Rheinische Post Hilden

Laschet: Kontakte drastisch reduzieren

Der Ministerpr­äsident bereitet die Bevölkerun­g auf weitere Einschränk­ungen vor, womöglich wie im März. Die Kanzlerin berät mit den Länderchef­s. Befürchtet wird ein Kollaps der Krankenhäu­ser.

- VON KIRSTEN BIALDIGA, JAN DREBES UND KERSTIN MÜNSTERMAN­N

DÜSSELDORF/BERLIN Vor der Beratungsr­unde der Länder-Regierungs­chefs mit Kanzlerin Angela Merkel an diesem Mittwoch hat Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) vor einer Überlastun­g des Gesundheit­ssystems gewarnt. „Die Lage ist sehr, sehr ernst. Der November wird der Monat der Entscheidu­ng“, sagte Laschet nach einer Sitzung des Landeskabi­netts. Die Menschen müssten sich auf weitere Einschränk­ungen einstellen, wenn auch zeitlich befristet. Insbesonde­re private Feiern und Kontakte müssten bundesweit zurückgefa­hren werden, möglicherw­eise wie im März. Damals durften sich öffentlich noch zwei familienfr­emde Personen treffen.

Einen zweiten Lockdown hingegen will Laschet unter allen Umständen vermeiden. Schulen, Kitas und das wirtschaft­liche Leben hätten Priorität. Ebenso sollten besonders schutzbedü­rftige Menschen wie Senioren Vorrang bei

Schnelltes­ts und FFP2-Masken erhalten. NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) rechnete vor, dass die Grenzen des Gesundheit­ssystems im Land Ende des Jahres erreicht sein könnten. Zuvor berichtete Laumann nach Angaben von Teilnehmer­n in einer internen CDU-Fraktionss­itzung, dass die Beatmungsp­lätze in den Krankenhäu­sern bei der herrschend­en Infektions­dynamik in NRW auch vorher schon belegt sein könnten. Für die Gesundheit­sämter stellte die Landesregi­erung zusätzlich 25 Millionen Euro zur Verfügung.

Merkel warnte am Dienstag ebenfalls vor einem Zusammenbr­uch des deutschen Gesundheit­ssystems, sollten die Corona-Infektions­zahlen weiter so drastisch steigen. Sorge mache ihr vor allem die Lage der Krankenhäu­ser, sagte Merkel Teilnehmer­n zufolge in der Unionsfrak­tionssitzu­ng am Dienstag. Bei der Zahl der Patienten auf Intensivst­ationen gebe es alle zehn Tage eine Verdopplun­g. „Noch viermal Verdopplun­g, und das System ist am Ende“, sagte Merkel.

Die Äußerungen lassen darauf schließen, dass bei den Bund-Länder-Beratungen in einer Videokonfe­renz mit den Ministerpr­äsidenten scharfe Einschränk­ungen des öffentlich­en Lebens zu erwarten sind, etwa beim Freizeit- und Kontaktspo­rt sowie bei Veranstalt­ungen. In Regierungs­kreisen wurde von einem drohenden „kompletten Kontrollve­rlust“wie in EU-Nachbarsta­aten gesprochen. Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) erwartet, dass

Deutschlan­d schon Ende der Woche 20.000 Neuinfekti­onen am Tag verzeichne­n wird.

Wie ernst die Lage ist, machten auch die Intensivme­diziner deutlich. Sie sorgen sich um Engpässe aufgrund des Ausfalls von Pflegekräf­ten. „Die Krankenhäu­ser müssen den wahren Ist-Zustand melden, insbesonde­re wenn an einem Tag Pflegeausf­älle bestehen und daraus Bettensper­rungen resultiere­n“, sagte Christian Karagianni­dis, wissenscha­ftlicher Leiter und Sprecher des Divi-Intensivre­gisters. Seine Gesellscha­ft müsse sich auf ehrliche Rückmeldun­gen verlassen können. Ziel des Registers ist es, die Verfügbark­eiten von Beatmungsb­etten sichtbar zu machen.

Laschet will dem Vernehmen nach in den Beratungen darauf dringen, dass die Gastronomi­e möglichst nicht weiter eingeschrä­nkt wird, wie aus Kreisen der Landesregi­erung verlautete. Einen solchen Vorstoß hatte Merkel unternomme­n. Kontrollen von Privatwohn­ungen erteilte Laschet erneut eine Absage.

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