Corona: Sperrstunde und Maskenpflicht
Die Stadt Haan prescht bei den Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie vor. Während der Kreis und die anderen Städte wie Hilden noch auf eine Antwort des Landes warten, verschärft die Gartenstadt ihre Regeln.
HAAN/HILDEN Ein Verkaufsverbot von alkoholischen Getränken in der Zeit von 1 bis 6 Uhr, eine Maskenpflicht im Unterricht weiterführender Schulen, und Zusammenkünfte über fünf Personen im öffentlichen Raum (mit Ausnahmen beispielsweise für Familien) sind nicht mehr erlaubt – die Stadt Haan hat am Dienstagabend Nägel mit Köpfen gemacht und eine Allgemeinverfügung veröffentlicht. Die neuen Regeln sind ab Mittwoch gültig.
Mit diesem Alleingang kommt die Gartenstadt einer kreisweiten Verschärfung der Maßnahmen zuvor – und überrumpelt die Krisenstäbe im Kreishaus und in den anderen Städten. Denn eigentlich wollten alle gemeinsam eine einheitliche Verordnung auf den Weg bringen, um einen Flickenteppich zu vermeiden. Das hatten die Teilnehmer einer Runde mit allen kreisangehörigen Städten am Montag in Mettmann gemeinsam beschlossen, erklärte ein Teilnehmer, der sich von Haans Verordnung mehr als überrascht zeigte. Die Gartenstadt sei bei dem Gespräch wegen einer Terminkollision nicht anwesend gewesen, sei aber über alle Entscheidungen und Verabredungen informiert worden.
„Über verbindliche Abstimmungen für das Kreisgebiet ist nichts bekannt. Ferner haben die kreisangehörigen Städte im Frühjahr jeweils für ihr Gebiet spezifische Verfügungen erlassen, die im wesentlichen gleich, aber nicht identisch beziehungsweise kreiseinheitlich waren. Die Stadt Haan hat im Bemühen, möglichst nicht täglich Änderungen vornehmen zu müssen, ohne schuldhaftes Zögern gehandelt, um Maßnahmen zur Eindämmung der überdurchschnittlich exponentiellen Steigerung der Infektionszahlen zu treffen. Dies beginnt schon morgen mit der Maskenpflicht für den Wochenmarkt“, erklärte Stadtsprecherin Sonja Kunders auf Nachfrage.
Die Haaner Verwaltung hat die Allgemeinverfügung am Dienstagabend veröffentlicht – und damit ist sie ab Mittwoch gültig. In vielen Punkten stimmt sie mit dem überein, was die kreisangehörigen Städten vereinbart haben. So dürfen beispielsweise nur noch fünf Personen
im öffentlichen Raum zusammenkommen – dabei gibt es einige Ausnahmen. Die Maskenpflicht wird verschärft: Der Schutz muss beispielsweise nun auch auf den Sitz- und Stehplätzen bei Konzerten und anderen Veranstaltungen in geschlossenen Räumen sowie bei Sportveranstaltungen getragen werden. Auch in Verwaltungsgebäuden und auf dem Wochenmarkt gilt die Maskenpflicht.
Die Haaner Verordnung geht aber in einigen Punkten weiter als der gemeinsame Vorschlag des Kreises und der ihm angehörigen Städte – und schränkt beispielsweise Veranstaltungen ein. Das ist laut den Vorgaben des Landes NRW eigentlich erst ab einer Inzidenz von 50 vorgesehen. Verboten sind in Haan „Veranstaltungen und Versammlungen mit mehr als 500 Personen im Außenbereich, Veranstaltungen und Versammlungen mit mehr als und 250 Personen in geschlossenen Räumen und die Überschreitung der zulässigen Teilnehmerzahl von 20 Prozent der normalen Kapazität des Veranstaltungsortes“, heißt es in der Allgemeinverfügung.
Zwischen 1 und 6 Uhr darf in Haan kein Alkohol mehr verkauft werden
– sei es in Kneipen an Tankstellen oder auf Partys außerhalb von Wohnungen. Das kommt einer Art Sperrstunde gleich.
Die Teilnahme an Feiern ist (einschließlich Gastgeber und Servicepersonal) ab sofort auf 25, bei Trauerfeiern auf 50 Personen begrenzt. Feiern außerhalb von Wohnungen sind dem Ordnungsamt der Stadt Haan drei Tage und ab dem 16. Oktober fünf Tage vor ihrem Beginn mit Angabe einer Teilnehmerliste anzuzeigen. „Zur Rückverfolgbarkeit müssen Namen, Vornamen, Anschrift, Telefonnummer und möglichst Email-Anschrift der Teilnehmer in die Liste eingetragen werden. Die Liste ist von der bzw. dem Verantwortlichen vor und während der Veranstaltung zu aktualisieren“, hieß es weiter.
Wie lange die Haaner Allgemeinverfügung gültig ist, lässt sich nicht genau sagen. Es könnte sein, dass sie nach 24 Stunden wieder kassiert wird: „Falls der Kreis Mettmann verbindliche Anordnungen für das gesamte Kreisgebiet erlässt, ist diese Allgemeinverfügung der Stadt Haan überholt“, erklärte Haans Stadtsprecherin Sonja Kunders. Der Kreis wartete am Dienstagabend nur noch auf grünes Licht vom Land, um mit der kreisweit gültigen Allgemeinverfügung an die Öffentlichkeit zu gehen. Umso irritierender war für einige das Vorpreschen der Gartenstadt.
Die Corona-Zahlen sinken derweil. Aber von einer Entwarnung könne noch lange nicht gesprochen werden – darauf legt Kreissprecherin
Daniela Hitzemann wert. „Die Situation entspannt sich nicht“, sagt sie. Die Inzidenz-Tendenz gehe weiter in Richtung 50, „wenn auch nicht mehr so sprunghaft wie über das Wochenende.“
Auf 45,9 ist der Wert am Dienstag gesunken. Daher haben Kreis und Städte weitere Schutzmaßnahmen verabredet. Sie sind nötig geworden, weil die Inzidenz im Kreis Mettmann am Wochenende den ersten kritischen Wert von 35 überschritten hatte. Mit 41,0 erreichte sie am Samstag einen ersten Rekordwert, der am Sonntag (42,0) und Montag (47,6) wieder gebrochen wurde. Trotz des Rückgangs am Dienstag rechnet der Kreis Mettmann damit, dass in Kürze die 50 erreicht wird. Damit würden die Städte im Kreis Mettmann, also Erkrath, Haan, Heiligenhaus, Hilden, Langenfeld, Mettmann, Monheim, Ratingen, Velbert und Wülfrath, als Risikogebiet gelten.
Einige Urlaubsregionen schicken Reisende aus Risikogebieten sofort wieder zurück. Das Infektionsgeschehen spielt sich laut Kreis nicht in Kitas oder anderen Einrichtungen ab, sondern auf privaten Veranstaltungen und auf Partys in Sälen und öffentlichen Räumen.