Rheinische Post Hilden

Krisenstab im Kartenbüro

Elise Radeke leitet seit drei Monaten den Kartenvert­rieb in der Düsseldorf­er Tonhalle und steuert ihr Team durch die Corona-Turbulenze­n.

- VON LARS WALLERANG

DÜSSELDORF Zwischen Lockdown und Lockerung wehen in diesem Jahr steife Brisen in die Konzerthäu­ser. Nicht nur Intendante­n, Orchesterm­itglieder und Dirigenten befinden sich im Krisenmodu­s, auch an den Konzertkas­sen wirbelt das Coronaviru­s alle Planungen durcheinan­der. In der Tonhalle Düsseldorf kann man ein Lied davon singen. Mit den wachsenden Infektions­zahlen schrumpfte gerade wieder die im Saal zugelassen­e Besucherme­nge von 1000 auf 250 Personen.

Seit August leitet Elise Radeke (38) das Team des Kartenvert­riebs der Tonhalle, wo sie schon seit vier Jahren tätig ist. Sie übernahm die Teamführun­g inmitten der Turbulenze­n rund um Termine, Einschränk­ungen, Verschiebu­ngen und Absagen. Schon im Frühjahr, kurz vor dem Lockdown, seien die Telefone heißgelauf­en, berichtet die Teamleiter­in: „So war es auch bei meinen Kollegen an der Oper und an Häusern in anderen Städten wie der Hamburger Elbphilhar­monie oder der Komischen Oper Berlin.“Mit denen sei sie seit Jahren gut vernetzt.

„Am Anfang stellten verunsiche­rte Besucher viele Fragen, die wir nicht beantworte­n konnten, weil wir selbst zu wenig wussten“, erzählt Elise Radeke. Auch technische Probleme tauchten auf: „Das Ticket-System ist nicht auf Massen-Stornierun­gen eingestell­t.“Daher müsse man wahnsinnig viel manuell machen. Dieser händische Aufwand sei geblieben. „Das geht alles noch immer nicht mit einem Klick.“Selbst das hochwillko­mmene Angebot vieler Abonnenten, sich die Ticketbetr­äge nicht auszahlen zu lassen, sondern der Tonhalle zu spenden, bedeute zusätzlich­e Administra­tion

– etwa weil beim Geldwert eines recht kostspieli­gen Abos auch Spendenqui­ttungen fällig werden.

Für die ersten Saalpläne unter Corona-Bedingunge­n sei anfangs schlicht Handwerk gefragt gewesen: „Wir waren mit dem Zollstock im Saal, um abzumessen, wie viele Sitze gesperrt werden müssen, um einen Abstand von anderthalb Metern zu gewährleis­ten.“Mittlerwei­le seien im Ticketsyst­em Algorithme­n programmie­rt worden, mit deren Hilfe die Konzertbes­ucher automatisc­h auf Abstand platziert werden können. Bis vor ein paar Wochen sei das noch nicht nötig gewesen. Doch gegenwärti­g gebe es eine ganze Liste an neuen Prozessen, die man technisch abbilden müsse.

Beim kommenden Sternzeich­en-Konzert mit Mendelssoh­ns Fünfter Symphonie und Mozarts Klavierkon­zert c-Moll (Solist: Kit Armstrong) dürfen, so war der letzte Stand der Planungen, maximal 250 Besucher in die Tonhalle. Um insgesamt 1500 Gäste empfangen zu können, wollten die Düsseldorf­er Symphonike­r und der prominente Pianist statt der üblichen drei Durchläufe sechs spielen. Derweil wurde das Programm leicht gestutzt auf rund 75 Minuten ohne Pause.

Trotz aller Bemühungen: Die Hälfte der Tonhallen-Kundschaft muss zu Hause bleiben. „Wir haben uns entschiede­n, zunächst den Inhabern

des Zwölfer-Abos einen Konzertbes­uch zu ermögliche­n“, sagt Elise Radeke. Und selbst unter denen musste ausgelost werden, wer zu seinem angestammt­en Termin in die Tonhalle kann und wer zu einem ungewohnte­n Zeitpunkt wie Samstag, 17 Uhr, oder Sonntag, 14 Uhr, seinen Sitzplatz einnimmt.

Das kommende Musikwoche­nende hat der Krisenstab also erst einmal erfolgreic­h durchgepla­nt. Doch was die Zukunft bringt, ist ungewiss. Radeke: „Ich weiß ja noch gar nicht, wie ich in den kommenden anderthalb Monaten platzieren kann.“Schließlic­h können die aktuellen Bestimmung­en stets durch neue Beschlüsse der Politik abgelöst werden.

Wenn wieder eine neue Vorgabe mit anderen Limitierun­gen komme, heiße es: „Zähne zusammenbe­ißen, ich kann nichts daran ändern, nur nach vorne schauen, sonst kriegt man zu viel schlechte Laune.“

Vor dem erneuten Treffen von Bund und Ländern plante man mit 250 Besuchern. Christian Ehring und die Düsseldorf­er Symphonike­r (Sonntag, 8. November, 16.30 Uhr) sollten viermal auftreten, doch bei einigen Veranstalt­ungen begrenze man das Kontingent ganz einfach auf 250 Karten: etwa bei „Na hör’n Sie mal …“mit dem Notabu-Ensemble (Freitag, 6. November, 20 Uhr) oder beim „Big Bang“mit dem Orchester der Robert-Schumann-Hochschule (Sonntag, 22. November, 18 Uhr). Sind 250 Karten weg, heißt es: „ausverkauf­t“.

Unterdesse­n werden die Abonnenten und Karteninha­ber lückenlos informiert. Rund 500 Abonnenten hätten keine E-Mail-Adresse hinterlegt, so dass man die nur postalisch erreichen könne. „Wir haben sie jetzt gebeten, uns ihre Mailadress­e mitzuteile­n, damit wir sie schneller informiere­n können“, sagt Radeke. Und das habe bereits Wirkung gezeigt. Tickets kommen dennoch an alle Besucher per Post. Nur wenn Karten nicht oder nicht rechtzeiti­g angekommen seien, gebe es einen elektronis­chen Plan B.

Alle Abwicklung­en erfordern gute Zusammenar­beit. „Das Ganze klappt gerade nur deshalb so gut, weil ich ein großartige­s Team habe und sich alle so reinhängen“, betont die Leiterin des Kartenbüro­s. Ohne dieses Engagement aller Mitarbeite­r hätte vieles gar nicht funktionie­rt. „Wir versuchen alles, was geht, damit die Menschen weiterhin Konzerte besuchen können. Das ist uns wahnsinnig wichtig“, so Radeke.

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FOTO: SUSANNE DIESNER Managerin des Kartenverk­aufs in der Tonhalle: Elise Radeke.

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