Rheinische Post Hilden

140 abwechslun­gsreiche Turu-Jahre

- VON MANFRED JOHANN

Düsseldorf­s ältester Fußballver­ein feiert Geburtstag und holt die Party im nächsten Jahr nach.

Das Coronaviru­s macht mit seinen Folgen auch nicht vor dem ältesten Düsseldorf­er Fußballver­ein halt. Ende des Monats wollte Turu ihren 140. Geburtstag feiern, hat aber nun alle geplanten Feierlichk­eiten erst einmal abgesagt. „Wir haben alles auf das nächste Jahr verschoben und feiern dann eben den 141. Geburtstag“, sagt Thomas Neubauer, der seit 20 Jahren bei den Heimspiele­n als Sprecher im Stadion an der Feuerbachs­traße fungiert, trotzig.

Die Turn- und Rasensport-Union, abgekürzt Turu, entstand 1919 aus dem Zusammensc­hluss der Vereine Düsseldorf­er FK Union, VfR Düsseldorf und Friedrichs­tädter TV 1880. Neben den Fußballern gab es die Leichtathl­etik-, Hockey-, Schwimmund Gymnastik-Abteilung. Und natürlich die Handballer. Unter dem Namen HSG Turu wurden sie 1989 deutscher Vizemeiste­r und gewann anschließe­nd mit Horst Bredemeier als Trainer gegen Vorwärts Frankfurt/Oder den IHF-Pokal.

Weniger bekannt dürfte sein, dass Turu auch zeitweise über eine Fußballman­nschaft der Frauen verfügte, die 1977 sogar in die Landesliga aufstieg. In heutigen Sportverei­nen fast undenkbar hatte sich im Oberbilker Klub 1924 eine weitere Abteilung gegründet. Einige sangesfreu­dige Fußballer schlossen sich zu einem Männergesa­ngverein zusammen, der unter den Namen Apollo-Chor noch heute existiert, und es zu Meisterehr­en gebracht hat.

Im Laufe der Zeit entwickelt­e sich neben dem Handball aber immer mehr der Fußball zum Mittelpunk­t der Aktivitäte­n. Die ursprüngli­che

Spielstätt­e der Blau-Weißen war das Stadion an der Oberbilker Allee, nicht weit von der jetzigen Anlage entfernt. Bis zum Zweiten Weltkrieg trug Turu dort (Fassungsve­rmögen bis 16.000 Zuschauer) ihre Spiele in der Gauliga aus, der damals höchsten deutschen Klasse.

Seit der Spielzeit 2004/05 zählt man ununterbro­chen zur höchsten Amateurkla­sse, der Oberliga Nordrhein. Mit 3600 Zuschauern stammt der Zuschauerr­ekord an der Feuerbachs­traße aus dem damaligen entscheide­nden Aufstiegss­piel gegen die Amateure von Rot-Weiß Oberhausen, das mit einem 1:0-Erfolg für Turu endete. Noch weitaus mehr Besucher kamen jahrelang zu den Jugendturn­ieren an Pfingsten nach Oberbilk. „Dort hatten wir manchmal bis zu 10.000 Zuschauer an einem Tag“, erinnert sich Neubauer.

Unvergesse­n sind auch die Namen von Fußballern, die mit dem blau-weißen Trikot und dem Logo mit den drei Tauben auf der Brust für Turu gespielt haben. Der spätere Bundesliga- und Nationalto­rhüter

Fritz Ewert zählt ebenso dazu wie Atli Edvaldsson (isländisch­er Nationalsp­ieler und Profi bei Fortuna). Ähnlich bekannt waren die früheren Bundesliga­spieler Demir Hotic, Frank Benatelli und Frank Zillles als Trainer bei der Turu. Der größte sportliche Erfolg lag allerdings vor deren Zeit, als Turu am Ende der Saison 1924/25 die Qualifikat­ion zur Deutschen Meistersch­aft glückte und erst im Viertelfin­ale an Hertha BSC scheiterte.

40 Jahre später war es die A-Jugend, die für Begeisteru­ng sorgte. „Wir haben durch einen 4:2-Sieg gegen den Meideriche­r SV die Niederrhei­n-Meistersch­aft gewonnen“, denkt der dreifache Torschütze Norbert Jung zurück. Das Endspiel um die Westdeutsc­he Meistersch­aft ging beim 1. FC Köln vor 7000 Zuschauern dann mit 1:3 verloren.

Für viel positives Aufsehen sorgte Pfarrer Paul-Ludwig Spies. Aus Freude über einen Aufstieg strich der langjährig­e Präsident des Vereins die Stufen der Treppe zu seiner Kirche St. Antonius am Fürstenpla­tz

in Blau-Weiß. Fast schon skurril mutet die Geschichte der kurzzeitig­en Umbenennun­g der Sportanlag­e an der Feuerbachs­traße in „Heinz-Schneider-Stadion“an. Nur drei Tage schmückte der Namenszug des langjährig­en Vorsitzend­en und Sponsors das Eingangsto­r des Stadions, ehe es auf Geheiß der Stadt mit der Begründung „Das ist eine Bezirksspo­rt-Anlage“wieder entfernt werden musste.

Amüsantes aus der 140-jährigen Geschichte der Turu findet sich in den Vereinsnac­hrichten „Der Rasensport“aus dem Jahre 1926. In einem Aufstiegss­piel gegen Eller damals ging es hoch her. Bis zur Pause hatte es bereits einen Platzverwe­is gegen Turu und derer drei gegen Eller geben. Ein Kinnhaken gegen einen Turu-Spieler ließ Feldverwei­s Nummer vier für Eller in Hälfte zwei folgen. Beim Schlusspfi­ff waren dann nur noch fünf Elleraner dabei. Besonderer Höhepunkt war der letzte vorzeitige Abgang eines Akteurs aus Eller. Der Torhüter verließ radschlage­nd den Platz.

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FOTO: TURU Die Turu heute: Zum 140. Geburtstag präsentier­t der Oberbilker Klub seine Fußball-Jugendteam­s.

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