Vom Rhein nach Rijeka
Düsseldorferinnen stellen mit Kollegen in Kroatien aus – der Pandemie zum Trotz.
DÜSSELDORF Von den hochhausgroßen Hafenkränen geht es um ein paar Ecken, dann steht man vor der Glastür der Galerie Kortil im kroatischen Rijeka. Unauffällig ist sie in die Mauer neben dem Eingang zu einem Konzertsaal eingelassen, kaum zu ahnen, dass sich dahinter etwas Besonderes abspielt: Zu sehen ist eine der wenigen Ausstellungen in der von den Pandemie-Folgen gebeutelten europäischen Kulturhauptstadt 2020, zu der die deutschen Mit-Organisatoren angereist sind. Das Vorhaben stand bis kurz vor der Vernissage auf der Kippe, weil Teile Kroatiens auf einmal als Covid-19-Risikogebiet galten – allerdings mit Ausnahme von Rijeka.
„City and Transformation – Stadt und Veränderung“heißt die Schau mit Werken, die an Rhein und Adria entstanden, beziehungsweise am Fluss Rjecina (zu Deutsch Flaum), an dem Rijeka liegt. Kein Wunder, dass das Thema Wasser eine große Rolle spielt. Die Düsseldorfer Malerin Melanie Richter lässt auf ihren Bildern die unterschiedlichsten Blautöne ineinanderfließen – Oscillare heißt ihre jüngste Werkgruppe. Auf den Fotos der Neusserin Stefanie Minzenmay tummelt sich ein Fischschwarm in Pastelltönen, weiß abgesetzt sind die Münder der Wassertiere zu sehen. Schließlich leben und atmen nicht nur Menschen in den Städten am Wasser.
Die kroatischen Kollegen verstehen das Thema Veränderung auch politisch. So zeigt Slaven Tolj, künstlerischer Leiter des Kulturhauptstadtjahres Rijeka 2020, seine Arbeit „Interrupted Games“(„Unterbrochene Spiele“): Ein Squash-Ball, mit dem Kinder gespielt haben, sitzt eingefangen zwischen den Ornamenten einer korinthisch anmutenden Säule. Eine Metapher für das Leben, das während des Krieges aussetzte, der vor 30 Jahren in Jugoslawien ausbrach. Seinen Kollege Nemanja Cvijanovi interessiert dafür, wie das politische Engagement der Kroaten beeinflusst werden kann: Sein Video veranschaulicht, wie Menschen auf der Straße erst dann für die besseren Rechte von Arbeitern demonstrieren, nachdem sie zuvor dafür Geld erhalten haben.
Melanie Richter, Stefanie Minzenmay und Kurator Klaus Richter haben die Ausstellung zusammen mit den kroatischen Künstlern organisiert, zu denen auch Igor Eskinja und Nikola Uki (lebt und arbeitet in Düsseldorf) zählt. Vom Rhein reisten noch Kunstwerke von Vera Lossau im Speditionslastwagen nach Rijeka. Die Initiative für die internationale Ausstellung ging von Neuss aus, das schon seit 30 Jahren Partnerstadt von Rijeka und Ateliersitz der Düsseldorfer Künstlerinnen ist. Dort sollte die Schau bereits im Frühjahr starten und wurde wegen des Lockdowns auf 2021 verschoben.
Dass die rheinischen Künstlerinnen sich entschieden, zusammen mit ihren Werken nach Rijeka zu kommen, weiß der künstlerische Leiter des Kulturhauptstadtjahres 2020 auch als Akt der Solidarität zu schätzen. Denn die Kultur spielt für ihn eine große Rolle als Motor der Veränderung, die zu einer neuen Identität für Rijeka führen soll. „Die Stadt sucht eine Perspektive für die Zukunft. Der vorher bedeutende Hafen hat seine zentrale wirtschaftliche Position verloren“, erklärt Slaven Tolj.
Die Ausstellung „City and Transformation“soll 2021 auch in Neuss gezeigt werden. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, erhältlich im Kulturforum Alte Post und im Rathaus Neuss. Weitere Informationen, auch zum europäischen Hauptstadtjahr, das bis April 2021 verlängert wurde, gibt es online:
rijeka2020.eu