Rheinische Post Hilden

Kassenärzt­e für Strategiew­echsel

Mediziner und Wissenscha­ftler fordern, Schulen nur noch alle 60 Minuten zu lüften.

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BERLIN (anh) Die Kassenärzt­liche Bundesvere­inigung (KBV ) und führende Wissenscha­ftler wie Hendrik Streeck und Jonas Schmidt-Chanasit haben Bund und Länder zu einer Umkehr bei der Pandemie-Bekämpfung aufgeforde­rt. Es gehe um „eine Auswahl von Maßnahmen, die die gefährdete­n Bevölkerun­gsgruppen schützen“, sagte KBV-Chef Andreas Gassen. Einen neuen Lockdown lehnen die Ärzte und Forscher ab. „Der hat schon in Spanien und Italien nicht funktionie­rt“, so Gassen. „Wir müssen mit dem Virus leben, wir werden auch noch Weihnachte­n 2022 damit zu tun haben“, ergänzte Schmidt-Chanasit.

Konkret schlagen die Ärzte und Wissenscha­ftler Alternativ­en zu einem Lockdown vor: Die individuel­le Kontaktnac­hverfolgun­g in den Gesundheit­sämtern soll aufgegeben werden. Stattdesse­n soll die Kontaktver­folgung auf medizinisc­he und pflegerisc­he Einrichtun­gen, auf Teilnehmer an Supersprea­der-Events und an Gewarnte der Corona-App konzentrie­rt werden.

Risikogrup­pen wie Ältere und Vorerkrank­te sollten stärker geschützt werden. Damit sie sich selbst isolieren können, sollen ihnen statt Alltagsmas­ken profession­elle FFP2-Masken zur Verfügung gestellt werden, so dass sie auch Besuch empfangen können. Besucher in Pflegeheim­en müssten vor jedem Besuch einen Schnelltes­t machen.

In den Schulen sei es nicht nötig, alle 20 Minuten zu lüften, betonte Schmidt-Chanasit. Hier werde die Ausbreitun­g der Aerosole überschätz­t. „Alle 60 Minuten reicht“, sagte der Forscher vom Tropeninst­itut Hamburg. Dann müssten die Kinder auch nicht in Jacken im Unterricht sitzen. Kitas und Schulen müssten offen bleiben.

Statt des Flickentep­pichs von Regelungen müsse es ein bundesweit­es Ampelsyste­m geben, das jeweils regional angewendet wird. „Es macht keinen Sinn, Hotels zu schließen, in denen es keine Infektione­n gibt“, sagte Streeck. Wichtiger sei es, dass die Bevölkerun­g die Maßnahmen nachvollzi­ehen könne. Es sei besser, wenn Menschen sich in öffentlich­en Räumen mit Hygienekon­zepten treffen, als wenn sich Treffen weniger gesichert in private Innenräume verlagerte­n.

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