Deutschland-Cup nur mit drei Teams
Trotz Corona-Pandemie soll in der kommenden Woche das Kleinturnier unbedingt stattfinden. Dafür nimmt der Deutsche Eishockey-Bund auch ein finanzielles Minus und ein verändertes Format in Kauf.
KREFELD Nach einem Jahr Pause und Monaten der Ungewissheit kommt die Nationalmannschaft erstmals zusammen. In Krefeld steht nächste Woche der Deutschland-Cup an – aber in abgespeckter Form.
Er hätte das große Comeback werden sollen, der Deutschland-Cup Anfang November in Krefeld. Das Lebenszeichen einer ganzen Sportart, die wie kaum eine andere unter der Corona-Krise leidet. Und die Voraussetzungen für den Deutschen Eishockey-Bund (DEB) schienen vor ein paar Monaten auch gar nicht schlecht. Die Infektionszahlen waren niedrig genug, um auf ein Turnier vor Fans zu hoffen. Die Gegner aus Russland, der Schweiz und der Slowakei garantierten Qualität. NHL-Star Leon Draisaitl ist gerade auf Heimatbesuch in Köln, und in Tim Stützle hat der kommende sogar eine Krefelder Vergangenheit.
Doch nun: Die Zahlen steigen, Zuschauer sind nicht erlaubt, Russland, Schweiz und Slowakei haben abgesagt, Draisaitls Auftritt scheitert an der Versicherung, Stützle ist verletzt. Wenn der Deutschland-Cup kommenden Donnerstag startet, sind gerade mal drei Teams dabei. Und das dritte ist auch noch das eigene Perspektivteam. Lediglich Lettland kommt von außen. Deswegen gibt es nun vier statt sechs Spiele. Jeder gegen jeden, am Sonntag sehen sich die beiden Ersten im Finale.
Das hat natürlich wenig mit dem Traditionsturnier zu tun, das der DEB seit 1987 veranstaltet. Und das in einer Sportart mit jährlicher WM einer der wenigen Termine ist, an dem das Nationalteam Heimspiele bestreitet – und Geld für den Verband verdient. Dieses Jahr klappt das nicht. Und dennoch ist das für den DEB ein Neustart. Sportlich, weil es ein Jahr her ist, dass die Nationalmannschaft zusammen war, aber auch insgesamt für das deutsche Eishockey, dessen erste Liga immer noch nicht spielt.
Natürlich hätte man das Turnier auch absagen können. Nur ein echter Gegner, keine Zuschauereinnahmen – da ist der Nutzen überschaubar. Zumal DEB-Präsident Franz Reindl von einem Verlust „im sechsstelligen Bereich“ausgeht. Doch das wäre zu kurz gedacht. Bei einem Ausfall, sagt Mario Hilbe, beim DEB für Events und Marketing zuständig, „wäre der wirtschaftliche und sportpolitische Schaden größer“. Schließlich muss man Sponsoren, TV-Partnern und Fans mal wieder etwas bieten. Auch der Politik wäre mit Blick auf Fördergelder schwer zu verkaufen, wenn 2020 gar nichts passiert.
Entsprechend hart hat der DEB für das Turnier gekämpft. Den Absagen – auch Norwegen stand mal auf der Liste und zog zurück – begegnete er stets mit neuen Teilnehmern. Die Spieler müssen teils aus der Kurzarbeit, die bei vielen Klubs vorherrscht, geholt werden. Und vor Ort leben die drei Teams nun abgeschottet voneinander, zu Beginn und während des Turniers werden sie getestet. Das sorgt für Extrakosten, aber die Gesundheit stehe an oberster Stelle, sagt Hilbe. Was auch pragmatische Gründe hat. Ein paar Corona-Fälle innerhalb der Teams, und die Mühe war umsonst.
Anstrengende Wochen und Monate hat auch Toni Söderholm hinter sich. Eigentlich war die DEB-Auswahl ja auf dem aufsteigenden Ast. Heim-WM 2017, Olympiasilber 2018, WM-Viertelfinale 2019, auch die Qualifikation für Olympia 2022 ist sicher. Doch dann zog die Pandemie
den Stecker. Monatelang war der Bundestrainer vor allem als Psychologe gefragt, führte unzählige Gespräche mit Spielern oder Trainern. Normalerweise ziehe er daraus Energie, erzählt der Finne, nun habe er die investieren müssen, um die anderen aufzubauen. Viele fürchteten um ihre Jobs. Auch Söderholm war lange zum Nichtstun verdammt. Und hatte Sorge, dass die Deutschen zurückfallen, wenn fast überall gespielt wird, nur hier nicht.
Deswegen sei er „unwahrscheinlich froh, dass es jetzt wieder los geht“, sagt Söderholm. Nicht nur mit Spielen, auch Training und Analysen seien wichtig. Das Team kommt extra schon am Sonntag zusammen, zwei Tage früher als sonst. Er müsse den Kader „jetzt auch Richtung WM im Auge haben“.
Ausschließlich mit Taktik und Reihenkombinationen wird sich Söderholm aber nicht beschäftigen können – auch in Krefeld muss er viele Gespräche über Zukunftsängste führen. Dabei helfen soll ein Sportpsychologe. So hofft der Bundestrainer nach harten Monaten auf einen „mentalen Switch“. Für die Spieler. Für den Verband. Und für das gesamte deutsche Eishockey.