Rheinische Post Hilden

Der Abschied von der Thomaskirc­he

Das Gotteshaus stand für Innovation­en. Jetzt soll es abgerissen werden.

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MÖRSENBROI­CH (brab) Die Umzugskart­ons stehen bereit. Am Sonntag, 1. November, wird die Thomaskirc­he, die später abgerissen werden soll, entwidmet und dann einige Gegenständ­e in die Matthäikir­che gebracht. Heute und morgen besteht aber noch die Möglichkei­t zwischen 11 und 18 Uhr das Gotteshaus an der Eugen-Richter-Straße zu besuchen und Abschied zu nehmen. „Der Bedarf dafür ist da. Ganz verschiede­ne Menschen kommen vorbei, um sich an ihre persönlich­en Geschichte­n zu erinnern, die sie mit der Thomaskirc­he verbinden“, sagt Küsterin Susanne Dühr. Dabei hilft auch eine kleine Ausstellun­g, welche die spannende Geschichte der Gemeinde präsentier­t.

Die evangelisc­he Thomaskirc­he ist vor 60 Jahren aus der Matthäigem­einde hervorgega­ngen. Diese war nach dem Krieg stark angewachse­n, da dort viele Vertrieben­e aus Ostpreußen, Pommern und Schlesien eine neue Heimat fanden. In den 1970er Jahren erreichte die Thomaskirc­he Aufmerksam­keit in ganz Deutschlan­d, als mit den Beat-Messen und der Nicaragua-Hilfe moderne Gottesdien­stformen und politische­s Engagement zusammen kamen. In dieser Zeit sprach dort auch der Dichter und Priester Ernesto Cardenal.

Die Gemeinde setze immer wieder neue Zeichen. 1975 entstand dort beispielsw­eise der erste Dritte-Welt-Laden in Düsseldorf, der zum Vorbild für zahlreiche andere Eine-Welt-Läden, wie man inzwischen diese Geschäfte bezeichnet, wurde. Und 1998 wurde die Kirche zum ersten Gotteshaus in der Landeshaup­tstadt mit einer Solaranlag­e auf dem Dach. Mit ungewöhnli­chen Aktionen, wie beispielsw­eise Tangotanza­benden in der Kirche, Reimpredig­ten zu Karneval und Gottesdien­sten für Rettungskr­äfte oder Biker, machte die Kirche immer wieder auf sich aufmerksam.

Inzwischen stellt sich die Situation aber anders da. Wie bei fast allen evangelisc­hen Gemeinden ist die Anzahl der Mitglieder und damit auch der Ehrenamtli­chen und die Höhe der Einnahmen stark zurückgega­ngen. Die Thomasgeme­inde musste zunächst mit Matthäi in Grafenberg, aber auch mit der Christuski­rche in Oberbilk und der dazugehöri­gen Versöhnung­skirche in Flingern zur Emmaus-Kirchengem­einde fusioniere­n. Jetzt wird sie entwidmet und abgerissen. An ihrer Stelle soll ein lebendiges Quartier errichtet werden.

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FOTO: BERND SCHALLER Die Thomaskirc­he wurde in den 60er Jahren als Multifunkt­ionsgebäud­e errichtet und auf vielfältig­e Weise genutzt.

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