Rheinische Post Hilden

„Wir müssen über eine Senkung der Mehrwertst­euer sprechen“

Der Chef der Jungen Union plädiert für Steuererle­ichterunge­n und eine Innovation­sprämie für Autos, um durch Kaufanreiz­e die Wirtschaft anzukurbel­n.

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Herr Kuban, Deutschlan­d verschulde­t sich gerade in gigantisch­em Ausmaß, um die Corona-Krise zu bewältigen. Ist Ihnen für die Zukunft Ihrer Generation nicht etwas bange?

KUBAN In Deutschlan­d profitiere­n wir jetzt vom langen Festhalten der Union an der schwarzen Null mit dem Verzicht auf eine Neuverschu­ldung. Italien zum Beispiel ist völlig überschuld­et und hat schwere Liquidität­sprobleme. Wir müssen in Europa gemeinsam den Motor wieder anschmeiße­n, weil auch Deutschlan­d als Exportnati­on von der Stabilität und Kaufkraft der EU-Partner abhängig ist.

Soll Deutschlan­d also mehr zahlen für den Wiederaufb­aufonds der Europäisch­en Union, weil es mehr Geld hat?

KUBAN Zwei Drittel der deutschen Exporte gehen ins europäisch­e Ausland. Gehen EU-Staaten in die Knie, wirkt sich das auf unsere Ausbildung­sund Arbeitsplä­tze, also unsere Zukunft aus. Besonders meine Generation ist europäisch aufgewachs­en, dazu gehört auch Solidaritä­t. Wir müssen mehr schultern, weil wir davon profitiere­n werden. Aber dafür muss die junge Generation in Europa Hoffnung und Perspektiv­e erhalten. Die Länder dürfen keinen Blankosche­ck bekommen.

Das ist ja auch nicht geplant. KUBAN Wir müssen darauf achten, dass da kein reiner Rettungsfo­nds entsteht, mit dem Besitzstan­dswahrung oder Rentenzahl­ungen vollzogen werden. Wir brauchen für die junge Generation ein Perspektiv-Paket. Wer jetzt alte Zöpfe abschneide­t und neue Geschäftsm­odelle beginnt wie für klimafreun­dliche Mobilität, Digitales, Bildung oder Forschung, der bekommt Zuschüsse. Das Paket muss wie gesagt Hoffnung und Perspektiv­e geben.

Sind Sie für eine Autokaufpr­ämie? KUBAN Ich bin für eine Innovation­sprämie etwa für Klimafreun­dlichkeit.

Wir müssen den Konsum stärken. Dabei ist die Autoindust­rie mit ihren 800.000 Arbeitsplä­tzen ein wesentlich­er Wirtschaft­sfaktor in Deutschlan­d – nicht der einzige, aber ein wichtiger. Wir müssen noch stärker über Forschungs- und Entwicklun­gsförderun­g

und Abschreibu­ngsmöglich­keiten für Investitio­nen in Digitales sprechen. Wir haben viel Digitalisi­erung von Prozessen in der Krise erlebt. Jetzt müssen diese digitalen Elemente in die Zeit nach Corona übertragen werden. Auch Steuererle­ichterunge­n werden Thema werden.

Welche Steuern sollten sinken? KUBAN Wir müssen über Unternehme­nssteuern sprechen, aber ich könnte mir auch eine zeitlich befristete Senkung der Mehrwertst­euer als Anreiz vorstellen. Zeitpunkt und Umfang müssten wir an den bestmöglic­hen Impulsen ausrichten. Denn der Motor muss wieder ins Laufen kommen.

Sehen Sie Gefahren für die Unionspart­eien, wenn den Bürgern 2021 bewusst wird, dass Angela Merkel abtritt?

KUBAN Nein. Neben der Bundeskanz­lerin machen beispielsw­eise auch Gesundheit­sminister Jens Spahn oder die Ministerpr­äsidenten der Union einen sehr guten Job. Das wieder gewachsene Vertrauen der Bürger in die Union geht daher nicht allein auf die Kanzlerin zurück, sondern auf die Union insgesamt.

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FOTO: DPA Tilman Kuban (33) ist seit 2019 Vorsitzend­er der Jungen Union.

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