Rheinische Post Hilden

Knisternde Mikros und sportliche Politiker

Die Bezirksver­tretungen lassen sich einiges einfallen, um auch während der Corona-Zeit sicher tagen zu können.

- VON JULIA BRABECK, NICOLE KAMPE UND DOMINIK SCHNEIDER

STADTTEILE Seit dem Sommer steigt die Zahl der Corona-Infizierte­n wieder, nicht zuletzt, weil das Leben in der Stadt nicht mehr still steht. Kleine Feste werden gefeiert, die Kneipen öffnen und auch die Politik hat die Arbeit wieder aufgenomme­n. Vor allem die Bezirksver­tretungen müssen sich einiges einfallen lassen, um das vorgegeben­e Hygienekon­zept einzuhalte­n. Manche wechseln den Tagungsort, bei anderen geht es mitunter komisch zu und wieder andere tun so, als gebe es kein Virus. Ein Überblick.

Bezirksver­tretung 1

Weit entfernt lag der alternativ­e Sitzungsor­t beim letzten Termin der Bezirksver­tretung 1 nicht, die Politiker blieben im Rathaus in der Altstadt und wichen in den großen Plenarsaal aus. Viele Reihen und Plätze blieben dort leer und Bezirksbür­germeister­in Marina Spillner (SPD) schien sich nicht unwohl zu fühlen auf dem großen Chef-Sessel des Oberbürger­meisters.

Bezirksver­tretung 2

Manche nennen es gemütlich-kuschelig, andere eng und stickig: Der Raum der Bezirksver­tretung 2 an der Grafenberg­er Allee ist in diesen Zeiten alles andere als corona-konform. Das Gremium zog kurzerhand von Düsseltal nach Flingern-Nord und tagte zwischen Theke und Zapfhähnen im Schützenha­us am Flinger Broich. Ganz zur Freude der Raucher wurde stündlich eine Pause gemacht, ein bisschen Lüften, ein bisschen frische (Nikotin-)Luft schnappen. Pauken und Trompeten blieben aber im Schrank, Bezirksbür­germeister Uwe Wagner (SPD) versuchte zügig durch die Sitzung zu kommen – nach zwei Stunden war der öffentlich­e Teil der Tagesordnu­ng vorbei.

Bezirksver­tretung 4

Die Schulglock­e nehmen die Politiker der Bezirksver­tretung 4 nach dem dritten Klingeln nicht mehr wahr, die meisten sind froh, dass wieder alle teilnehmen dürfen. Zuletzt fand das Gremium im Linksrhein­ischen keinen Ausweichor­t, durfte deshalb mit zehn statt 19 Mitglieder­n tagen. Diesmal ging es ins Cecilien-Gymnasium, wo die Verwaltung es sehr ernst nahm mit dem Hygienekon­zept. Jeder Redeberech­tigte hatte einen Plastik-Frühstücks­beutel auf dem Tisch vor sich liegen, der wie ein Präservati­v bei einem Beitrag über das eine Mikro im Raum gestülpt wurde. Kratz, Knirsch, Raschel

– wer quietschen­de Kreide auf einer Tafel nicht ertragen kann, der hätte auch bei diesem Sound Gänsehaut bekommen.

Bezirksver­tretung 5

Die Bezirksver­tretung 5 hat bereits im August eine Sitzung nach den Regeln des neuen Hygienekon­zeptes abgehalten. Wie in den Zeiten vor Corona fand diese im ohnehin engen Sitzungssa­al im Kaiserswer­ther Rathaus statt. Bis auf die Zuschauer, deren Stühle im Abstand von anderthalb Metern aufgestell­t wurden, saßen alle anderen Teilnehmer ohne Abstand und Maske unmittelba­r nebeneinan­der. Das betraf auch Personen, die sich in der Regel außerhalb der Sitzung nicht unbedingt begegnen. Die Polizei beispielsw­eise saß neben Vertretern verschiede­ner Ämter, Politiker saßen neben Kollegen anderer Fraktionen und Pressevert­reter teilten sich einen gemeinsame­n Tisch. Begründet wurde die Entscheidu­ng, wieder im Rathaus zu tagen, mit den Kosten und dem Aufwand für einen Ausweichor­t. So konnte kein geeignetes städtische­s Gebäude für die Sitzungen gefunden werden. Im Juni wurde eine Sitzung in das Hotel Mutterhaus verlegt. Die Kosten hierfür betrugen 1860 Euro. Die nächste Sitzung des Gremiums steht am 27. Oktober an. Bislang wird als Sitzungsor­t wieder das Kaiserswer­ther Rathaus angegeben.

Bezirksver­tretung 6

Weitläufig­er als im ISS Dome kann man kaum tagen. Das bekamen vor allen Dingen die Fraktionsv­orsitzende­n zu spüren, die mehrfach von ihren Plätzen zu einem rund 40 Meter entfernten Mikrofon joggen mussten. Die Redebeiträ­ge zu reduzieren, kam dennoch für Gerhard Peters (CDU) und Peter Rasp (SPD) nicht in Frage, die die unfreiwill­ige sportliche Einlage mit Humor nahmen.

Bezirksver­tretung 9 und 10

Normalerwe­ise tagt die BV 9 im prachtvoll­en Saal des Benrather Rathauses. Da die Politiker dort jedoch dicht an dicht sitzen, wurde die Aula des Schloß-Gymnasiums zum neuen Sitzungssa­al. Zur ersten Sitzung nach der Corona-Pause gab es Unterstütz­ung aus dem Süden: Uwe Sandt von der Bezirksver­waltungsst­elle 10 halft den Benrather Kollegen aus und installier­te die Mikrofonte­chnologie in der Aula. In Garath und Hellerhof konnte man zunächst im großzügige­n Saal der Freizeitst­ätte bleiben – bis diese wegen Renovierun­g geschlosse­n wurde, seither tagt die BV 10 in der Gesamtschu­le Stettiner Straße.

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RP-FOTO: MARC INGEL Die Bezirksver­tretung 1 wechselte nicht das Haus, aber den Raum, tagte im großen Plenarsaal im Rathaus. Da konnten viele Plätze frei bleiben.

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