Rheinische Post Hilden

Die Leistungen des Donald Trump

Er inszeniert sich als Macher, der knallhart amerikanis­che Interessen vertritt. Internatio­nal hat der US-Präsident damit viel Vertrauen verspielt. Doch für seine Anhänger hat er einiges durchgeset­zt.

- VON DOROTHEE KRINGS

WASHINGTON Donald Trump ist von Anfang an als einer aufgetrete­n, der mit den Gepflogenh­eiten bricht. Damit hat er gekonnt verschleie­rt, dass er selbst zum Establishm­ent gehört. Stattdesse­n inszeniert­e er sich als erfolgreic­hen Geschäftsm­ann, der frisch in die Politik tritt, in einfacher Sprache sagt, was Sache ist, über Twitter nah und direkt den Kontakt zu seinen Anhängern sucht, auf Experten pfeift, Mitarbeite­r holt und rausschmei­ßt, wie es ihm passt, Gegner mit üblen Beschimpfu­ngen überzieht. Einer, mit dem man sich nicht anlegen sollte.

Stil ist in der Politik nie nur Verpackung, weil es eine Wirkung hat, ob der Mann im höchsten Amt eines Staates versöhnlic­h auftritt oder bei Rassenunru­hen den Hass weiter schürt. Doch hat Trumps wildes Gebaren dazu geführt, dass das Wie seiner Auftritte wichtiger genommen wird als die Inhalte seiner Politik. Dabei werden die Wähler am 3. November auch seine Leistungen bewerten.

Es lohnt sich also zu betrachten, was Trump für seine Klientel erreicht hat. Beispiel Migrations­politik: Trump trat im Wahlkampf als Hardliner auf. Er versprach, eine „große, große Mauer“an der Grenze zu Mexiko zu bauen, die geschätzt elf Millionen Menschen ohne Papiere aus den USA abzuschieb­en. Darunter auch jene, die als Kinder in die USA gekommen waren, die sogenannte­n Dreamer, um deren Integratio­n sich Trumps Vorgänger Obama besonders bemüht hatte. Dazu verkündete Trump pauschal, Muslimen künftig die Einreise in die USA zu verweigern.

Alle drei Vorhaben nahm der Präsident sofort nach der Wahl mit viel Getöse in Angriff. Sein sogenannte­r Muslim-Bann verursacht­e Aufruhr und Chaos an den Flughäfen. Zunächst wurde er von mehreren Gerichten gekippt. Doch vor dem Obersten Gericht setzte Trump schließlic­h eine Obergrenze für Flüchtling­e und eine längere Liste mit Ländern durch, für die Einreise-Restriktio­nen gelten. Für seine Anhänger hat Trump damit geliefert. Der Mauerbau scheitert bisher zwar am Geld, unter anderem weil Mexiko sich weigert, für die eigene Ausgrenzun­g zu zahlen. Doch Trump hält auch an diesem Projekt fest und lässt bauen, soweit es die Finanzen zulassen.

In der Wirtschaft­spolitik kann Trump auf gute Zahlen verweisen. Ehe Corona alles veränderte, sank die Arbeitslos­enquote in den USA deutlich, die Wirtschaft wuchs, die Aktienkurs­e stiegen. Allerdings stieg auch die Verschuldu­ng der USA rasant, und der Aufschwung war nicht etwa von alter Industrie getrieben, die Trump wieder großzumach­en versproche­n hatte, sondern von den Hightech-Giganten aus dem Silicon Valley. Deren Umsätze und Börsenwert­e sind in den vergangene­n Jahren in sagenhafte Höhen gestiegen.

Zwiespälti­g ist auch die Bilanz zu Trumps Steuerrefo­rm. Die bietet zwar Entlastung in allen Steuergrup­pen, und man kann Trump zugute halten, dass er dieses Vorhaben überhaupt durchgebra­cht hat. Doch zeigt sich inzwischen, dass große Unternehme­n und Reiche von den Steuererle­ichterunge­n deutlich mehr profitiere­n. Außerdem geht die Rechnung ökonomisch nur auf, wenn die über Neuverschu­ldung finanziert­e Reform am Ende mehr Jobs und höhere Einkommen angeregt haben wird. Das ist angesichts der wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Krise mehr als fraglich.

Als Politiker, der um die Macht von Bildern und Schlagzeil­en weiß, betätigt sich Trump ohnehin lieber als Wirtschaft­skrieger. Er griff China an, kündigte sicher geglaubte Freihandel­sabkommen, verhängte Strafzölle auch gegen befreundet­e Nationen und die EU. Experten schätzen, dass dieses riskante Spiel den USA unter dem Strich keinen Ertrag gebracht, wohl aber die Beziehunge­n zu anderen Ländern vergiftet hat. Doch bei seinen Anhängern wird Trump als einer wahrgenomm­en, der die Interessen seines Landes knallhart vertritt, die Wirtschaft­smacht seines Landes ausspielt und vor allem – vor niemandem Respekt hat.

Dieses Muster findet sich auch bei Trumps Aktionen auf der Weltbühne. Als ein Politiker, der den menschenge­machten Anteil am Klimawande­l leugnet, trat er aus dem Pariser Klimaschut­zabkommen aus. Der Aufschrei kam ihm gerade recht. Auf eigenwilli­ge Art näherte er sich Nordkoreas Diktator Kim Jong Un an. Die Bilder von der Begegnung beider Männer gingen um die Welt, eine nukleare Auseinande­rsetzung hat Trump damals abgewendet. Allerdings ist das Friedensab­kommen mit Nordkorea nichts weiter als eine Absichtser­klärung, das Land ist weiterhin eine Nuklearmac­ht mit Interkonti­nentalrake­ten.

Aus anderen internatio­nalen Konflikthe­rden, etwa in Syrien oder Afghanista­n, zog sich Trump zumindest teilweise zurück, ohne Rücksicht auf das Vakuum, das er

hinterließ. Wichtiger als strategisc­he Überlegung­en scheint ihm zu sein, das Verspreche­n an seine Leute zu erfüllen, sich aus globaler Verantwort­ung und internatio­nen Gremien zurückzuie­hen. Trump begründet das immer auch mit den Kosten – America first!

Schließlic­h hat Trump mit der Ernennung der konservati­ven Katholikin Amy Coney Barrett einen dritten Lebenszeit-Posten am Supreme Court konservati­v besetzt. Ein Erfolg in letzter Sekunde vor der Wahl. Sein schlechtes Management der Corona-Krise wird das in der Wahrnehmun­g der Menschen wohl nicht wettmachen. Doch kann Trump bei einer Wiederwahl aufgrund dieser Personalie ein weiteres Vorhaben angehen, das ihm während seiner ersten Amtszeit nicht gelungen ist: die Abschaffun­g der allgemeine­n Gesundheit­sversicher­ung „Obamacare“. Wie die medizinisc­he Versorgung à la Trump aussehen würde, ist allerdings unklar. Die Pandemie hat brutal gezeigt, wie sehr die Gesundheit in den USA eine Frage der Einkommens­klasse ist. Jedenfalls hat sich die Stimmung gewandelt, viele frühere Gegner von Obamacare wollen sich dieses Minimum an Versorgung­ssicherhei­t nicht mehr nehmen lassen.

In jedem Fall wird Trumps Einfluss auf den Justizappa­rat durch die Besetzung der Richterpos­ten die innere Entwicklun­g der USA auch dann noch prägen, wenn der Mann, der mit allen Gepflogenh­eiten brach und den schlechten Stil zu seinem Markenzeic­hen machte, das Weiße Haus längst verlassen haben wird.

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FOTO: STEVE POPE/AFP Der amtierende US-Präsident Donald Trump bei einem Wahlkampfa­uftritt in Omaha, Nebraska.
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