Borussia nervt sich selbst
Auch im zweiten Heimspiel verspielt Mönchengladbach eine 1:0-Führung. Marco Roses Team verliert so schon vier wichtige Punkte.
MÖNCHENGLADBACH Es hakt noch bei Borussia Mönchengladbach, dem Vierten der vergangenen Bundesliga-Saison und damit aktuellem Champions-League-Teilnehmer. Das war erwartbar, weil die Vorbereitung geprägt war davon, dass viele Stars des Teams verletzt oder im Aufbautraining waren. Denis Zakaria, Gladbachs Top-Mann, ist nach wie vor nicht einsatzbereit. Doch gerade in einer solchen Phase ist es wichtig, das Optimum herauszuholen – aber genau das ist gerade das große Problem der Gladbacher.
Gegen den VfL Wolfsburg hatten die Borussen in vielerlei Hinsicht die Möglichkeit, mehr zu erreichen als das 1:1, mit dem sie am Ende klarkommen mussten. In der ersten Halbzeit gab es fünf, sechs große Chancen, doch bei allen Abschlüssen verfehlten die Gladbacher das Tor, Florian Neuhaus war bei seinem Kopfball an den Pfosten am nächsten dran. Doch den großen Ärger, der nach dem Abpfiff herrschte, hat nicht die Chancenverwertung verursacht, sondern Gladbachs 1:0-Schlendrian. Der hat das Team von Trainer Marco Rose nämlich jetzt schon vier Zähler gekostet.
„Wir sind nicht zufrieden mit dem Punkt. Gerade wenn man so spät in Führung geht, ist es wichtig, dass man das Ding auch zu Ende fightet“, sagte der 43-Jährige. Jonas Hofmann hatte in der 77. Minute per Elfmeter das 1:0 für Gladbach erzielt, sieben Minuten später glich Wolfsburgs Wout Weghorst aus.
„In solchen Situation ist die Frage: ‚Was will man – spielen oder verteidigen?’ Wir sind eine Mannschaft, die über das Spielerische kommt, aber manchmal muss man einen Ball auch einfach humorlos klären. Wir müssen dann um jeden einzelnen Ball kämpfen, damit der Gegner nicht ins Spiel kommt. Nochmal in die Räume laufen, Bälle festmachen, Fouls ziehen. Da gehört auch der Kopf zu, denn die Jungs wollen das ganz sicher, aber Fakt ist, dass wir das nicht häufig genug schaffen. Dieser Kritik müssen wir uns stellen“, sagte Rose.
Auch Gladbachs Torschütze ist genervt davon, dass das Team nach dem 1:1 gegen Union Berlin im ersten Heimspiel dieser Saison schon zum zweiten Mal einen Vorsprung verspielte. „Wie gegen Berlin haben wir es nicht geschafft, ein 1:0 über die Runden zu bringen. Darüber bin ich sehr enttäuscht. Wir haben wieder nur einen Punkt im zweiten Heimspiel geholt, das ist auf keinen Fall zufriedenstellend, da müssen wir zulegen“, sagte Hofmann, der in seiner Karriere nun drei von vier Strafstößen verwandelt hat.
Rose vermutet, dass bei den Gladbachern in solchen Situation auch noch ein Stück weit die Erfahrung fehlt. „Vielleicht geht es da auch um Cleverness, an der wir noch arbeiten können“, sagte Borussias Trainer, der den Klub in seiner ersten Bundesliga-Saison zum erst dritten Mal in die Champions League geführt hat. Anders als die etablierten Top-Teams wie Bayern München und Borussia Dortmund kann Gladbach noch gar nicht dieses Sieger-Gen haben, um ungefährdet ein 1:0 über die Zeit zu bringen.
An der Spielweise werden die Gladbacher jedoch nichts ändern. Auch wenn am Mittwoch das erste Spiel in der Champions League bei Inter Mailand (21 Uhr/Dazn) ansteht. „Da wird es vor allem wichtig sein, dass wir sehr mutig spielen“, forderte Rose, der stattdessen auf einen Lerneffekt bei seinen Spielern setzt. „Es gibt natürlich Dinge, an denen wir arbeiten wollen, aber im Optimalfall erkennen wir auch, wie wir mit solchen Situationen umgehen müssen, ob wir humorlos klären oder den Gegner weiter bespielen müssen.“
Klar ist, dass Borussia nicht mehr allzu oft derart schludrig mit ihren Führungen umgehen darf. Sonst könnte die Enttäuschung über bereits vier verlorene Punkte noch deutlich größer werden. Und die Saison in der Champions League und Bundesliga zur echten Nervenprobe für Gladbach werden.