Bedarf an Rettern ist nicht mehr gedeckt
Der Rettungsdienst im Kreis Mettmann muss aufrüsten, vor allem personell. Die Zahl der Einsätze ist binnen vier Jahren um 45 Prozent gestiegen. Die Städte Hilden und Haan hoffen, im Frühjahr 2021 alle offenen Stellen im Rettungsdienst besetzen zu können.
HILDEN/HAAN Wenn ein Menschenleben in Gefahr ist, zählt jede Sekunde: Nach Absetzen des Notrufs 112 sollte es nicht länger als acht Minuten dauern, bis Sanitäter und Notarzt da sind. Immer wieder kommt es allerdings zu Verzögerungen. Der Grund: Die Retter sind schon anderweitig im Einsatz. Hilfe muss dann aus umliegenden Städten anrücken – und das kann länger dauern.
Der Bedarf an Rettungskräften im Kreis Mettmann hat enorm zugenommen. Mit rund 50.000 Notfällen, zu denen Rettungswagen 2019 kreisweit ausrücken mussten, lag die Zahl knapp 45 Prozent über der von 2015. Das entspricht einem Anstieg der Notfall-Zahlen um durchschnittlich elf Prozent pro Jahr. Die Zahlen der Einsätze mit Notarzt-Beteiligung sind ähnlich stark gestiegen.
Die Entwicklung zwingt Kreis und Kommunen, zusätzliche Fahrzeuge anzuschaffen und insbesondere mehr qualifiziertes Personal einzustellen. Der Mehrbedarf lässt sich auch nicht dadurch kompensieren, dass die Zahl der meist planbaren Krankentransporte im Kreis seit 2015 um etwa ein Drittel (von 30.000 auf 20.000) gesunken ist. „Unser Bedarf ist nicht mehr gedeckt“, sagt Dr. Arne Köster, der seit Juli 2013 „Ärztlicher Leiter Rettungsdienst“im Kreis Mettmann ist.
Um den Bedarf zu decken, müssten dringend mehr Notfallsanitäter ausgebildet und die dafür notwendigen Stellen geschaffen werden. Wegen der Steigerung der Einsatzzahlen wird die Bedarfsplanung für den Rettungsdienst im
Kreis nun vorgezogen. „Wir brauchen kreisweit etwa zehn Prozent mehr ausgebildete Notfallsanitäter“, sagt Arne Köster. Derzeit liege die Zahl der entsprechend qualifizierten hauptamtlichen Kräfte bei rund 600, dazu kommen einige Rettungssanitäter (Notfallsanitäter wird man erst nach drei Jahren Ausbildung).
In Hilden stieg die Zahl der Rettungsdiensteinsätze von 3003 (im Jahr 2016) auf 4530 (im Jahr 2019), berichtet Feuerwehr-Leiter Hans-Peter Kremer. 2,5 Rettungswagen sind im Einsatz: zwei rund um die Uhr sieben Tage die Woche, der dritte von montags bis freitags von 7 bis 19 Uhr. Dazu gebe es einen Krankenwagen, der montags bis freitags von 7 bis 19 Uhr im Dienst ist.
„Dieses System kann auch künftig so laufen“, sagt Kremer. Der Rettungsdienst wurde um 14 Stellen aufgestockt: „Wenn im April unsere Auszubildenden fertig sind, haben wir alle Stellen besetzt.“Allerdings muss die Feuerwache noch vergrößert werden. Dazu gebe es schon Ideen, aber noch keine Entwürfe.
In Haan sind zwei Rettungswagen im Einsatz: einer rund um die Uhr, der zweite laut Bedarfsplan zwölf Stunden. Tatsächlich aber nur acht Stunden, weil vier Stellen im Rettungsdienst aktuell nicht besetzt seien, sagt Feuerwehrleiter Carsten Schlipköter: „Wir haben Leute in der Ausbildung und hoffen, dass alle im Frühjahr 2021 fertig werden.“
2019 war der Haaner Rettungsdienst 3108 Mal im Einsatz, 2018 waren es 3061 Einsätze, berichtet stellvertretender Wehrführer Mirko Braunheim. Auch in Haan steige die Zahl der Rettungsdiensteinsätze seit Jahren kontinuierlich an. Ein neuer Brandschutzbedarfsplan ist in der Gartenstadt gerade in der politische Beratung. Schlipköter geht davon aus, dass deshalb auch mehr Personal nötig wird: „Es könnte sein, dass auch die Feuerwache vergrößert werden muss.“
Für den drastischen Anstieg der Rettungsdiensteinsätze gebe es mehrere Gründe, sagt Dr. Arne Köster, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im Kreis Mettman: „Gestiegen ist die Zahl der internistischen Notfälle.“Der Anteil der Älteren in der Bevölkerung sei höher als früher und Senioren hätten häufiger Notfälle. Köster weiß jedoch auch von „Bagatell-Einsätzen“zu berichten. Patienten wählten den Notruf 112 und dramatisierten dann ihre Lage, weil sie keine Lust hätten, auf einen Termin bei ihrem Hausarzt zu warten oder Geduld für den Bereitschaftsdienst aufzubringen. Das gehe dann zu Lasten derer, die wirklich auf Hilfe angewiesen sind. Der „Missbrauch“des Rettungsdienstes sei jedoch eine „absolute Ausnahme“, betont Köster.