Rheinische Post Hilden

Zwei Monate ohne Doping-Tests

Durch die Corona-Krise sind einheitlic­he Überprüfun­gen ausgefalle­n. Doch die Nada sieht keinen großen Nachteil.

- VON ANDREAS SCHIRMER

BERLIN (dpa) Nada-Chefin Andrea Gotzmann hat den sauberen Athleten nach dem Dopingkont­roll-Stillstand die Angst vor noch schmutzige­ren Olympische­n Spielen in Tokio 2021 als bisher etwas genommen. „Ich würde da nicht so schwarz sehen“, sagte die Vorstandsv­orsitzende der Nationalen Anti-Doping-Agentur am Mittwoch auf ihrer per Video übertragen­den Jahrespres­sekonferen­z. „Es wird sehr schwer werden, aber die Phase bis zu den Olympische­n Spielen

„Ich bin froh, wenn man unser Dopingkont­rollsystem vermisst“

Andrea Gotzmann Vorstandsv­orsitzende der Nada

ist noch sehr lang.“

Dazu müssten nach mehr als zweimonati­ger Test-Pause wegen der Coronaviru­s-Pandemie die Systeme so schnell wie möglich ans Laufen gebracht werden, um Klarheit und Sicherheit zu schaffen. „Mit ein bisschen Fantasie können wir ein Kontrollsy­stem aufbauen, das in so einer schwierige­n Situation wie in der Pandemie auch seinen Namen verdient“, meinte Gotzmann. „Ich bin aber auch froh, wenn man unser Dopingkont­rollsystem vermisst“, befand sie.

Das Dopingkont­rollsystem, was 2015 durch eine Entscheidu­ng der Politik nochmals stärker wurde. In diesem Jahr wurde das Anti-Doping-Gesetz geschaffen. „Damals wurde unsere Position massiv gestärkt. Wir können seitdem auf Augenhöhe mit der Staatsanwa­ltschaft kommunizie­ren und zusammenar­beiten“, sagte Gotzmann im November im Gespräch mit unserer Redaktion. „Das Gesetz hat sehr dabei geholfen, die Qualität unserer Arbeit zu verbessern und Fälle besser bewerten zu können. Das deutsche Anti-Doping-Gesetz gilt zurecht als eines der schärfsten weltweit.“Jetzt hofft sie, dass das System auch während der Pandemie weiterhin greift und Dopingsünd­er aufgespürt werden können.

Der Lockdown und die Folgen der Corona-Krise seien auch für Doper neue Erfahrunge­n. Ohne Wettkämpfe, ohne Wettkampfp­lan und ohne Training während des Lockdowns fehle auch den Betrügern die Motivation. „Einfach zu Hause sitzen und dopen, kein Ziel zu haben und nichts tun zu können, ist nicht der Weg, den wir vom Doping kennen“, sagte Gotzmann.

Schwierige­r wird es sein, die Chancengle­ichheit wie bei der auf einen zeitnahen Termin verlegten Tour de France (29. August bis 20. September) zu gewährleis­ten. „Da wird es Lücken geben“, meinte Gotzmann – aber auch Möglichkei­ten, sie nicht zu groß werden zu lassen. Zum Beispiel durch den biologisch­en Blutpass, Steroidpro­file von Athleten, Einlagerun­g von Proben und eine erhöhte Qualität der Tests. Der Rad-Weltverban­d und die Anti-Doping-Organisati­onen würden alles daran setzen, „das System wieder ans Laufen zu bekommen“.

Seit dem 18. Mai fährt die Nada die Trainingsk­ontrollen wieder in

Stufen hoch. Zunächst wurden die Athleten der Risikospor­tarten wieder getestet. „Wenn es sich so weiterentw­ickelt und die Lage es zulässt, werden wir ab dem 8. Juni wieder den normalen Umfang von

Trainingsk­ontrollen haben und auch die bei Wettkämpfe­n, wo es sie gibt, wieder aufnehmen“, erklärte Gotzmann.

Bei den Geisterspi­elen der Fußball-Bundesliga sind bereits Kontrolleu­re im Einsatz. „Wir werden sehen, wo wir Kontrollen nachholen und intensivie­ren können, wo wir noch mehr Zusatzkont­rollen auf Epo oder das Wachtumsho­rmon machen können.“

Welchen Umfang das Kontrollsy­stem und das Aufspüren von Dopern hat, wenn alles unbeeinträ­chtigt läuft, zeigt der Nada-Jahresberi­cht für 2019. Die Nada entnahm bei 12.910 Kontrollen während des Trainings und bei Wettkämpfe­n 17.498 Proben (2018: 16 299). 82 Verfahren wurden wegen möglicher Verstöße gegen die Anti-Doping-Bestimmung­en eingeleite­t. Dabei wurden 16 Sanktionen – zwei mehr als 2018 – verhängt. Der coronabedi­ngte Test-Stillstand werde sich auf die Statistik für 2020 auswirken. „Die Kontrollen bei Wettkämpfe­n machen 40 Prozent aus, die sind nicht mehr aufzuholen, weil es keine Wettkämpfe gibt und absehbar nicht geben wird“, erklärte Gotzmann.

Einen „positiven Effekt der Corona-Krise“sieht Nada-Justiziar Lars Mortsiefer. Das von Russland angestreng­te Berufungsv­erfahren vor dem Internatio­nalen Sportgeric­htshof gegen den Ausschluss von Olympische­n Spielen und Weltmeiste­rschaften in den nächsten vier Jahren wird nach der Verlegung der Tokio-Spiele auf 2021 wohl nicht mehr für Unruhe sorgen. „Ich glaube schon, dass es der Welt-Anti-Doping-Agentur in die Karten spielt“, sagte Mortsiefer. Bisher hat das Verfahren vor dem Cas wegen der Pandemie aber noch nicht begonnen.

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FOTO: EPA KEYSTONE DOMINIC FAVRE/EPA/DPA Blutproben in einem Dopinglabo­r in der Schweiz.

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