Laschet: Kontakte drastisch reduzieren
Der Ministerpräsident bereitet die Bevölkerung auf weitere Einschränkungen vor, womöglich wie im März. Die Kanzlerin berät mit den Länderchefs. Befürchtet wird ein Kollaps der Krankenhäuser.
DÜSSELDORF/BERLIN Vor der Beratungsrunde der Länder-Regierungschefs mit Kanzlerin Angela Merkel an diesem Mittwoch hat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) vor einer Überlastung des Gesundheitssystems gewarnt. „Die Lage ist sehr, sehr ernst. Der November wird der Monat der Entscheidung“, sagte Laschet nach einer Sitzung des Landeskabinetts. Die Menschen müssten sich auf weitere Einschränkungen einstellen, wenn auch zeitlich befristet. Insbesondere private Feiern und Kontakte müssten bundesweit zurückgefahren werden, möglicherweise wie im März. Damals durften sich öffentlich noch zwei familienfremde Personen treffen.
Einen zweiten Lockdown hingegen will Laschet unter allen Umständen vermeiden. Schulen, Kitas und das wirtschaftliche Leben hätten Priorität. Ebenso sollten besonders schutzbedürftige Menschen wie Senioren Vorrang bei
Schnelltests und FFP2-Masken erhalten. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) rechnete vor, dass die Grenzen des Gesundheitssystems im Land Ende des Jahres erreicht sein könnten. Zuvor berichtete Laumann nach Angaben von Teilnehmern in einer internen CDU-Fraktionssitzung, dass die Beatmungsplätze in den Krankenhäusern bei der herrschenden Infektionsdynamik in NRW auch vorher schon belegt sein könnten. Für die Gesundheitsämter stellte die Landesregierung zusätzlich 25 Millionen Euro zur Verfügung.
Merkel warnte am Dienstag ebenfalls vor einem Zusammenbruch des deutschen Gesundheitssystems, sollten die Corona-Infektionszahlen weiter so drastisch steigen. Sorge mache ihr vor allem die Lage der Krankenhäuser, sagte Merkel Teilnehmern zufolge in der Unionsfraktionssitzung am Dienstag. Bei der Zahl der Patienten auf Intensivstationen gebe es alle zehn Tage eine Verdopplung. „Noch viermal Verdopplung, und das System ist am Ende“, sagte Merkel.
Die Äußerungen lassen darauf schließen, dass bei den Bund-Länder-Beratungen in einer Videokonferenz mit den Ministerpräsidenten scharfe Einschränkungen des öffentlichen Lebens zu erwarten sind, etwa beim Freizeit- und Kontaktsport sowie bei Veranstaltungen. In Regierungskreisen wurde von einem drohenden „kompletten Kontrollverlust“wie in EU-Nachbarstaaten gesprochen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erwartet, dass
Deutschland schon Ende der Woche 20.000 Neuinfektionen am Tag verzeichnen wird.
Wie ernst die Lage ist, machten auch die Intensivmediziner deutlich. Sie sorgen sich um Engpässe aufgrund des Ausfalls von Pflegekräften. „Die Krankenhäuser müssen den wahren Ist-Zustand melden, insbesondere wenn an einem Tag Pflegeausfälle bestehen und daraus Bettensperrungen resultieren“, sagte Christian Karagiannidis, wissenschaftlicher Leiter und Sprecher des Divi-Intensivregisters. Seine Gesellschaft müsse sich auf ehrliche Rückmeldungen verlassen können. Ziel des Registers ist es, die Verfügbarkeiten von Beatmungsbetten sichtbar zu machen.
Laschet will dem Vernehmen nach in den Beratungen darauf dringen, dass die Gastronomie möglichst nicht weiter eingeschränkt wird, wie aus Kreisen der Landesregierung verlautete. Einen solchen Vorstoß hatte Merkel unternommen. Kontrollen von Privatwohnungen erteilte Laschet erneut eine Absage.
Stimme des Westens