Eishockeyprofis auf Jobsuche
Weil die DEL still steht, lassen sich viele Spieler verleihen – ins Ausland, in untere Ligen. Auch zwei DEG-Profis spielen schon woanders.
Marco Nowak ist auf Heimaturlaub in Sachsen. Na gut, Urlaub ist das falsche Wort, Nowak hat sich für ein paar Wochen den Eispiraten Crimmitschau angeschlossen, „damit wieder normaler Alltag herrscht“. Was in seinem Fall bedeutet: Eishockey spielen, „wieder in den Rhythmus kommen“. Seit einigen Tagen ist Nowak in der 20.000-Einwohner-Stadt zwischen Zwickau und Gera. Und genießt es: „Nach sieben Monaten mit den Jungs auf dem Eis zu sein, macht einfach Spaß.“
An den Pflichtspielen des Zweitligisten soll der Verteidiger aber nicht teilnehmen, dafür müssten erst Vertragsdetails geklärt werden – bei der Düsseldorfer EG, Nowaks eigentlichem Arbeitgeber, herrscht ja Kurzarbeit. Also trainiert er vorerst nur bei seinem alten Verein. Aber das ist schon mal deutlich mehr, als die Kollegen daheim an der Brehmstraße machen können. Dort gibt es zwar seit Monaten Eis, aber richtig nutzen darf das abgesehen von der Jugend niemand. Seit März erlebten die DEG-Profis kein organisiertes Training.
Vor dem Problem stehen derzeit hunderte Spieler aus der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Bis auf München und Berlin wird nirgendwo trainiert oder zu Testspielen gefahren. Weil der Saisonstart bereits zweimal verschoben wurde und auch der nächste anvisierte Termin (18. Dezember) unsicher ist. Bevor der nicht festgezurrt ist, riskiert kaum ein Verein, in die Vorbereitung zu starten und volle Gehälter zu zahlen.
Also wechseln die Spieler nun reihenweise ins Ausland oder in untere Klassen. Die Toptalente Moritz Seider (Mannheim) und Dominik Bokk (Krefeld) zog es nach Schweden, andere wie die Münchener JJ Peterka und Justin Schütz oder DEG-Stürmer Max Kammerer nach Österreich. Mittlerweile kehren auch ältere Profis der DEL den Rücken, selbst Silbermedaillengewinner wie Moritz Müller (Köln/Kassel), Patrick Reimer (Nürnberg/Kaufbeuren) oder Felix Schütz (Straubing/ Landshut) wechseln in die zweite Liga. „Ich möchte jetzt einfach nur Eishockey spielen“, sagt Schütz.
Das weiß auch Klaus Hille, einer der einflussreichsten Spielerberater der Branche. Seit Wochen versucht Hille, seine Klienten unterzubekommen. Finanzielle Interessen sind da zweitrangig, „es geht bei allen ums Spielen“, sagt Hille. Das geht sogar so weit, dass der Straubinger Marcel Brandt, früher bei der DEG, künftig für Dingolfing aufläuft, bei den Isar Rats – was nicht nur nach spaßiger Hobbytruppe klingt, die Ratten spielen in der fünften Liga. Brandt ist übrigens Nationalspieler.
Auch bei DEG-Manager Niki Mondt klingelt das Telefon. Berater,
Spieler, andere Manager, Juristen – sie alle suchen nach Übergangslösungen. „Der ein oder andere ältere Spieler zieht das nicht in Betracht, aber die meisten wollen spielen. Die Jungen müssen das, die Nationalspieler müssen das“, sagt Mondt, der bis auf Kammerer und Nowak aber noch niemanden abgegeben hat. Und das wird sich vorerst auch nicht ändern: „Ich habe den Jungs jetzt gesagt, sie sollen sich noch eine Woche gedulden. Wir versuchen selbst, zeitnah ins Training zu starten. Erst wenn das nicht klappt, werde ich mich wieder mit Ausleihen befassen“, sagt Mondt, der den 1. November als Trainingsstart anvisiert. Kommende Woche soll sich entscheiden, ob zumindest das Vorbereitungsturnier der DEL stattfinden kann. Wie danach eine Saison aussehen soll? Ob das auch ohne Zuschauer möglich ist? Mit allen 14 Teams? In regionalen Gruppen? Mit Spielen tagsüber, um neue Übertragungsmöglichkeiten zu erschließen? Wird noch besprochen.
Marco Nowak ist guter Hoffnung, dass es bald los geht. „Ich denke, dass Crimmitschau nur eine kurze Episode wird und wir mit der DEL starten.“Aber natürlich macht sich der DEG-Verteidiger seine Gedanken: „Wenn es hart auf hart kommt, könnte ich auch hier spielen. Ich kann mir nicht vorstellen, ein Jahr gar kein Eishockey zu spielen.“