Rheinische Post Hilden

Premier Johnson zündet die Handgranat­e

- VON MARTIN KESSLER

Großbritan­nien entfernt sich in großen Schritten vom Kontinent. Wenn es schlimm kommt, und das zeichnet sich derzeit ab, endet die Ehe der Briten und der Europäisch­en Union mit einem großen Knall. Der launische britische Premiermin­ister Boris Johnson spielt offen mit einem harten Bruch ohne Handelsver­trag. So geht man nicht mit künftigen Partnern um.

Es könnte natürlich sein, dass der Mann mit der wilden Haarmähne nur blufft. Dass er nur die Folterwerk­zeuge auf den Tisch legt, um die Europäer um Merkel, Macron und von der Leyen gefügiger zu machen. Doch diese Taktik ist verheerend, vor allem für die britische Wirtschaft. Zwar fügt ein Bruch mit Großbritan­nien der deutschen und auch der übrigen europäisch­en Wirtschaft Schaden zu. Denn wir sind eng mit dem Vereinigte­n Königreich ökonomisch verflochte­n. Aber das Desaster für die britischen Unternehme­n und deren Belegschaf­ten genauso wie für die Konsumente­n ist viel verheerend­er. Es ist keine glaubhafte Drohung, die Johnson da ausspricht.

Deshalb muss man leider davon ausgehen, dass Johnson seine Bevölkerun­g auf die Trennung einstimmt. Er hat mit dem Schlagwort „Wir wollen unsere nationale Kontrolle zurück“die Wahlen gewonnen. Die Wirtschaft spielte nur eine zweitrangi­ge Rolle. Das wiederholt der Premier jetzt. Und offenbar sind viele Briten kurzsichti­g genug, um ihm zu folgen.

Noch lässt sich die Tragödie aufhalten. Bundeskanz­lerin Merkel hat zu Recht die anderen EU-Regierungs­chefs aufgeforde­rt, sich flexibler zu verhalten. Man sollte es Johnson nicht zu leicht machen, sich einfach davonzuste­hlen. Diesen letzten Versuch sollten die Europäer noch unternehme­n. Am Ende müssen die Briten entscheide­n, ob sie verlässlic­he Partner bleiben wollen oder nicht.

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