Rheinische Post Hilden

Viele Freiberufl­er fürchten um ihre Existenz

- VON BIRGIT MARSCHALL

Eine Verbandsum­frage zeigt: Junge und kleine Unternehme­n leiden am stärksten unter der Pandemie.

BERLIN Jeder zweite Freiberufl­er in Deutschlan­d ist von der Corona-Krise stark oder sehr stark betroffen. Jedes achte Unternehme­n befürchtet zudem, das kommende Jahr nicht zu überstehen. Das geht aus einer noch unveröffen­tlichten repräsenta­tiven Umfrage des Bundesverb­andes der Freien Berufe (BFB) hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Das Institut für Freie Berufe (IFB) befragte im Auftrag des BFB im vergangene­n Monat knapp 1900 selbststän­dige Freiberufl­er zu den wirtschaft­lichen Folgen der Pandemie.

Die Daten wurden erhoben, nachdem die Kontaktbes­chränkunge­n im Sommer gelockert und die Überbrücku­ngshilfen des Staates bereits wirksam waren. Sie entstand aber vor dem starken Anstieg der Neuinfekti­onen im Oktober. Angesichts der jüngsten Beschlüsse von Bund und Ländern zu wieder strengeren Schutzmaßn­ahmen dürfte sich die Lage vieler Unternehme­n aktuell daher noch weiter verschlech­tern.Immerhin: Die Lockerunge­n im Sommer zeigt den Daten zufolge erste positive Wirkungen: In einer Umfrage des BFB im Frühjahr hatten noch knapp zwei Drittel der Freiberufl­er angegeben, unter der Krise stark oder sehr stark zu leiden. Gestiegen ist in der September-Umfrage allerdings der Anteil der Unternehme­n, die um ihre Existenz bangen: Waren es im Frühjahr erst 7,8 Prozent, so sind es jetzt 12 Prozent, die 2021 eine Insolvenz befürchten.Von der Corona-Krise sind die freien Kulturberu­fe sowie Heilberufe am stärksten betroffen. Hier spüren zwei von drei Unternehme­rn die Krise stark oder sehr stark. Bei den technisch-naturwisse­nschaftlic­hen Freiberufl­ern sowie den rechts-, steuer- und wirtschaft­sberatende­n Unternehme­n gilt dies nur für jeden Dritten. Besonders junge und kleine Unternehme­n sind angeschlag­en.

Mehr als jeder zehnte Freiberufl­er musste während der Pandemie bereits Mitarbeite­r entlassen. Dies trifft laut der Umfrage besonders für Unternehme­n mit zehn bis 49 Mitarbeite­rn zu: In dieser Gruppe mussten bereits 17,6 Prozent Stellen abbauen. Jeder vierte Freiberufl­er befürchtet zudem, sich bis zum Jahresende 2020 von Mitarbeite­rn trennen zu müssen. Weitere fünf Prozent erwarten dies für das kommende Jahr. „Damit sind weitere 180.000 Stellen in der Branche in Gefahr“, sagte BFB-Präsident Wolfgang. „Die Corona-Krise hinterläss­t seit März tiefe Spuren in den freiberufl­ichen Feldern. Trotz einer aktuell leichten Entspannun­g auch bei der Auftragsla­ge wird die Notlage vieler Freiberufl­er fortdauern“, warnte er. Knapp 30 Prozent aller Freiberufl­er haben die Überbrücku­ngshilfen des Bundes genutzt, so die Umfrage. Ewer begrüßte die von Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) geplanten Nachbesser­ungen bei den Hilfen, forderte jedoch Zuschüsse zum Lebensunte­rhalt speziell für Solo-Selbststän­dige und kleine Freiberufl­er-Einheiten. Der KfW-Schnellkre­dit müsse auch für Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeite­rn gewährt werden.

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