„In dieser Zeit ist Handball ein Ventil“
Der Trainer des TB Wülfrath freut sich mit seiner Mannschaft auf die Dritte Liga. Das Ziel des Aufsteigers ist der Klassenerhalt.
WÜLFRATH Während in vielen Ligen der Handball schon seit einigen Wochen wieder läuft, startet die Dritte Frauen-Liga erst am Wochenende 17./18. Oktober in die Meisterschaft. Aufsteiger TB Wülfrath kämpft in der Staffel Süd-West um Punkte – und muss in dieser Gruppe weite Reisen auf sich nehmen. Michael Cisik weiß um die Herausforderungen in der neuen Klasse, doch der TBW-Trainer geht mit seiner Mannschaft das Abenteuer Dritte Liga zuversichtlich an.
Wie lange dauert jetzt schon die Vorbereitung auf die neue Saison? MICHAEL CISIK Wir sind am 1. Juni eingestiegen und haben wieder Handball gespielt – mittlerweile sind das also viereinhalb Monate. Man merkt aber schon, dass das nicht gut tut: Der Fokus verschwindet. Zwischendurch gab es Urlaub und die Halle war geschlossen. Auch in den Herbstferien steht uns die Halle nicht optimal zur Verfügung. Deshalb haben wir Pausen eingelegt, mal zwei Wochen nichts gemacht. Wir haben zehn bis elf Testspiele bestritten. Da waren viele Hochkaräter dabei, die uns sehr gefordert haben. Wegen Corona mussten einige ihren Urlaub verschieben, andere hatten berufliche Termine, deshalb konnten wir die Spiele nicht in voller Besetzung absolvieren. Das hat mich schon geärgert, aber darüber muss man auch hinwegsehen.
Welche Freundschaftsspiele waren besonders wichtig für die Entwicklung?
CISIK Die Partie gegen die Teams aus der Dritten Liga. Jetzt am Wochenende haben wir gegen den TV Aldekerk aus der West-Gruppe gespielt. Die erste Halbzeit war gut, da lagen wir mit zwei Toren zurück. In der zweiten Hälfte ging uns die Kraft aus, am Ende haben wir mit acht Toren verloren. An dem Tag fehlten vier Stammkräfte – man merkt schon, wenn man improvisieren muss. Gegen Mannschaften in der Dritten Liga darf man sich keine Schwächen erlauben, die nutzen das sofort aus. Es macht Sinn, Testspiele gegen Mannschaften zu absolvieren, die auf Augenhöhe sind und die jeden Fehler knallhart bestrafen. Es macht keinen Spaß zu verlieren, die Mannschaft hat aber verstanden, dass wir vor einer außergewöhnlichen Saison stehen, in der wir gefordert werden und abliefern müssen. Wir wollen uns gut verkaufen und von Spieltag zu Spieltag denken.
Was sagen Sie zu dem späten Start in der Dritten Liga?
CISIK Ich bin da gar nicht unglücklich. Wir hatten viel zu tun, haben viel trainiert. Es geht gleich mit einer englischen Woche los, die uns stark fordert, aber wir können es nicht ändern.
Ist die englische Woche zum Auftakt gut oder schlecht?
CISIK Wir haben zwei Auswärtsspiele und ein Heimspiel, das ist unglücklich. Das hängt aber damit zusammen, dass die Partie gegen Bayer
Leverkusen fünf bis sechs Mal verlegt wurde, weil Bayer Jugendnationalspielerinnen im Kader hat, die im Einsatz sind. Wir haben einfach keinen anderen Termin gefunden, müssen die Aufgabe sportlich annehmen. Ich hoffe, dass wir alle an Bord haben, denn die Leverkusener Reserve ist schon eine Hausnummer. Das ist eine junge Truppe, die einen schnellen Ball spielt und für mich zum engeren Favoritenkreis gehört.
Am Anfang geht es gleich gegen Fortuna Düsseldorf.
CISIK Ich freue mich auf jeden Fall über den kurzen Anreiseweg. Die Fortuna hatte als Aufsteiger eine durchwachsene erste Saison in der Dritten Liga, zudem spielen in der Mannschaft einige ehemalige Wülfratherinnen. Auf der anderen Seite ist Jasmin Sander von der Fortuna zu uns gewechselt. Vielleicht können wir an einem Punkt kratzen oder an einem guten Tag gewinnen. Auch auf das erste Heimspiel gegen die HSG Marpingen/Alsweiler bin ich gespannt. Unsere Fans sind mit Sicherheit heiß drauf, die Mannschaft endlich in der eigenen Halle spielen zu sehen.
Wie gut ist die Mannschaft vorbereitet?
CISIK Sie ist top vorbereitet, es hat gut funktioniert. Allerdings haben wir längerfristige Ausfälle. Linksaußen Kristin Meyer muss wegen eines Bänderrisses im Sprunggelenk noch vier bis fünf Wochen aussetzen. Kreisläuferin Johanna Buschhaus hat wegen einer entzündeten Bizepssehne vom Arzt fünf Wochen Handball-Verbot bekommen. Das trägt nicht dazu bei, dass wir entspannt in die Saison gehen. Beim Training sind sie dabei, machen andere Übungen. Es schmerzt schon, dass sie uns nicht weiterhelfen können. Auch Lena Feldstedt fehlt – sie ist schwanger und bekommt ihr zweites Kind.
Wie sehen Sie die Herausforderung in der Dritten Liga, auch persönlich?
CISIK Ich fühle mich in dieser Liga gut aufgehoben, denn hier wird richtig guter Handball gespielt. Es gibt gute Hallenzeiten, das Equipment stimmt und die Mädels sind motiviert. In meiner Trainerlaufbahn ist die Dritte Liga bislang die höchste Klasse. Ich wollte immer in die Bundesliga, jetzt bin ich dort angekommen.
Was ist das Saisonziel?
CISIK Wir haben lange diskutiert, ob wir überhaupt hochgehen. Wir haben eine Mannschaft, die schon sehr lange zusammenspielt und älter ist. Berufliche und private Dinge 1. Spieltag (17./18. Oktober): haben da allmählich Vorrang. Man merkt schon, dass die meisten Spielerinnen nicht mehr Anfang 20 sind. Es ist die letzte Chance, noch einmal Dritte Liga zu spielen. Für uns kann das Ziel nur der Klassenerhalt sein, und das wird unglaublich schwer. Das hängt auch mit der Aufstockung der Mannschaften und der Teilung der Liga zusammen. Da wird es ganz enge Spiele geben, in denen Tagesform, Gesundheit und Glück entscheiden. Dann haben wir sehr lange Reisen. Das sind Tagesausflüge: Wir müssen früh los und kommen nachts wieder. Das wird nicht so einfach bei der Taktung der Spiele bis Ende Mai.
Was bedeutet Handball in der Corona-Pandemie?
CISIK Es hat uns unglaublich geholfen, dass wir uns schnell wieder getroffen haben. Wir arbeiten konzentriert im Training, blenden dabei Corona komplett aus, sprechen über private oder berufliche Dinge. Natürlich gibt es Spielregeln, an die wir uns halten müssen – das macht die Mannschaft hervorragend. In dieser Zeit ist der Handball aber einfach ein Ventil, aus dem wir eine Menge ziehen.
Welche Wünsche haben Sie für diese Saison?
CISIK Ich wünsche mir, dass alle gesund bleiben und wir die Saison auch zu Ende spielen. Es war unheimlich blöd, die letzte Saison abzubrechen. Die Mannschaft will mit einer guten Leistung aufwarten und Vollgas geben. Mein persönliches Ziel: Erfolgreiche Arbeit mit der Mannschaft und unser Ziel, den Klassenerhalt, nicht aus den Augen zu verlieren.