Der Bedarf an Winzern wächst
Ihr Alltag ist erfüllt von harter Arbeit – aber auch von großer Leidenschaft für den Beruf.
(tmn) Die Ruhe vor dem Sturm: So beschreibt Julia Kiebler die Zeit, kurz bevor es losgeht. Die Lese im Herbst ist für Winzer mit die anstrengendste Zeit des Jahres. In den Wochen, bis es so weit ist, hilft die angehende Winzerin dabei, Laub zu entfernen, damit die roten Trauben durchreifen und kräftig nachfärben können. Auf dem Weingut Bernhart, Kieblers aktueller Ausbildungsstation, muss außerdem der letzte Wein der Vorsaison aus den Fässern abgefüllt und weggefahren werden, damit der Keller leer ist für die neue Lese.
Ganz genau weiß die 19-Jährige nie, was sie erwartet, wenn sie morgens in den Betrieb kommt. „Es kann sein, dass ich Flaschen etikettiere, Hefe aufrühre oder Reben entblättern muss.“Im Sommer spielen auch die Messen eine große Rolle. Viele der Auszubildenden dürfen ihre Betriebe dorthin begleiten und kommen mit künftigen Kunden in Kontakt.
Julia Kiebler ist selbst auf einem Weingut aufgewachsen. „Früher war es die Regel, dass die Auszubildenden fast ausschließlich aus der Branche kamen“, erklärt Christian Hill, Abteilungsleiter Schule am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz in Neustadt an der Weinstraße. Mehr als die Hälfte der heutigen Azubis haben laut Hill aber keinen weinbaulichen Hintergrund.
Winzer müssen sich ganzjährig um den Weinberg und die Reben kümmern, bei Sonnenschein wie bei Sturm. „Grundlegende Voraussetzung für angehende Winzer ist es, Freude an der Natur zu haben und wetterfest zu sein“, sagt Hill. Worauf sie sich außerdem einstellen sollten: „Man putzt verdammt viel“, sagt Kiebler lachend. „Most klebt und pappt, und man möchte ja einen sauberen und hygienischen Keller haben, wenn man mit einem Genussmittel wie Wein arbeitet.“
Wer sich für den Beruf interessiert, sollte sich auch ausdrücken können, denn der Wein muss schließlich vermarktet werden. Julia Kiebler findet, dass mancher Winzer das Marketing noch immer nicht ernst genug nimmt. „Es ist nicht überall angekommen, wie wichtig es ist, mit dem Kunden auf Augenhöhe zu kommunizieren und höflich zu sein“, sagt sie. Besonders gut gefällt ihr das Gemeinschaftsgefühl im Weinbau. „Der Austausch unter den Winzern ist sehr wichtig, die Leidenschaft zum Weinbau verbindet.“
Die Aussichten für ausgelernte Winzer sind gut. „Die Betriebe wachsen und damit geht ein erhöhter Bedarf an gut ausgebildeten Mitarbeitern einher“, sagt Christian Hill. Der könne nur bedingt von Saisonarbeitskräften abgedeckt werden. Gute Leute, die in der Branche bleiben wollen, würden „mit Kusshand“genommen.