Corona-Maßnahmen wirken gegen Grippe
Dank der Hygieneregeln sind Erkältungen quasi verschwunden – und die Grippewelle war so kurz wie seit fünf Jahren nicht mehr. Es werden deutlich weniger Medikamente verkauft.
DÜSSELDORF Hände waschen gehört zu den effektivsten Mitteln, um Krankheiten zu vermeiden. Apotheker und Ärzte weisen darauf jedes Jahr in der Grippesaison hin. Durch die Corona-Krise halten sich allerdings vielleicht erstmals sehr viele daran. „Dadurch haben wir nicht nur Corona eingedämmt, sondern wir sehen in den
Apotheken auch, dass Erkältungen zur absoluten Seltenheit geworden sind”, sagt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein. Sichtbar werde das gleich an mehreren Stellen. „Hersteller sagen uns, dass sie bis zu 60 Prozent weniger Erkältungsmedikamente verkaufen. Und auch wir Apotheker merken, dass wir im Vergleich zum Vorjahr nur noch einen Bruchteil an Medikamenten verkaufen und weniger Verordnungen vorgelegt werden.” Weniger gefragt sind vor allem Fieber- und Hustensäfte, aber auch Ibuprofen, Paracetamol und Medikamente zur Schleimlösung.
„Das ist ein gutes Indiz für uns alle, dass man mit einfachen Maßnahmen wie Händewaschen, Abstand halten und Atemschutzmasken nicht nur gefährliche Viren in den Griff bekommen kann, sondern auch lästige, aber eher harmlose Viren wie Erkältungsviren, die nur einen Husten oder Schnupfen auslösen.“
Die Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) zur Grippesaison 2019/2020 unterstützen den Eindruck des Apothekerverbandes. Demnach fiel die letzte Grippewelle kürzer aus als die der vergangenen fünf Winter. 13 bis 15 Wochen dauert eine Grippewelle üblicherweise, dieses Mal dauerte sie nur elf Wochen. „Die Verkürzung der Grippewelle in der Saison 2019/20 scheint im Zusammenhang mit den bundesweiten Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie zu stehen“, heißt es in dem Influenza-Bericht. „Seit Ende der Grippewelle mit der 12. Kalenderwoche 2020 gingen sowohl die akuten Atemwegserkrankungen als auch die grippeähnlichen Erkrankungen abrupt zurück auf ein deutlich niedrigeres Niveau, als zu dieser Zeit in den Vorjahren beobachtet wurde.“Der Rückgang dieser Erkrankungen fällt somit auf Mitte März und damit auf den Beginn der strikten Corona-Maßnahmen.
Laut Preis trägt aber noch etwas anderes dazu bei, dass weniger Erkältungen auftreten, nämlich der veränderte Alltag. „Kinder stecken sich oft in der Kita gegenseitig an, gehen dann nach Hause und geben die Erkältung an Eltern und Geschwister weiter. Die sitzen in der Bahn auf dem Weg zur Arbeit und verteilen die Erreger dort“, sagt Preis. In diesem Frühjahr fallen diese Kontaktpunkte jedoch weg, weil die Kitas fast vollständig geschlossen waren und nur wenige die Bahn benutzt haben. „Erst gestern sagte mir ein Kinderarzt, dass er über den gesamten Montag kein Kind mit Erkältungssymptomen gesehen hat.
Das kommt nach einem Wochenende sonst so gut wie nie vor“, sagt Preis. Einräumen müsse man aber einen gewissen Vorzieh-Effekt. Was der Apotheker damit meint ist, dass sich viele vor dem Lockdown noch in der Apotheke mit rezeptfreien Medikamenten eingedeckt haben. „Einige dürften sich also erstmal aus der Hausapotheke versorgen.“