Rheinische Post Hilden

„Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel“

Der Betreiber des „Lux“, Friedrich Gerber, spricht über den zweiten Lockdown und die Auswirkung­en auf ihn und sein Kino.

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Mit dem Lockdown habe ich schon lange gerechnet. Ich verfolge natürlich die Zahlen, die immer schlechter wurden. Es war schnell klar: Irgendetwa­s muss passieren, damit wir die Corona-Pandemie in den Griff bekommen. Als Kinobetrei­ber bin ich jetzt allerdings an einem Punkt angekommen, an dem es heißt: Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Die Einnahmen und die staatliche­n Corona-Hilfen unterstütz­en uns bisher bei den laufenden Ausgaben, die Mitarbeite­r sind in Kurzarbeit. Wir machen dadurch keine Verluste. Das ist toll, aber meine persönlich­en Kosten für Wohnung und Essen können damit nicht bezahlt werden. Zum Glück haben wir noch Rücklagen. Deswegen bin ich mir sicher, dass das Lux-Lichtspiel­haus auch einen zweiten Lockdown überlebt. Trotzdem ist er eine Katastroph­e für uns. Und am Ende völlig sinnlos. Denn das, was da in Berlin beschlosse­n worden ist, ist lediglich ein ,Lockdown light‘. Und dadurch gibt es auch nur einen ,Erfolg light‘. Die langfristi­ge Wirkung bleibt aus. Wenn wir etwas erreichen möchten, müssen die Maßnahmen drastisch verschärft werden. Momentan soll nur geschlosse­n werden, was in der Masse nicht großartig wehtut.

Den Sinn hinterfrag­t keiner. Nur ein Beispiel: Meines Wissen gibt es keinen Fall, in dem sich ein Mensch im Kino mit dem Coronaviru­s infiziert hat. Und zwar nicht ohne Grund. Bei uns im Kino wird durch die Lüftungsan­lagen dreimal pro Stunde die komplette Luft ausgetausc­ht. Davon können Kitas oder Schulen nur träumen. Kitas und Schulen bleiben aber geöffnet, damit die Eltern weiter arbeiten gehen können – aber eigentlich sollte auch hier angesetzt werden. Damit wir die Pandemie endlich in den Griff bekommen.“

 ?? FOTO: TEPH ?? Nach fünf Monaten Pause konnte Friedrich Gerber Ende August seine Kinosäle unter besonderen Hygiene-Bedingunge­n wieder für Besucher öffnen.
FOTO: TEPH Nach fünf Monaten Pause konnte Friedrich Gerber Ende August seine Kinosäle unter besonderen Hygiene-Bedingunge­n wieder für Besucher öffnen.

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