„Der Neubau war eine einmalige Chance“
Schulleiterin Friederike von Wiser hat „ihre“Schule mitgeplant. Acht Jahre tagte wöchentlich die Arbeitsgruppe, die das neue Gymnasium mitgestaltet hat. Begeistert erzählt die 63-Jährige von dem Mammutprojekt.
Was haben Sie gedacht, als Sie von dem geplanten Neubau erfuhren? Haben Sie damit gerechnet, dass es so viel Arbeit werden würde?
Die Ausgangslage war eine andere, als ich ans Gymnasium Haan kam. Eigentlich sollte die Schule lediglich saniert werden. Das wurde im Alltag immer deutlicher. Erst waren es nur Kleinigkeiten: Die Fenster schlossen nicht richtig, die Heizung – das war ein Running Gag hier – hat wohl nie richtig funktioniert. Irgendwann stürzte dann ein dickes Heizungsrohr hinab, auch die PCB-Belastung wurde deutlich. Damit war klar: Es muss neu gebaut werden.
An die Anfangszeit der Planung erinnern Sie sich noch sehr genau.
Stimmt. Es war im Juni 2012, als wir die Nachricht bekamen, dass ein Neubau geplant ist. Wir wurden gebeten, ein pädagogisches Konzept zu erarbeiten, und zwar bis September. Und das ausgerechnet in der Zeit der Prüfungen und Schulabschlüsse, also der arbeitsintensivsten Phase an einer Schule. Haben wir aber geschafft.
Im Herbst wurde das Konzept im Rat vorgestellt, im Dezember kam das „Go“für die Umsetzung.
Wie haben Sie Ihr Kollegium dazu motiviert, in der Arbeitsgruppe mitzumachen?
Ich habe sozusagen Anti-Werbung gemacht. Ich habe gefragt, wer Biss, Durchhaltevermögen und eine hohe Frustrationstoleranz hat, und es haben sich tatsächlich acht Kollegen gemeldet. Unsere Zusammenarbeit war wunderbar. Alle Fachschaften waren vertreten, zeitweise auch Eltern und Schüler, aber diese wechseln nach Schulabschlüssen in so einer langen Planungszeit natürlich immer wieder.
Auch die Arbeitsgruppe blieb nicht so, wie Sie war.
Nein, aber das lag nicht an der Frustrationstoleranz (lacht). Das waren sehr engagierte, aufstrebende Kollegen, und im Laufe der Zeit haben einige an anderen Schulen Leitungsaufgaben übernommen.
Und Sie selbst? Haben Sie nie darüber nachgedacht, zu wechseln und an einer „fertigen“Schule der normalen Schulleiter-Tätigkeit nachzugehen?
Nein. Auch nicht, als sich andere Möglichkeiten ergaben, die sogar näher an meinem Wohnort gewesen wären. Die Chance, „seine“Schule selbst mitzuplanen, ist einfach einmalig. Vorher war mir gar nicht so klar, was es da für Möglichkeiten gibt, das war ja auch für mich neues Terrain. Das Gebäudemanagement der Stadt hat uns toll mitgenommen. Und wir haben uns viele Schulen angesehen, bevor wir uns beispielsweise für das Unterrichten in Clustern entschieden haben. Viel haben wir uns in den Niederlanden abgeguckt, beispielsweise, was die Struktur moderner Arbeitsplätze angeht. An einer Schule haben wir den „Raum der Stille“entdeckt, den wir auch eingerichtet haben, an einer anderen eine tolle Mensa, wie auch unsere ganz wunderbar geworden ist. Die Einrichtung der Aula wird mir besonders im Gedächtnis bleiben, das war richtig feierlich, so schöne Ideen haben wir da umgesetzt. Besonders stolz sind wir auch auf die naturwissenschaftlichen Räume. Die sind wirklich auf dem neuesten Stand.
Ihr Zuhause haben Sie in den vergangenen acht Jahren aber nicht viel gesehen, oder?
(lacht) Das ist wahr. Zum einen pendle ich aus Essen, das ist zwar in Corona-Zeiten in Ordnung, weil die Autobahnen nicht so voll sind, war ansonsten aber auch oft anstrengend. Zum anderen haben wir acht Jahre lang mit der Arbeitsgruppe getagt, und zwar mindestens einmal wöchentlich. Hinzu kamen die Besuche an anderen Schulen, Beratungen, Sitzungen und Abstimmungen über das Konzept in sämtlichen demokratischen Gremien der Schule. Acht prall gefüllte Ordner im Schrank in meinem Büro dokumentieren diese Termine. Missen möchte ich diese spannende Zeit aber auf keinen Fall.
Sind Sie denn froh, dass die Schule nun steht und das Projekt vorüber ist?
Da muss ich überlegen. Nein, erschöpft bin ich nicht, wenn Sie das meinen. Auch wenn ich seit März durchgearbeitet habe: Ich hätte durchaus Lust auf das nächste Projekt.