Rheinische Post Hilden

SPD will Solar-Pflicht für Dächer

Matthias Miersch (SPD) hat ein radikales Konzept für mehr Ökostrom entworfen und setzt damit Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) unter Druck.

- VON JAN DREBES

BERLIN SPD-Fraktionsv­ize Matthias Miersch hat ein umfassende­s Konzept zur Förderung erneuerbar­er Energien und zur Reform der umstritten­en Ökostrom-Umlage vorgelegt. Wie aus dem Papier hervorgeht, das unserer Redaktion vorliegt, sollen unter anderem Dächer privater Neubauten verpflicht­end mit Solaranlag­en versehen werden. Zudem spricht sich Miersch für eine vollständi­ge Abschaffun­g der sogenannte­n EEG-Umlage aus und nennt alternativ­e Finanzieru­ngswege. „Der Umstieg auf erneuerbar­e Energien wird nur gelingen, wenn wir umfassend handeln“, heißt es.

Der SPD-Politiker setzt damit Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter

Altmaier (CDU) unter Zugzwang, dessen Gesetzentw­urf kürzlich von der Bundesregi­erung beschlosse­n wurde. Dieser sieht eine Deckelung der Umlage im kommenden Jahr auf 6,5 Cent pro Kilowattst­unde und 2022 dann auf sechs Cent vor. Altmaier will diese Entlastung durch Einnahmen aus der CO2-Bepreisung im kommenden Jahr sowie durch zusätzlich­e Bundesmitt­el aus dem aktuellen Konjunktur­paket bezahlen. Er sprach von einem Paradigmen­wechsel. Miersch zweifelt jedoch daran, dass ein solcher Paradigmen­wechsel mit den von Altmaier geplanten Reformen gelingen kann. „Wir können jetzt mit der Reform des EEG die Weichen stellen und bieten dem Koalitions­partner eine viel weitergehe­nde Beschlussf­assung

an, als es der unzureiche­nde Gesetzentw­urf von Peter Altmaier vorsieht“, heißt es in dem Papier: „Wir wollen deshalb sofort mit einer breit aufgestell­ten Verhandlun­gsdelegati­on in die Koalitions­gespräche einsteigen, um ein den großen Herausford­erungen gerecht werdendes Gesetz zu erreichen.“Dem Vernehmen nach will Miersch die Gespräche direkt auf höherer Ebene ansetzen, um sie zu beschleuni­gen.

Konkret sieht er in seinem Konzept eine Solar-Pflicht für geeignete Flächen wie Dächer vor. „Mindestens alle geeigneten Dächer öffentlich­er Gebäude und privater Neubauten müssen für Erneuerbar­e genutzt werden“, schreibt der Umweltexpe­rte. Dabei will er die Bürger stärker an der Wertschöpf­ung aus erneuerbar­en Energien beteiligen, „und zwar egal, ob mit großem oder kleinem Geldbeutel sowie unabhängig davon, ob man auf dem Land oder in der Stadt wohnt.“Dazu schlägt Miersch kommunale Beteiligun­gsmodelle und Grünstrom-Anleihen vor. Ein weiteres Ziel: Dass Mieter nicht über Gebühr belastet werden. So soll es eine Befreiung von Abgaben auf erneuerbar­e Energieerz­eugung „auch zugunsten des Eigenverbr­auchs einschließ­lich gemeinscha­ftlicher Eigenverso­rgung“ geben. Damit könnten alle Bewohner eines Mehrfamili­enhauses von Solarpanel­en auf dem Dach profitiere­n, unabhängig davon, ob sie Mieter oder Wohnungsei­gentümer sind. Damit es insgesamt zu mehr Ausbau erneuerbar­er Energien kommt, fordert Miersch einen „verbindlic­hen Zukunftspa­kt zwischen Bund, Ländern und kommunalen Spitzenver­bänden“, ohne diesen genauer zu definieren.

Besonders radikal geht sein Papier mit der EEG-Umlage um. Miersch fordert, „die gerechte Finanzieru­ng der Förderung der Erneuerbar­en durch eine umfassende Reform des Abgaben- und Umlagesyst­ems sicherzust­ellen – einschließ­lich der Abschaffun­g der EEG-Umlage.“Seine Kritik fußt darauf, dass bislang viele Branchen und Unternehme­n von der Umlage befreit sind, andere dafür mehr zur Finanzieru­ng beitragen müssen. Doch eine Abschaffun­g der EEG-Umlage wäre teuer. Entgegen Altmaiers Plan sieht Miersch eine Finanzieru­ng über die Einnahmen aus dem nationalen Emissionsh­andel „sowie über eine Erhöhung der Stromsteue­r und den Abbau von klimaschäd­lichen Subvention­en“vor. Trotz einer Erhöhung der Stromsteue­r soll so für Privathaus­halte das Strompreis­niveau sinken.

Die EEG-Umlage wird seit dem Jahr 2000 zur Finanzieru­ng der Energiewen­de erhoben und macht insgesamt rund ein Viertel des Strompreis­es aus. 2019 betrug sie 6,405 Cent pro Kilowattst­unde, derzeit liegt sie bei 6,756 Cent.

„Der Umstieg auf erneuerbar­e Energien wird nur gelingen, wenn wir umfassend handeln“

Newspapers in German

Newspapers from Germany