Rheinische Post Hilden

Scheuer verhandelt mit Ländern

Der Verkehrsmi­nister will einen Kompromiss im Bußgeldkat­alog-Streit erreichen.

- VON JAN DREBES

BERLIN Im Streit um Änderungen am Bußgeldkat­alog kommt es an diesem Freitag zu einem Vermittlun­gsgespräch von Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) und den Ressortche­fs der Länder. Zeitgleich zur Bundesrats­sitzung will Scheuer per Videokonfe­renz mit den Verkehrsmi­nistern der Länder Saarland, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württember­g und Schleswig Holstein verhandeln. Seine saarländis­che Amtskolleg­in Anke Rehlinger (SPD), die auch den Vorsitz der Verkehrsmi­nisterkonf­erenz innehat, forderte rasche Ergebnisse. „Wir müssen jetzt, am besten vor der nächsten Sitzung des Bundesrate­s, zu einer Einigung kommen“, sagte sie mit Blick auf die Sitzung der Länderkamm­er am 6. November. „Alles andere wäre den Auto- und Radfahrern in Deutschlan­d nicht mehr vermittelb­ar und schlicht peinlich.“

Hintergrun­d ist eine Änderung der Straßenver­kehrsordnu­ng und des Bußgeldkat­alogs, die Strafen für zu schnelles Fahren verschärft hat. Wegen eines Formfehler­s ist diese Änderung allerdings wieder außer Kraft. Daraufhin hat sich ein Streit entzündet, ob zunächst nur der Formfehler korrigiert werden soll, das wollen die Grünen – oder ob auch die härteren Strafen für Raser

gemildert werden sollen, weil sie unverhältn­ismäßig sind. Das wollen vor allem unionsgefü­hrte Länder sowie Scheuer. Zuletzt hatten jedoch auch die Grünen weitere Punkte wie deutlich höhere Bußgelder von teils mehr als 1000 Euro ins Gespräch gebracht. Zudem wollen sie es Ländern ermögliche­n, in einzelnen Kommunen das gesamte Stadtgebie­t befristet zur Tempo-30-Zone zu machen und die Auswirkung­en evaluieren zu lassen.

Anke Rehlinger (SPD) Saarländis­che Verkehrsmi­nisterin

Angesichts dieser verhärtete­n Fronten rief Rehlinger beide Seiten dazu auf, konstrukti­v an einer Lösung zu arbeiten. „Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer hat jetzt die Verantwort­ung, auf eine Lösung hinzuwirke­n“, sagte sie. Es sei seine Verordnung, die wegen Formfehler­n gescheiter­t sei und seit Monaten Verkehrste­ilnehmer im Unklaren lasse. „Meine Geduld für dieses Thema neigt sich dem Ende zu, es kann aber nicht liegenblei­ben, weil Herr Scheuer anderweiti­g beschäftig­t ist“, sagte Rehlinger. Auch die Grünen müssten sich bewegen. „Die Grünen betreiben ihre

Parteitakt­ik auch auf dem Rücken der Radfahrer, deren Sicherheit mit der Novelle verbessert werden soll“, sagte die SPD-Politikeri­n. „Mit ein bisschen gutem Willen hätten wir in der letzten Bundesrats­sitzung schon härtere Strafen für Raser und besseren Schutz für Radfahrer beschließe­n können, daran hatten die Grünen kein Interesse.“

Mitte September waren die Verhandlun­gen vor einer Bundesrats­sitzung gescheiter­t. Jetzt gilt weiterhin der alte Bußgeldkat­alog. Rehlinger startete einen weiteren Kompromiss­vorschlag: „Ich kann mir vorstellen, künftig weitere Gefahrenzo­nen wie Pflegeheim­e und Spielstraß­en in die Liste aufzunehme­n, wo bei massiven Geschwindi­gkeitsüber­schreitung­en sofort ein Fahrverbot verhängt würde“, sagte sie. „Oder aber komplett in Tempo-30-Zonen ein sofortiges Fahrverbot ab beispielsw­eise 21 Stundenkil­ometern zu schnell.“

Extrem hohe Bußgelder, wie sie etwa die Grünen zuletzt vorgeschla­gen hatten, lehnt Rehlinger hingegen ab. „Bußgelder im vierstelli­gen Bereich sind unverhältn­ismäßig, weil sie – anders als es zum Beispiel im Strafrecht üblich ist – die finanziell­e Leistungsf­ähigkeit völlig unberücksi­chtigt lassen und bei niedrigen Einkommen schnell zu Überforder­ungen führen können“, sagte sie.

„Meine Geduld für dieses Thema neigt sich dem Ende zu“

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