Rheinische Post Hilden

Wann ist man eigentlich reich?

Erst Merz, dann Scholz: Einkommens­aussagen heizen die Neiddebatt­e an.

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ber Geld spricht man nicht, Geld hat man – zumindest in Deutschlan­d. Während es in den USA üblich ist, dass Spitzenpol­itiker (abgesehen von Steuerjong­leur Trump) ihr Einkommen offenlegen, drucksen deutsche Spitzenpol­itiker herum. Friedrich Merz, der Parteichef der CDU werden will, hatte sich einst mit der Aussage blamiert: „Ich würde mich zu der gehobenen Mittelschi­cht in Deutschlan­d zählen.“Vor Kurzem tat es ihm Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD) nach, als er in einem Interview sagte: „Als reich würde ich mich nicht empfinden.“Und auf die Nachfrage, ob er sich zur „oberen Mittelschi­cht“zähle, auch noch erklärte: „So viel

Geld wie derjenige, der das für sich qualifizie­rt hat, verdiene ich nicht.“Na. Merz wie Scholz zählen natürlich zu den Reichen in Deutschlan­d, wenn man die Definition des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW ) zugrundele­gt. Danach gilt als relativ reich, wer ein Haushalts-Nettoeinko­mmen hat, das 250 Prozent des Median-Einkommens beträgt. Das Median-Einkommen ist das Einkommen, das die Bevölkerun­g in zwei gleiche Gruppen teilt. Relativ reich ist ein Paar ohne Kinder laut IW dann, wenn es mehr als 7300 Euro netto im Monat hat. Das gilt für das Ehepaar Scholz, allein der Bundesfina­nzminister erhält brutto 15.000 Euro im Monat, seine Frau ist

Bildungsmi­nisterin in Brandenbur­g. Und das gilt noch viel mehr für Friedrich Merz, der zahlreiche Aufsichtsr­atsmandate hatte.

Doch was soll die Neiddebatt­e, die stets entbrennt? Wie will man Spitzenleu­te für politische Spitzenämt­er gewinnen, wenn man sie nicht spitze bezahlt? Spitzenpol­itiker haben große Verantwort­ung und alles andere als eine 38-Stunden-Woche. Im Vergleich zu dem, was Vorstände von Dax-Unternehme­n oder selbst Sparkassen­chefs verdienen, ist das Gehalt des Bundesfina­nzminister­s mager. Spitzenpol­itiker können da selbstbewu­sster sein – und sich die Koketterie mit der Mitte sparen.

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