Rheinische Post Hilden

Hülsenstra­ße: Willy L. Bitters „Engel“kann wieder fliegen

Die zwölf Meter hohe Skulptur ist das einzige „Stadttor“an einer Einfallstr­aße, das vom Kulturjahr 2000 übrig geblieben ist.

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

HILDEN Neue Farbe und neue Flügel: Willy L Bitters zwölf Meter hoher „Engel für Hilden“auf der Wiese an der Hülsenstra­ße/Im Hock ist wieder ein Hingucker. Vor 20 Jahren hatte der Künstler die Skulptur entworfen zum Kulturjahr 2000. An der Einfallstr­aße sollte sie eines von mehreren „Stadttoren“bilden. Die anderen Kunstwerke sind längst verschwund­en – nur Bitters „Engel“hat die Zeit überdauert. Wenn das nicht was zu bedeuten hat.

Die alten Flügel waren übrigens aus Blech. Sturm „Kyrill“hatte sie so verbogen, dass sie abgenommen werden mussten. Eigentlich wollte

Bitter sie reparieren. Auf dem städtische­n Bauhof hielt man die Blechteile für Schrott – und entsorgte sie, hat der Künstler erzählt. Wie damals die Geschichte mit der Reinigung der Fett-Badewanne von Kollege Joseph Beuys. Bitter liebt solche Geschichte­n – und war deshalb auch nicht wirklich sauer. 2011 brachte er neue Engelsflüg­el an – aus dickem Baumwollst­off. Die neuen Schwingen hielten freilich auch nicht ewig. Deshalb war jetzt eine Generalübe­rholung seines Kunstwerks nötig.

Willy L. Bitter (das L. steht übrigens für Ludwig) ist einer der ganz großen Künstler Hildens. Er würde sicher sagen: der Größte. Wenn der Künstler schon nicht selbst an sich glaubt, wer soll es dann. Aber in der Tat sind viele Spuren seines Schaffens in Hilden zu finden. Etwa die blaue Pyramide auf dem kleinen Warrington-Platz. Die tanzenden Strichmänn­chen sind so etwas wie das Markenzeic­hen Bitters. Er war es auch, der den „Kunstraum“im Gewerbepar­k-Süd an der Hofstraße 64 erfand – bis heute einer der inspiriere­ndsten Ausstellun­gsräume Hildens.

Der ehemalige Kulturdeze­nrent Reinhard Gatzke hat ihn einmal liebevoll einen „Daniel Düsentrieb der Kultur“genannt. Auch mit 85 Jahren ist seine Kreativitä­t, seine Lust an der Kunst und auf Kunst ungebroche­n. Seine Arbeiten signiert er mit einem Kreuz – wie ein Bischof. Kunst ist für ihn etwas Heiliges. „Ich bin ein Geliebter unter dem Himmel. Meine Lehrer fand ich im Getümmel der Weltgeschi­chte.“Alberto Giacoetti, Niki de Saint Phalle, Jean Tinguely – viele hätten ihn geküsst. „Es gibt keine unbeeinflu­sste Kunst.“

2002 wurde es für Willy Bitter ganz bitter. Statt den mit 5000 Euro dotierten Kreiskunst­preis brüderlich zu teilen, sprach die Jury – bestehend aus Fachleuten und Kreistagsa­bgeordente­n aller Fraktionen – Wolfgang Niederhage­n aus Haan den mit 3000 Euro dotierten „ersten Preis“, Bitter den mit 2000

Euro versehenen „zweiten Preis“zu. Für den streitbare­n Bitter war es schlicht „ärgerlich“, dass auf diese Weise zwischen unvergleic­hbaren Stilrichtu­ngen „gewichtet“wurde.

Der Kreis-Kulturprei­s war für das Lebenswerk eines Künstlers ausgeschri­eben worden. Wenn man den Preis denn teile, dann doch wohl nur zu gleichen Teilen, so Bitter: „Durch die Symbolik des Geldes wird mein künstleris­ches Lebenswerk abgewertet. Da ist – mit Verlaub – bitter.“Bitter sieht sein Lebenswerk „falsch beurteilt“: „Das ist skandalös. So etwas kann man nicht machen.“Deshalb lehnt er den Preis konsequent­erweise ab.

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FOTO: KÖHLEN Bitters Skulptur steht an der Hülsenstra­ße Ecke Im Hock.

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