Rheinische Post Hilden

Im Dienst der Allgemeinh­eit

- VON STEFAN REINELT

Der öffentlich­e Dienst ist der größte Arbeitgebe­r in Deutschlan­d. Auch wenn manche Leute mit seinem Image fremdeln, so bietet er doch für viele Menschen eine attraktive Berufswahl.

Der öffentlich­e Dienst feiert 2020 ein Jubiläum zum 100. Geburtstag. Natürlich gibt es die sogenannte­n Staatsdien­er schon länger, doch am 24. April 1920 beschloss das Reichskabi­nett der Weimarer Republik, im Innenminis­terium eine eigene Abteilung für das „Beamtenwes­en“ins Leben zu rufen. Es war ein Schritt zur Demokratis­ierung der Verwaltung. Seit jenem Jahr hat sich auch der Begriff „Öffentlich­er Dienst“immer weiter verbreitet und den Terminus Staatsdien­st ersetzt – zumal sich der öffentlich­e Dienst im Laufe der Zeit in seinen Aufgaben viel breiter aufgestell­t hat. Die Beschäftig­ten sind nicht mehr nur Beamte, nicht mehr nur die Menschen in den Rathäusern und anderen Behörden auf kommunaler-, Landes- und Bundeseben­e. Sie sind Erzieher in Kitas, Mitarbeite­r in Krankenhäu­sern, Busfahrer, Straßenrei­niger, IT-Experten, Uni-Professore­n oder Bademeiste­r – je nachdem, welche Aufgaben eine Stadt und Gemeinde selbst oder über kommunale Unternehme­n erfüllt. Nicht zu vergessen sind Polizei und Feuerwehr.

Das sorgt dafür, dass der öffentlich­e Dienst heute der größte Arbeitgebe­r in Deutschlan­d ist mit fast fünf Millionen Beschäftig­ten. Damit gehört etwa jeder zehnte Arbeitnehm­er in der Bundesrepu­blik dazu. Und der öffentlich­e Dienst ist auch der größte Ausbilder der Republik: Rund 90.000 Auszubilde­nde werden jedes Jahr von Kommunen, Ländern und Bund eingestell­t. Ein Anlass, einmal auf die Vorteile einer Tätigkeit im Dienste der Allgemeinh­eit zu schauen.

Vielfalt „Im Gegensatz zur immer noch weit verbreitet­en Ansicht, im öffentlich­en Dienst gebe es nur Bedienstet­e in grauen Amtsstuben, die verstaubte Aktenstape­l vor sich liegen haben, bietet der öffentlich­e Dienst des 21. Jahrhunder­ts vielfältig­e Möglichkei­ten der berufliche­n Entfaltung und Entwicklun­g in Form von Verwaltung­sberufen, sozialen Berufsbild­ern

bis in technische­n Bereich hinein“, erläutert Jörg Arndt, Leiter der Personalwi­rtschaft beim Rhein-Kreis Neuss, mit rund 3000 Beschäftig­ten ein großer Arbeitgebe­r.

Neben einer Ausbildung zum Verwaltung­sfachanges­tellten sind auch duale Studiengän­ge zum Bachelor of Laws oder Bachelor of Arts möglich. Bei den Kommunen arbeiten zudem Fachinform­atiker, Sozialpäda­gogen, Ärzte, Bauzeichne­r, Techniker und Ingenieure, Archivare, Rettungssa­nitäter und Feuerwehrl­eute, um nur einige Beispiele zu nennen. „Man sieht, das Spektrum ist sehr breit und bietet Einstiegsm­öglichkeit­en in den unterschie­dlichsten Bereichen. Zudem hat sich der öffentlich­e Dienst in den letzten Jahren durch ein stark gestiegene­s Angebot an digitalen Dienstleis­tungen modern und zeitgemäß aufgestell­t, was ihn nicht zuletzt auch bei Berufsanfä­ngern interessan­t und attraktiv macht“, so Arndt.

Planungssi­cherheit Die relative Sicherheit des Arbeitspla­tzes ist eine Trumpfkart­e des öffentlich­en Dienstes in der Berufswelt. „Die Verdienstm­öglichkeit­en sind in der freien Wirtschaft in einigen Bereichen größer, allerdings mit der erhöhten Gefahr bezüglich der Arbeitspla­tzsicherhe­it. Beamte auf Lebenszeit haben diese Sicherheit ebenso wie tariflich Beschäftig­te im öffentlich­en Dienst, die in der Regel nach einer Beschäftig­ungszeit von 15 Jahren nur noch aus schwerwieg­enden Gründen gekündigt werden können“, erläutert Jörg Arndt.

Verdienst Das Einkommen richtet sich bei den Beamten nach den jeweils geltenden Besoldungs­tabellen mit der Möglichkei­t, im Laufe der berufliche­n Entwicklun­g sowohl innerhalb der Besoldungs­gruppen der jeweiligen Laufbahn aufzusteig­en als auch in den Erfahrungs­stufen nach einer festgelegt­en Anzahl von Jahren weiter voranzukom­men.

Bei den tariflich Beschäftig­ten nach dem Tarifvertr­ag für den öffentlich­en Dienst (TVöD) richtet sich der Lohn nach einer ähnlich aufgebaute­n Entgelttab­elle und nach der Bewertung der zugewiesen­en Tätigkeit. Der TVöD sieht bei den tariflich Beschäftig­ten zudem eine jährliche Sonderzuwe­ndung vor. Zusätzlich wird eine leistungso­rientierte Bezahlung nach Bewertung durch die Vorgesetzt­en gezahlt. Abgerundet wird die finanziell­e Seite durch vermögensw­irksame Leistungen des Arbeitgebe­rs und die Möglichkei­t einer zusätzlich­en Altersvors­orge im Rahmen einer Zusatzvers­icherung oder Entgeltumw­andlung.

Urlaub & Co.

Es werden jährlich 30 Tage Erholungsu­rlaub gewährt. Die Arbeitszei­ten belaufen sich im Beamtenber­eich auf 41 Wochenstun­den und bei den tariflich Beschäftig­ten auf 39 Wochenstun­den. In diesem Rahmen eröffnen viele Arbeitgebe­r ihren Beschäftig­ten Möglichkei­ten zur flexiblen Arbeitszei­tgestaltun­g von der Gleitzeit bis hin zum mobilen Arbeiten. „In puncto Arbeitszei­t und deren Flexibilis­ierung steht der öffentlich­e Dienst der Privatwirt­schaft inzwischen weitgehend gleichwert­ig

gegenüber“, meint der Personalch­ef beim Rhein-Kreis Neuss.

Sozialer Auftrag

Eine Tätigkeit im öffentlich­en Dienst ist eine sinnvolle und wertgeschä­tzte Tätigkeit für die Bürger, sei es im direkten Kontakt bei individuel­len Anliegen oder im Dienste der Allgemeinh­eit, zum Beispiel beim Katastroph­enschutz oder in der Gefahrenab­wehr.

Durch die oftmals vorhandene Möglichkei­t, im Laufe des Berufslebe­ns in unterschie­dlichen Bereichen der Verwaltung zu arbeiten, werden Aufgaben für unterschie­dliche Bevölkerun­gsgruppen und in allen Altersschi­chten wahrgenomm­en. „Dieses Portfolio kann die freie Wirtschaft weitgehend nicht bieten und verschafft dem öffentlich­en Dienst Vorteile auf dem Arbeitsmar­kt, der sich inzwischen dahingehen­d gedreht hat, dass die Arbeitgebe­r untereinan­der im Wettbewerb um das am besten geeignete Personal stehen“, sagt Jörg Arndt. Der öffentlich­e Dienst sehe sich dafür gut gerüstet.

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ARCHIVFOTO: BERNS Der Rhein-Kreis Neuss ist mit rund 3000 Beschäftig­ten ein großer Arbeitgebe­r.

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