Wind ist der bedeutendste Träger erneuerbarer Energien in Deutschland, aktuell gibt es mehr als 30.000 Windräder an Land und auf See. Anwohner können sich an sogenannten Bürgerwindparks beteiligen.
Mit einer Gesamtleistung von über 61,4 Gigawatt überholte die Windkraft im letzten Jahr die Braunkohle und wurde damit erstmals zur wichtigsten Energiequelle des Landes. Von der installierten Leistung her haben küstennahe Bundesländer wie Niedersachsen und Schleswig-Holstein die Nase vorn, doch auch in Nordrhein-Westfalen ist Windenergie auf dem Vormarsch.
Laut Erhebungen des Deutschen Windenergie Instituts und der Deutschen WindGuard GmbH wurden im vergangenen Jahr in NRW 45 neue Anlagen erbaut, die über eine Gesamtleistung von 151 Megawatt verfügen. Insgesamt gab es damit Ende 2019 insgesamt 3767 Windräder mit einer kumulierten Leistung von 5920 Megawatt.
Wer große Energieanlagen vor die Tür gesetzt bekommt, sollte jedoch mitbestimmen dürfen und von den Stromerlösen profitieren. Genau darum geht es bei Bürgerwindparks. Anwohner oder Interessierte können sich an Unternehmen beteiligen, die Windparks in der Region bauen und betreiben. „Die meisten Bürgerenergieprojekte im Windbereich werden in der Rechtsform der GmbH & Co. KG realisiert“, weiß Romy Simke von der EnergieAgentur.NRW. Die GmbH-Gesellschafter sind die Initiatoren des Projekts und übernehmen die Geschäftsführung. „Die Kommanditisten hingegen haften nur in Höhe ihres eingelegten Kapitals ohne Mitwirken an der Unternehmensleitung.“So können Bürger Kapital ohne Haftungssorgen zur Verfügung stellen. Sie erzielen bei begrenztem Kapitaleinsatz eine Rendite über Gewinnausschüttungen, allerdings unter dem Risiko des Kapitalverlusts.
Bei der Errichtung neuer Windparks können Bürger darüber hinaus eine Pacht erhalten, wenn sich Windenergieanlagen oder zugehörige Begleitinfrastrukturen auf ihrem Grundstück befinden. „Zusätzlich können Anwohnerboni in das Flächenpachtmodell integriert werden“, erklärt Simke. „Diese ermöglichen, dass ein prozentualer Anteil der Pachtzahlungen an Anwohner in direkter Nähe zum Windpark gezahlt wird.“Dazu bieten die Betreiber der Windparks oftmals einen günstigen Ökostromtarif oder Bonus auf die Stromrechnung für Anwohner in einem bestimmten Radius um den Windpark an. „Dieses Angebot ist für Bürger umso interessanter, je attraktiver der angebotene Strompreis ist – und zwar nicht nur im Vergleich zum Grundversorgertarif, sondern auch zu anderen günstigen Ökostromtarifen“, betont die Expertin. „Soll hingegen die Allgemeinheit am Standort einer Erneuerbaren-Energie-Anlage profitieren, haben Anlagenbetreiber die Möglichkeit, Bürgerstiftungen finanziell zu unterstützen oder einen Teil der Gewinne an andere gemeinnützige Einrichtungen vor Ort zu spenden.“
Im Bürgerenergie.Atlas der EnergieAgentur.NRW finden sich derzeit 94 Bürger-Windprojekte in NRW. Ein aktuelles Beispiel aus diesem Jahr ist der Bürgerwindpark Schöppingen-Strönfeld GmbH & Co.KG im Münsterland. Neben den Gründungskommanditisten, unter denen Flächeneigentümer des Windparks sind, konnten sich Bürger aus dem räumlichen Umkreis mit mindestens 2500 Euro beteiligen. Dabei waren Anwohner aus einem Umkreis von eineinhalb Kilometern zu den jeweiligen Windenergieanlagen vorrangig zeichnungsberechtigt. Die sonstigen Bürger der Gemeinde Schöppingen wurden durch ein Losverfahren ausgewählt. Innerhalb von vier Wochen konnten so die benötigten Kommanditanteile gezeichnet werden.
Neue Anlagen werden auch im Rheinischen Revier gebaut. Wo noch vor wenigen Jahren Schaufelradbagger Braunkohle förderten, drehen sich auf neu angelegten Äckern und Feldern Windparks der RWE. Die Rekultivierungsflächen seien gut geeignet für den Ausbau der erneuerbaren Energien, heißt es seitens des Energieversorgers. Bereits seit Jahren drehen sich im Windpark Jüchen vier Anlagen auf der Fläche des Tagebaus Garzweiler. Zwei Anlagen betreibt die RWE, die anderen die Windpark Jüchen GmbH & Co. KG, an der sich die BürgerEnergie eG, die Stadtwerke Jüchen und Mitarbeiter von RWE beteiligt haben.
Derzeit im Bau befindet sich der Kooperationswindpark Jüchen mit sechs Windkraftanlagen an der A44n, an dem sich die Stadt Jüchen mit etwa einem Viertel beteiligt. Vor Kurzem hat auch die Stadt Bedburg die Beteiligung an der Erweiterung des Windparks Königshovener Höhe beschlossen. Errichtet wird der Park durch die RWE Renewables GmbH auf dem Gebiet der Stadt. Fünf Windräder sollen 800.000 Euro im Jahr erwirtschaften und die neue Ressourcenschutzsiedlung direkt versorgen.