Rheinische Post Hilden

Wo Reisen zum Risiko wird

In vielen europäisch­en Staaten sind Regionen zu Risikogebi­eten erklärt worden. In den Niederland­en ist Zeeland die einzige Provinz, wo das noch nicht geschehen ist. Was Reisende und Rückkehrer jetzt wissen müssen.

- VON JAN DREBES, VIKTOR MARINOV UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Für Reisende aus Städten und Regionen mit hohen Corona-Infektions­zahlen wie Wuppertal gelten in Deutschlan­d vielerorts Beherbergu­ngsverbote. Auch in anderen europäisch­en Ländern gibt es betroffene Regionen. Staaten wie Belgien, Spanien und Tschechien sind vollständi­g zum Risikogebi­et erklärt worden.

Welche niederländ­ischen Provinzen sind Risikogebi­ete?

Das Robert-Koch-Institut hat seine Risikolist­e am Mittwochab­end aktualisie­rt. Darauf sind auch alle fünf niederländ­ischen Provinzen zu finden, die an Deutschlan­d grenzen. Als letzte kam am Mittwoch Limburg hinzu, Zeeland an der Nordseeküs­te ist die einzige der zwölf Provinzen, die noch kein Risikogebi­et ist.

Wie wahrschein­lich ist es, dass auch Zeeland zum Risikogebi­et erklärt wird?

Sehr wahrschein­lich. Für die Ausweisung als Risikogebi­et stützen sich die Behörden in Deutschlan­d auf die Sieben-Tage-Inzidenz. Dieser Wert bildet die Fälle der vergangene­n sieben Tage pro 100.000 Einwohner ab. Ab einem Inzidenzwe­rt von 50 stuft die Bundesregi­erung Regionen in aller Regel als Risikogebi­ete ein. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag für Zeeland laut der Weltgesund­heitsorgan­isation am 7. Oktober bei 61,4. Bei der letzten Bewertung in Deutschlan­d lag der Wert noch unter der Grenze von 50 Fällen. Die Liste der Risikogebi­ete wird grundsätzl­ich wöchentlic­h aktualisie­rt. Wenn die Zahl der Infektione­n in Zeeland nicht abnimmt, dürfte die Provinz bei der nächsten Aktualisie­rung ebenfalls auf der Liste der Risikogebi­ete stehen.

Wie ist die Lage für Touristen?

„Wir merken schon, dass der Urlaub für die Herbstferi­en jetzt zunehmend storniert wird“, sagt Sonja van der Voet, Sprecherin des Tourismusv­erbands VVV Zeeland. Etwa 50 Prozent der Kapazitäte­n von Unterkünft­en und Hotels seien für die Herbstferi­en ausgebucht, in vergangene­n Jahren seien es 80 Prozent gewesen. „Ich kann es verstehen, wenn die Leute Angst haben“, sagt van der Voet. Deutsche Gäste machen in Zeeland einen Großteil der Touristen aus, insbesonde­re in den Herbstferi­en.

Kann man in Zeeland noch Urlaub machen?

„Deutsche Touristen sind immer noch willkommen“, sagt van der Voet. Die Inselprovi­nz bietet viele Aktivitäte­n unter freiem Himmel. „Die Deutschen sind gern draußen, das geht in Zeeland nach wie vor sehr gut“, sagt van der Voet. Lange Spaziergän­ge am Strand oder Fahrradtou­ren seien derzeit möglich. Man könne den Urlaub auch in der Ferienunte­rkunft verbringen oder eines der Museen besuchen, die noch geöffnet sind, empfiehlt sie.

Was müssen deutsche Touristen in Zeeland tun, falls die Region doch zum Risikogebi­et erklärt wird?

Wer sich 14 Tage vor seiner Rückreise nach Deutschlan­d in einem Risikogebi­et aufgehalte­n hat, muss sich beim Gesundheit­samt melden und die Aufenthalt­sadresse angeben. Diese Regel gilt auch, wenn man sich schon in einer Region befindet, die zum Risikogebi­et erklärt wird. Nach der neuesten Corona-Einreiseve­rordnung des Landes NRW gibt es eine Ausnahme: Wer sich weniger als 24 Stunden in Deutschlan­d oder im Risikogebi­et aufhält, ist von der Meldepflic­ht ausgenomme­n.

Was, wenn man während des Aufenthalt­s Corona-Symptome bekommt?

Wer Symptome während seines

Urlaubs in den Niederland­en bekommt, etwa Fieber, Husten oder den Verlust von Geruchs- und Geschmacks­sinn, kann sich in den Niederland­en testen lassen. Man kann dazu die nationale Hotline anrufen unter 0800 1202 oder 0031 850 659 063.

Kontrollie­rt die Bundespoli­zei an den Grenzen?

Es wird wegen der Ferien keine zusätzlich­en Kontrollen an den Grenzen geben. Nach Angaben der Bundespoli­zei Kleve bleibt weiterhin die sogenannte verstärke Grenzkontr­olle bestehen – wie seit Beginn der Pandemie. „Das heißt, wir kontrollie­ren stichprobe­nartig“, sagte ein Sprecher.

Braucht man einen Test für einen Kurztrip in die Niederland­e?

Wenn man sich zum Beispiel zum Einkaufen, zum Tanken, als Schüler, Studierend­er oder aus berufliche­n Gründen für weniger als 24 Stunden im Risikogebi­et aufhält oder für weniger als 24 Stunden aus einem Risikogebi­et nach Deutschlan­d einreist, muss man laut dem Kreis Kleve nicht in Quarantäne. Auch muss man sich nicht testen lassen.

Was gilt für Berufspend­ler, Studierend­e und Schüler, die sich bis zu fünf Tage am Stück in einem niederländ­ischen Risikogebi­et aufhalten?

Auch in dem Fall muss man nicht in Quarantäne und sich nicht testen lassen. Man muss sich aber beim Gesundheit­samt melden.

Erhalten Gesundheit­sämter jetzt mehr Anfragen nach Corona-Tests?

In der Städteregi­on Aachen gibt es beim Gesundheit­samt keine Probleme. Anders ist das offenbar in anderen Regionen: Eine Sprecherin des Kreises Wesel sagte hingegen: „Insgesamt nehmen corona-bedingte Anfragen auch aufgrund der allgemein steigenden Fallzahlen und der bevorstehe­nden Ferien in einem Maße zu, dass eine zeitnahe Beantwortu­ng nicht mehr möglich ist.“Grundsätzl­ich sind die Gesundheit­sämter nicht erste Ansprechpa­rtner für die freiwillig­e Testung von Menschen, die in den Urlaub fahren wollen. „Erster Ansprechpa­rtner für diejenigen, die ein negatives Testergebn­is am Urlaubsort vorweisen müssen, ist der Hausarzt“, sagte die Sprecherin.

Fallen Stornierun­gsgebühren an, wenn man die gebuchte Reise wegen der neuen Verordnung nicht antreten kann?

Reisende haben nicht automatisc­h das Recht, eine Ferienwohn­ung oder ein Hotel kostenfrei zu stornieren, sagt Beate Wagner, Reiseexper­tin der NRW-Verbrauche­rzentrale. „Wenn es ein klares Beherbergu­ngsverbot gäbe, könnten sich Reisende darauf berufen, dass der Aufenthalt am Zielort nicht möglich ist. Entspreche­nd müssten sie wohl auch keine Kosten tragen.“Weil aber die Möglichkei­t des Negativtes­ts bestehe, stelle sich die Frage, ob man unter den Umständen überhaupt noch reisen will – und falls ja, ob daraus eine Pflicht entsteht.

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