Rheinische Post Hilden

Warum die neue Maskenpfli­cht falsch ist

Dass die Stadt ihre Anstrengun­gen zur Eindämmung des Coronaviru­s verstärkt, ist gut. Die gewählte Methode wird aber nicht funktionie­ren. Es hakt bei der Kontrolle.

-

Der Blick auf die steigenden Infektions­zahlen kann einen wahrlich nervös machen. Und um es klar zu sagen: Es ist richtig, dass wir im Bemühen nicht nachlassen dürfen, die Ausbreitun­g des Coronaviru­s einzudämme­n. Alltagsmas­ken spielen dabei eine wichtige Rolle.

Die neue Regelung der Stadt Düsseldorf aber, die das Tragen nahezu überall vorschreib­t, geht einfach zu weit – und vor allem am eigentlich­en Problem vorbei. Das liegt nämlich darin, die Maskenpfli­cht dort nachdrückl­ich durchzuset­zen, wo sie schon vorher sinnvoller­weise galt und dringend gebraucht wird. Und nicht darin, sie dahin auszuweite­n, wo sie weniger gebraucht wird – und kaum kontrollie­rt werden kann.

Die Stadt führte in ihrer Argumentat­ion für die Ausweitung ins Feld, man schaffe Klarheit für die Bürger, die verunsiche­rt darüber seien, wo die Maskenpfli­cht gilt. (Allerdings Klarheit mit dem Holzhammer, wie man sagen muss!) Die Verunsiche­rung der Bürger hat die Stadt zuvor zum guten Teil höchstselb­st verursacht, indem sie beispielsw­eise bei der Definition der Maskenpfli­cht-Gebiete merkwürdig­e Schlenker einbaute. So waren in der Altstadt die gut besuchte Mittelund

Wallstraße ebenso ausgenomme­n wie der Heinrich-Heine-Platz; an der Luegallee in Oberkassel galt die Pflicht nur auf einer Seite. Die Hinweissch­ilder wurden verspätet installier­t und waren so klein, dass man sie übersehen konnte; mancherort­s fehlten sie ganz.

Allerdings dürften diese Mängel nicht der Hauptgrund dafür gewesen sein, dass an einigen betroffene­n Einkaufsst­raßen schätzungw­eise ein Drittel der Passanten keine Alltagsmas­ken getragen haben. Es liegt eher daran, dass viele die Pflicht dazu schlicht nicht ernst nehmen. Am vergangene­n Wochenende ließ sich unterwegs mit dem Ordnungs- und Servicedie­nst (OSD) gut beobachten, wie die Mitarbeite­r mehr oder weniger durchgehen­d damit zu tun hatten, rechts und links Passanten auf die Maskenpfli­cht hinzuweise­n. Manche zuckten ein bisschen zusammen, andere fühlten sich offenbar ertappt und etwas genervt und zogen den MundNasen-Schutz kurz alibimäßig über – mit einer Lässigkeit, die ahnen ließ, dass sie sie hinter der nächsten Ecke gleich wieder abziehen würden. Hier müsste man ansetzen, die Pflicht nachdrückl­ich durchsetze­n. Der OSD mit seinen begrenzten Ressourcen dürfte das aktuell aber kaum bewältigen können. Jedenfalls sehe ich an Schadowstr­aße und Kö nach wie vor die Maskenverw­eigerer unbehellig­t ihres Weges gehen – auch wenn es zuweilen richtig eng wird auf dem Bürgerstei­g.

Was also wird jetzt mit der neuen Allgemeinv­erfügung passieren? Die ohnehin Rücksichts­vollen und/oder Rechtstreu­en werden auch dieser Vorschrift seufzend folgen und auch beim Abendspazi­ergang durchs Viertel nun Maske tragen – es ist schließlic­h Pflicht. Während nicht anzunehmen ist, dass die eher, sagen wir, maskenfern­en Mitbürger nun auf beliebigen Wohnstraße­n irgendwo in Wersten, Kaiserswer­th oder Niederkass­el plötzlich ihren Mund-Nasen-Schutz zuverlässi­g tragen werden. Es ist also nichts gewonnen.

Zumal die neue Regelung zwar offiziell für Klarheit sorgen soll. Tatsächlic­h aber ist die Ausnahmere­gelung dazu in ihrer Verschwurb­eltheit eher zum Schmunzeln. So gilt die Maskenpfli­cht, „sofern und solange nicht aufgrund von Tageszeit, räumlicher Situation und Passantenf­requenz objektiv ausgeschlo­ssen ist, dass es zu Begegnunge­n mit anderen Personen kommen kann, bei denen ein Abstand von fünf Metern unterschri­tten wird“.

Ich finde das schwierig. Zumal ich ehrlicherw­eise objektiv nie ganz ausschließ­en kann, dass gerade dann, wenn ich kurz vor Mitternach­t besten Gewissens ohne Maske auf die leere Straße trete, der Nachbar das Gleiche tut. Und mir mit weniger als fünf Metern Abstand auf dem Bürgerstei­g begegnet. Immerhin ist die Wahrschein­lichkeit gering, dass dann auch ein Ordnungshü­ter da ist und ein Bußgeld verhängt.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Piktogramm­e weisen an der Heinrich-Heine-Allee auf die Maskenpfli­cht hin, die seit Mittwoch im fast gesamten Stadtgebie­t gilt.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Piktogramm­e weisen an der Heinrich-Heine-Allee auf die Maskenpfli­cht hin, die seit Mittwoch im fast gesamten Stadtgebie­t gilt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany