„Die Gastronomen verzweifeln“
Nicht nur beim Branchenverband Dehoga ist die Sorge groß. Die Wirtschaft bangt.
DÜSSELDORF (gw/frin/rky/mar) Die Verschärfung der Corona-Maßnahmen hat in der Wirtschaft Sorgen und Kritik ausgelöst. „Die Wirtschaft lässt sich nicht wie eine Lampe ein- und abschalten, ohne dass es zu Schäden kommt“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Das Wirtschaftswachstum dürfte im vierten Quartal zum Erliegen kommen.
Gastronomen und Geschäftspartner der Branche hatten schon vor dem Treffen von Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten einen Brandbrief an die Kanzlerin geschrieben. Man befürchte, dass „Schließunen nur dazu führen, dass soziale Kontakte in Privaträume verlagert werden“. Die Branche würde dadurch abermals massiv geschwächt, ohne dass das Ziel der Kontaktreduzierung erreicht würde, argumentieren die mehr als 80 Unterzeichner. Die große Mehrheit von Gastronomen gehe „mit hohem Verantwortungsbewusstsein
mit den Vorgaben um“. Die Gastronomie sei kein Infektionstreiber. Laut dem Branchenverband Dehoga NRW hätten Gaststätten und Restaurants zudem Millionen Euro in Plexiglaswände, Filteranlagen und Heizanlagen für die Außengastronomie gesteckt. „Die Inhaber verzweifeln wegen dieser Entscheidungen“, sagte ein Sprecher. Der Chef der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Guido Zeitler, forderte unbürokratische Nothilfe über den November hinaus. „Für viele Betriebe im Gastgewerbe kommt der neuerliche Lockdown ohne schnelle Hilfe einem Todesstoß gleich“, sagte er unserer Redaktion.
Auch im Handel war die Sorge groß. Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands HDE, verlangte, die Politik müsse „Maß und Mitte wahren“. Die Händler hätten seit dem letzten Lockdown gezeigt, dass ihre Hygienekonzepte funktionieren. „Einkaufen ist auch in der Corona-Pandemie sicher“, so Genth. Die vom Bund vorgeschlagene Begrenzung von einem Kunden pro 25 Quadratmeter hätte aus Sicht des Verbands zu einem faktischen Lockdown geführt. Die Regelung wurde allerdings auf eine Person je zehn Quadratmeter abgemildert.
Auch für die Messebranche und den Tourismus sind die Beschlüsse ein Rückschlag. Bei der Kölnmesse will man nun beraten, wie man mit den Beschlüssen im Fall der einzelnen Veranstaltungen umgeht. Der Deutsche Reiseverband (DRV) macht hingegen deutlich, dass man nun auch Gegenleistungen von der Politik erwarte: „Wenn die Bundesregierung die Branche in den Lockdown zwingt, muss sie auch für die entsprechende wirtschaftliche Unterstützung der Branche sorgen“, sagt DRV-Präsident Norbert Fiebig.