Viel Kritik an neuem Lockdown
Vor allem Gastronomen und Kulturschaffende reagieren verärgert auf die Beschränkungen. Die IHK begrüßt zusätzliche Finanzhilfen.
DÜSSELDORF Die neuen Beschränkungen des gesellschaftlichen Lebens stoßen vor allem bei den Betroffenen auf großes Unverständnis. Der Lockdown trifft Gastronomen, Hotels, Kosmetikstudios sowie Theater, Oper und Konzerthäuser, die für einen Monat schließen müssen.
Der Gastronom und Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes in Düsseldorf, Giuseppe Saitta, sagt: „Das ist eine Katastrophe und nicht gerecht. Wir sind nicht der Übeltäter.“Nur ein Bruchteil der Infektionen sei auf die Gastronomie zurückzuführen. Zumal der Betrieb wie auch in den Hotels kontrollierbar sei, im Gegensatz zum Privaten. Gerade dort passierten aber die meisten Ansteckungen. Für seine Mitarbeiter gehe es wieder in Kurzarbeit, möglicherweise seien Personalkürzungen nötig. Die angekündigten Finanzhilfen sind laut Saitta „nur ein Strohhalm. Mal sehen, welche Auflagen damit verbunden sind.“
Kerstin Rapp-Schwan, die fünf Restaurants betreibt, prangert eine „Ping-Pong-Politik“an, die die Fakten missachte. „Es gibt keine Strategie, dieses Auf-zu-auf-zu ist unsäglich.“Schwarze Schafe in der Branche solle man hart bestrafen, aber die meisten Gastronomen hätten viel investiert und hielten die Regeln ein. Das Geschäft sei ohnehin seit zehn Tagen abgewürgt, da die Kanzlerin die Menschen aufgefordert habe, zu Hause zu bleiben. Der erneute Rückgang liege je nach Restaurant zwischen 50 und 70 Prozent. Nun müssten ihre 90 Mitarbeiter in Kurzarbeit.
Paul Meister hat nach dem Aus für Roberts Bistro erst am 10. Oktober den Neustart mit der Hafen-Meisterei gewagt. Dass er nun schließen muss, „ist unverhältnismäßig und richtig sch…“. Für die Mitarbeiter sei dies der moralische Nackenschlag. Er habe gerade erst für 5000 Euro ein Luftreinigungsgerät und für 1500 Euro Heizstrahler für die Terrasse gekauft. Das Kühlhaus sei voll fürs Gänseessen. „Jetzt hole ich Verpackungsmaterial und starte ein Gänse-Taxi. Es muss ja irgendwie weitergehen.“
Unverständnis herrscht auch bei den Kulturschaffenden. Tonhallen-Intendant Michael Becker ist tief enttäuscht, die Entscheider verlieren für ihn die Weisheit, die sie bislang größtenteils kennzeichnete. In Konzerthäusern oder Theatern habe sich noch niemand mit Covid-19 infiziert. Dagegen stünden exzellente
Hygienekonzepte. Wer keine Maske trage, werde notfalls von der Polizei herausgebracht, dies sei in der Tonhalle bereits passiert. „Dass wir nun ex negativo zur meidenswerten Gefahr erklärt werden und nicht zum dringend schützenswerten Teil der deutschen Wirtschaft, macht uns traurig.“Die Kulturwirtschaft sei über Monate ausgetrocknet worden und für viele sei dieser undifferenzierte Lockdown der Gnadenschuss. „Natürlich werden wir weiterhin Musik machen. Wir reißen auch das Haus nicht ab. Aber es fühlt sich so an.“
René Heinersdorff vom Theater an der Kö ergänzt, „dass diese unnötige Schließung den Steuerzahler
ein Vermögen kostet“. Schwer wiegt für ihn, dass das hart gewonnene Vertrauen wieder zerstört werde. Er habe in seine Theater 50.000 Euro investiert und frage sich, wofür eigentlich.
Der Geschäftsführer der Programmkinos, Nico Elze, hadert mit dem Lockdown. Die Zuschauerzahlen der vier Kinos sind gerade wieder nach oben gegangen, einen Infektionsfall gab es nicht – auch für die Kinos gilt ein Hygienekonzept. Darüber hinaus fragt Elze sich, was die Düsseldorfer im November machen sollen. Wirtschaftlich ist Corona ein schwerer Schlag. „Wir beenden das Jahr auf jeden Fall mit Verlust und müssen auf weitere Staatshilfen hoffen“, sagt Nico Elze. Um den ersten Lockdown im Frühjahr zu überstehen, hatten die Gelder aus den Hilfsfonds nicht gereicht. Mitarbeiter waren in Kurzarbeit gegangen oder verzichteten auf Gehalt, außerdem mussten die Kinos das Geld aufbrauchen, das für eine Sanierung des Metropol-Kinos angespart worden war.
Ebenfalls vom Lockdown betroffen sind die Kosmetikstudios, was Alexander Konrad, Sprecher der Handwerkskammer, nicht nachvollziehen kann. „Ich kann keinen Unterschied zu den Friseuren entdecken, die aufbleiben“, sagt Konrad. Erleichtert ist immerhin Peter Achten, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes