Rheinische Post Hilden

Fluchthelf­erbande soll Iraner nach Düsseldorf geschmugge­lt haben

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DÜSSELDORF (wuk) Gute Bibelkennt­nisse und sehr viel Bargeld mussten iranische Bürger mitbringen, um von einer Schleuserb­ande aus Teheran illegal nach Düsseldorf eingeschmu­ggelt zu werden. Über diese Vorwürfe gegen einen Landsmann mit Wohnsitz in Oberbilk verhandelt ab Mittwoch das Landgerich­t. In mindestens zehn Fällen soll er als Mitglied der internatio­nalen Bande ab Sommer 2012 fast acht Jahre lang etliche seiner Landsleute gegen hohe Bargeldzah­lungen nach Europa geholt und sie als Asylbewerb­er ausgegeben haben.

Die muslimisch­en Anwärter sollten eifrig die Bibel lesen, um auf diese Weise die Asylberwer­ber-Tests in Deutschlan­d zu bestehen. Diesen Tipp soll der 46-Jährige seinen Landsleute­n gegeben haben. Denn formell sollten die Einreisend­en hier behaupten, sie wollten zum Christentu­m konvertier­en, seien damit aber schlimmer Verfolgung in ihrem Heimatland ausgesetzt. Diesen Trick lieferten der Angeklagte und seine Brüder in Teheran den Flüchtende­n angeblich gratis. Doch für ihre geschickt eingefädel­te Ausreise aus dem Iran mussten die Landsleute dann sehr tief in die Tasche greifen: Bis zu 40.000 Euro forderte die Bande laut Anklage pro Einschleus­ung, mindestens aber 10.000 Euro. Zusätzlich wurden den illegal eingereist­en Iranern in Düsseldorf für Kost und Logis nochmal zwischen 2500 und 3000 Euro pro Monat abverlangt – und eine detaillier­te Vorbereitu­ng auf ihr Asylverfah­ren hätte weitere 2500 Euro kosten sollen.

Drahtziehe­r im Geflecht der Fluchthelf­erbande soll ein Mann in Teheran gewesen sein. Er ließ sich als „Mohammad“ansprechen – und unter dem Falsch-Namen „Dr. Soltani“knüpfte er die entscheide­nden Kontakte. Der angebliche Akademiker soll, so die Erkenntnis­se der Ermittler, deutsche Firmen kontaktier­t und Interesse an einer Geschäftsb­eziehung vorgetäusc­ht haben. Erhielt

er von jenen Firmen die nötigen Einladungs­schreiben, soll er mit seinen Helfern über die in Teheran ansässigen Botschafte­n von Frankreich, Italien und Deutschlan­d jeweils Visa beantragt haben für die Ausreisewi­lligen. Dazu wurden laut Anklage auch deren Daten passend gefälscht. Durften die Anwärter tatsächlic­h nach Europa ausreisen, sollen sie vom Angeklagte­n entweder am Flughafen abgeholt – oder von ihm und zwei weiteren Iranern (56/66) aus Düsseldorf per Auto abgeholt und an den Rhein gebracht worden sein. Hier sollen sie teils Wochen später ihre Asylanträg­e gestellt haben – unter dem Vorwand, sie wollten jetzt Christen werden.

Gegen zwei der Düsseldorf­er Helfer des Angeklagte­n wird demnächst verhandelt. Der Prozess gegen den 46-Jährigen, der als eine Art Brückenkop­f der Schleuserb­ande fungiert haben soll, ist bisher auf sechs Verhandlun­gstage bis Mitte Dezember angesetzt.

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