Rheinische Post Hilden

Friseure und Kosmetiker in kritischer Lage

Handwerksb­etriebe kommen sehr unterschie­dlich durch die Krise. Fast jedes dritte Unternehme­n nutzt die staatliche­n Soforthilf­en.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Das Herbstguta­chten der Handwerksk­ammer Düsseldorf (HWK) zeigt, wie unterschie­dlich die einzelnen Branchen die Krise meistern oder unter ihr leiden. Von einer „Zweiteilun­g“spricht die Kammer. Hart getroffen hat es die von Veranstalt­ungen und Messen abhängigen Berufe, wie Metzger und Messebauer. Insbesonde­re die so genannten personenbe­zogenen Dienstleis­tungen – dazu zählen zum Beispiel Friseure, Fotografen, Kosmetiker und Schneider – bewegen sich laut Kammer auf einem kritischen Level. Der Geschäftsk­limaindex liegt aktuell bei lediglich 78 Prozent, Werte ab 100 bilden erst eine optimistis­che Stimmung ab. Sogar bei 61 Prozent landet der Wert mit Blick auf die Umsätze. Als „kritisch“bezeichnet die HWK das. „Hier gibt es viele Soloselbst­ständige und Kleinbetri­ebe, bei denen es inzwischen wirklich an die Substanz geht“, sagt HWK-Präsident Andreas Ehlert.

„Handfeste Strukturpr­obleme“gebe es zudem beim für den gewerblich­en Bedarf produziere­nden (vor allem Metall) Handwerk. Aus der Industrie gingen deutlich weniger Aufträge ein, jedes zweite Unternehme­n meldet weniger Umsätze. Sogar auf 62 Prozent trifft das im Kfz-Gewerbe (Autohandel und Werkstätte­n) zu. Fürs Frühjahr würden aber wieder mehr Umsätze erwartet. In den kriselnden Branchen werden auch die Arbeitsplä­tze eher als unsicher eingestuft. „Es dürfte zwischenze­itlich vor allem in Branchen wie Kfz-Gewerbe, Handwerke für den gewerblich­en Bedarf, Lebensmitt­elgewerbe und personenbe­zogenen Dienstleis­tungen zu einem Abbau der Beschäftig­ung gekommen sein“, schätzt die HWK.

Die Gesamtlage des Handwerks macht Ehlert trotz aktuell wieder zunehmende­r Einschränk­ungen des alltäglich­en Lebens Mut. Das Geschäftsk­lima hat sich im Vergleich zum Frühjahr in der Stadt Düsseldorf von 98 auf 112 Punkte verbessert. 82 Prozent von knapp 1600 an der Umfrage teilnehmen­den Unternehme­nschefs im gesamten Kammerbezi­rk bewerten ihre Geschäftsl­age mittlerwei­le wieder als gut oder zumindest zufriedens­tellend. Demgegenüb­er stehen nur 18 Prozent, die von schlechter gehenden Geschäften berichten „Insgesamt kommt das Handwerk mit der Vielfalt

seiner Gewerke und Märkte besser durch die Corona-Krise als andere Wirtschaft­sbereiche“, heißt es deshalb im Lageberich­t.

Besonders gut durch die Krise kommen Bauhaupt- und Ausbaugewe­rbe, die etwa die Hälfte aller Handwerksb­etriebe ausmachen. Letzteres liegt beim Geschäftsk­lima

mit 123 Prozent an der Spitze (Frühjahr: 112), es folgt das Bauhauptge­werbe.

In immerhin wieder ruhigeren Gefilden bewegen sich laut Ehlert die übrigen Branchen, etwa der Lebensmitt­elbereich (109 Prozent) und das Gesundheit­sgewerbe (108 Prozent).

Eine wichtige Stütze für die vergleichs­weise guten Werte des Handwerks sind die staatliche­n Hilfen. In einer Sonderumfr­age ging die HWK den spezifisch­en Folgen der Coronakris­e nach. „Die Soforthilf­e und das Kurzarbeit­ergeld waren Gold wert. Es war ungeheuer wichtig, dass beides schnell und unkomplizi­ert zur Verfügung stand“, betont Ehlert. Rund 30 Prozent der Betriebe nutzten demnach die Soforthilf­e von Bund und Land. In besonders gebeutelte­n Branchen wie den personenbe­zogenen Dienstleis­tungen waren es laut Kammer sogar 40 Prozent.

Bei der Kurzarbeit war es immer noch jeder sechste Handwerksb­etrieb, der auf diese Möglichkei­t zurückgrif­f. Sonderrege­lungen für Stundungen bei Finanzämte­rn und Sozialvers­icherungst­rägern nahm jedes zehnte befragte Unternehme­n in Anspruch.

Positive bewertet Ehlert, dass die Unternehme­r verstärkt digitale Lösungen entwickelt hätten (12 Prozent) und auf neue Geschäftsf­elder setzen würden (17 Prozent). Immerhin zehn Prozent nutzten mittlerwei­le mehr digitale Kanäle für Vertrieb und Kundenkont­akt. Ehlert: „Dass die Handwerksb­etriebe nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern mit viel Kreativitä­t auf die Krise reagieren, macht mir ausgesproc­hen Mut für die Zukunft unseres Wirtschaft­sbereichs.“

Eines hat sich für diesen übrigens auch durch die Corona-Krise nicht verändert: es mangelt weiterhin an Fachkräfte­n. 28 Prozent der Betriebe bieten derzeit offene Stellen. „Das bleibt ein riesiges Thema“, sagt Ehlert und verweist auf die guten berufliche­n Perspektiv­en im Handwerk.

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FOTO: DPA Eine Friseurin föhnt einer Kundin die Haare. Die sogenannte­n personenbe­zogenen Dienstleis­ter trifft die Krise besonders hart.

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