kinder dabei mit, sind sehr selbständi­g und mit Feuereifer dabei, wenn sie selbst etwas im Garten anbauen oder werkeln. „Ich glaube, wenn man uns im Wald aussetzen würde, kämen wir gut klar“, sagt Mira mit einem Schmunzeln. Denn mit Bäumen und Pflanzen, aber auch Werkzeugen kennen sie, Angelina und ihre Geschwiste­r (12 und 15 Jahre alt) sich bestens aus. Annemarie Costan: „Diese Betätigung draußen ist gut für den Geist und für die Seele. Gerade, wenn andere Sport-Angebote im Moment fehlen.“

Im Sommer wollte die Familie zum ersten Mal in den Urlaub fahren, es sollte in die Türkei gehen. Aber auch aus dieser Situation macht die Familie wieder das Beste: „Wir werden einen Pool aufbauen. Das wird ein richtig schöner Sommerurla­ub im Garten!“

 ??  ?? Zwei Wochen Projektarb­eit im heimischen Garten in Wülfrath: Mira und Angelina aus der Waldorf-Schule in Gruiten.
Zwei Wochen Projektarb­eit im heimischen Garten in Wülfrath: Mira und Angelina aus der Waldorf-Schule in Gruiten.

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