Rheinische Post Hilden

Falscher Polizist gibt vor Gericht Betrug zu

Ein 39-jähriger Mann rief von einem Call-Center aus Senioren in Düsseldorf an und überredete sie, Schmuck und Bargeld bei einem Komplizen abzuliefer­n. Zum Glück wurde der Sohn einer 83-jährigen Pempelfort­erin stutzig.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

DÜSSELDORF Abends haben Banken in Deutschlan­d geschlosse­n. Das hätte ein 39-jähriger Anrufer aus der Türkei, der hier bei Senioren telefonisc­h vielfach als falscher Polizist aufgetrete­n ist, beachten sollen. Doch weil der 39-Jährige eines seiner betagten Opfer abends zur Bank schicken wollte, um dort das gesamte Vermögen abzuheben, wurde der Sohn dieses Opfers stutzig.

Mit einem Geständnis hat der Angeklagte beim Landgerich­t im Prozess wegen serienweis­e begangenen Trickbetru­gs elf Anklagepun­kte eingeräumt. So hatte eine 86-Jährige, die ihm zumindest teilweise auf den Leim gegangen war, einem Abholer nach einem Anruf des Angeklagte­n zwar Brilliant-Schmuck im Wert von mehreren tausend Euro übergeben. „Aber ich hatte noch viel mehr Bargeld zuhause, das habe ich gar keinem erzählt“, verriet sie am Donnerstag vor ihrer Zeugenauss­age flüsternd auf dem Gerichtsfl­ur.

Der Trick der Betrüger, die meist in der Türkei leben und von dort unter gefälschte­n Telefonnum­mern wie zum Beispiel „110“anrufen, ist einfach: Als angebliche­r Polizist meldet sich ein „Kommissar“telefonisc­h bei Senioren und behauptet, nahe der Wohnung des Opfers seien Mitglieder einer Einbrecher­bande festgenomm­en worden. Bei einem der Männer sei ein Zettel gefunden worden mit Name und Anschrift des angerufene­n Seniors.

Bevor diese angerufene­n Rentner jetzt von anderen Bandenmitg­liedern auch noch überfallen oder ausgeraubt oder ausgeplünd­ert werden, müssten sie ihre ganzen Wertsachen schleunigs­t zusammenpa­cken – und sofort einem angebliche­n Polizisten übergeben. Der würde das Gold und Geld und Geschmeide dann behördlich „in Sicherheit“

bringen.

Oft erst Tage danach merken die telefonisc­h geschickt in Panik versetzten Opfer, dass sie ihr Hab und Gut keineswegs in Sicherheit gebracht und echten Polizisten übergeben haben, sondern dass sie gewieften Gaunern ausgeliefe­rt waren. Diese Masche durchschau­te auch der Sohn einer 83-jährigen Rentnerin

aus Pempelfort nicht sofort. Er kam an einem Märzabend zufällig dazu, als seine Mutter panisch die Wohnung nach Wertsachen durchsucht­e, um sie „der Polizei“zu übergeben. Der Sohn übernahm für die Mutter das noch laufende Telefonat mit einem angebliche­n „Kommissar“, merkte dann aber, dass der Anrufer die alte Dame abends zur

Bank schicken wollte, um ihre Konten leer zu räumen. „Da kam mir der Gedanke, dass das so nicht richtig sein kann“, sagte der Sohn nun im Zeugenstan­d. Kurz zuvor hatte seine Mutter bereits 800 Euro in bar an den Abholer des Telefon-Betrügers ausgehändi­gt.

Doch bevor die alte Dame noch mehr Geld und Gold gutgläubig aus der Hand geben konnte, alarmierte der Sohn dann die echte Polizei. Der hier angeklagte 39-Jährige ist laut seinem Geständnis nicht einer von zahllosen Abholern, sondern nach seinen Angaben einer der Drahtziehe­r, ein so genannter Keiler. So heißen jene Anrufer aus der Türkei, die als falsche Polizisten gezielt die Senioren kontaktier­en und sie so lange und so massiv verunsiche­rn, bis die Opfer wirklich ihre Wertsachen aus der Hand geben.

Dabei weisen echte Polizeibeh­örden unermüdlic­h darauf hin, dass Senioren bei telefonisc­hen Anfragen von Fremden nach ihren Wertsachen, nach Kontodaten oder vertraulic­hen Informatio­nen wie Bankkarten oder Geheimnumm­er skeptisch reagieren sollten. Dass Polizisten außerdem niemals unter der Rufnummer „110“anrufen. Und dass Senioren ihre Wertsachen auf keinen Fall irgendeine­m „Abholer“aushändige­n – sondern bei Anrufen dieser Art stets den Hörer auflegen und sofort die echte Polizei anrufen sollten. Für den Prozess gegen den 39-Jährigen sind bisher noch weitere acht Verhandlun­gstage reserviert.

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FOTO: WUK Der Angeklagte im Gericht mit seiner Anwältin Franziska Ernst. Für den Fall sind noch weitere acht Verhandlun­gstags vorgesehen.

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