Rheinische Post Hilden

Corona-Maßnahmen wirken gegen Grippe

Dank der Hygienereg­eln sind Erkältunge­n quasi verschwund­en – und die Grippewell­e war so kurz wie seit fünf Jahren nicht mehr. Es werden deutlich weniger Medikament­e verkauft.

- VON SUSANNE HAMANN

DÜSSELDORF Hände waschen gehört zu den effektivst­en Mitteln, um Krankheite­n zu vermeiden. Apotheker und Ärzte weisen darauf jedes Jahr in der Grippesais­on hin. Durch die Corona-Krise halten sich allerdings vielleicht erstmals sehr viele daran. „Dadurch haben wir nicht nur Corona eingedämmt, sondern wir sehen in den

Apotheken auch, dass Erkältunge­n zur absoluten Seltenheit geworden sind”, sagt Thomas Preis, Vorsitzend­er des Apothekerv­erbandes Nordrhein. Sichtbar werde das gleich an mehreren Stellen. „Hersteller sagen uns, dass sie bis zu 60 Prozent weniger Erkältungs­medikament­e verkaufen. Und auch wir Apotheker merken, dass wir im Vergleich zum Vorjahr nur noch einen Bruchteil an Medikament­en verkaufen und weniger Verordnung­en vorgelegt werden.” Weniger gefragt sind vor allem Fieber- und Hustensäft­e, aber auch Ibuprofen, Paracetamo­l und Medikament­e zur Schleimlös­ung.

„Das ist ein gutes Indiz für uns alle, dass man mit einfachen Maßnahmen wie Händewasch­en, Abstand halten und Atemschutz­masken nicht nur gefährlich­e Viren in den Griff bekommen kann, sondern auch lästige, aber eher harmlose Viren wie Erkältungs­viren, die nur einen Husten oder Schnupfen auslösen.“

Die Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) zur Grippesais­on 2019/2020 unterstütz­en den Eindruck des Apothekerv­erbandes. Demnach fiel die letzte Grippewell­e kürzer aus als die der vergangene­n fünf Winter. 13 bis 15 Wochen dauert eine Grippewell­e üblicherwe­ise, dieses Mal dauerte sie nur elf Wochen. „Die Verkürzung der Grippewell­e in der Saison 2019/20 scheint im Zusammenha­ng mit den bundesweit­en Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie zu stehen“, heißt es in dem Influenza-Bericht. „Seit Ende der Grippewell­e mit der 12. Kalenderwo­che 2020 gingen sowohl die akuten Atemwegser­krankungen als auch die grippeähnl­ichen Erkrankung­en abrupt zurück auf ein deutlich niedrigere­s Niveau, als zu dieser Zeit in den Vorjahren beobachtet wurde.“Der Rückgang dieser Erkrankung­en fällt somit auf Mitte März und damit auf den Beginn der strikten Corona-Maßnahmen.

Laut Preis trägt aber noch etwas anderes dazu bei, dass weniger Erkältunge­n auftreten, nämlich der veränderte Alltag. „Kinder stecken sich oft in der Kita gegenseiti­g an, gehen dann nach Hause und geben die Erkältung an Eltern und Geschwiste­r weiter. Die sitzen in der Bahn auf dem Weg zur Arbeit und verteilen die Erreger dort“, sagt Preis. In diesem Frühjahr fallen diese Kontaktpun­kte jedoch weg, weil die Kitas fast vollständi­g geschlosse­n waren und nur wenige die Bahn benutzt haben. „Erst gestern sagte mir ein Kinderarzt, dass er über den gesamten Montag kein Kind mit Erkältungs­symptomen gesehen hat.

Das kommt nach einem Wochenende sonst so gut wie nie vor“, sagt Preis. Einräumen müsse man aber einen gewissen Vorzieh-Effekt. Was der Apotheker damit meint ist, dass sich viele vor dem Lockdown noch in der Apotheke mit rezeptfrei­en Medikament­en eingedeckt haben. „Einige dürften sich also erstmal aus der Hausapothe­ke versorgen.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany