Amos Uebbing ist aktuell Frontmann des KCH
Der Hildener Kanute schafft im Einer-Kajak den Sprung ins Junioren-Nationalteam und tritt bei der Europameisterschaft an.
HILDEN Corona wirbelt das Sportjahr mächtig durcheinander. Das gilt auch für die Slalom-Kanuten des KC Hilden. Für Amoes Uebbing ist die Corona-Krise allerdings der Start in eine internationale Karriere, denn der 18-Jährige nutzte gleich den ersten großen Wettkampf in 2020, um sich für die Junioren-Nationalmannschaft zu qualifizieren. Bei der Deutschen Meisterschaft Anfang September in Markkleeberg lief der Hildener im Wildwasserkanal zur Top-Form auf und löste die Fahrkarte zur Junioren-Europameisterschaft in Krakau. Allerdings musste er nach dem Finallauf bei der DM zwei Stunden um den Erfolg bangen – erst dann gab die Jury einem Einspruch gegen eine 50-Sekunden-Strafe für das vermeintliche Auslassen eines Tores statt.
Viele Worte mag Amos Uebbing über die EM-Qualifikation und seinen ersten internationalen Auftritt im deutschen Dress nicht verlieren, gesteht aber auf Nachfrage: „Ich habe mich schon sehr gefreut – die letzten drei Jahre habe ich daraufhin gearbeitet. Es war aber gar nicht klar, ob die EM überhaupt stattfindet.“So sagte der Deutsche Kanuverband nach einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes die Teilnahme der deutschen Mannschaft im September an der EM in Prag (Tschechien) ab. Doch die Junioren-EM Anfang Oktober im polnischen Krakau stellte dann mit Blick auf Corona aus Sicht des Bundes kein Problem dar.
Amos Uebbing EM-Fahrer des KC Hilden
Urspünglich sollten die Titelkämpfe der Junioren bereits im Sommer über die Bühne gehen, doch die Corona-Pandemie machte unerwartet einen dicken Strich durch die Rechnung. Eine Woche vor dem Wettkampfstart am 1. Oktober reiste die Junioren-Nationalmannschaft in Krakau an. Für Amos Uebbing eine ungewohnte Situation –und dann auch noch unter Corona-Bedingungen. So fiel die obligatorische Eröffungsfeier der Europameisterschaft, sonst ein schönes Gemeinschaftserlebnis für alle teilnehmden Sportler, diesmal aus. Statt dessen stimmte sich das deutsche Team im kleinen Kreis auf die Wettkämpfe ein. Dabei war die Nationalmannschaft diesmal nicht in einem Hotel direkt an der Strecke untergebracht, sondern nächtigte in einem Hotel in Krakau, rund 20 Autominuten vom Wildwasserkanal entfernt.
„Es war schade, dass wir wegen der Corona-Schutzmaßnahmen so gut wie keinen Kontakt zu den Sportlern anderer Nationen haben konnten“, erklärt Uebbing. Dabei hielten sich Sportler, Trainer und Mitarbeiter der Teams tagsüber zumeist auf dem Wettkampfgelände auf, das erst nach einer Einlasskontrolle mit Messung der Körpertemperatur betreten werden konnten. „Wir hatten viel Platz und konnten gut Abstand halten“, berichtet der Hildener. Zuschauer waren nicht zugelassen.
30 Starter kämpften in der Qualifikation um den Einzug ins Halbfinale. Amos Uebbing landete auf Rang 15, 5.98 Sekunden hinter dem Franzosen Noe Perreau an der Spitze des Feldes. „Es ist schon ein anderes Gefühl, für Deutschland zu fahren. Ich wollte das Beste aus mir rausholen“, sagt der 18-Jährige, der zuvor bereits auf anderen europäischen Strecken startete, aber noch nie im Wildwasserkanal von Krakau unterwegs war, sich aber schnell damit anfreundete: „Für mich ist es eine schöne Strecke. Das Wasser ist nicht so pulsierend, sondern gleichmäßig – man kann verschiedene Sachen fahren und es klappt immer.“
Im Halbfinale erreichte Amos Uebbing Rang zehn unter 30 Startern, lag damit 9.99 Sekunden hinter dem Tschechen Jakub Krejci, der am schnellsten unterwegs war. Das Finale der besten 15 Teilnehmer ging der Hildener dann etwas forscher an. „Ich habe versucht zu zeigen, was ich kann. Ein bisschen Risiko ist da notwendig – was bringt mir das, wenn ich in einem EM-Finale zu vorsichtig fahre?“, betont er und berichtet: „Ich bin in einer Welle, die sich überschlug, hängen geblieben, das hat etwa fünf Sekunden gedauert.“Dazu gab’s zwei Strafsekunden am Tor 10. Mit etwas Glück war also ein Platz auf dem Podium möglich. Letztlich belegte der Hildener Rang zehn mit 7.48 Sekunden auf Europameister Egor Smirnov (Russland), 6.66 Sekunden hinter dem Zweiten Martin Rudorfer und 5.89 Sekunden hinter dem Dritten Jakub Krejci, die beide für Tschechien antreten.
Damit avancierte Uebbing zum besten Fahrer des deutschen Teams, denn die favorisierten Benjamin Kies (13.) und Julian Bolte (15.) handelten sich jeweils eine 50 Sekunden-Strafe ein, weil sie ein Tor verpassten. „Das war schade – ich habe auch mit den beiden mitgefiebert.“
Für Christian Geheb kommt der Erfolg von Amos Uebbing, der diesen Sommer die Realschule abschloss, nicht unerwartet. „Er war schon die ganze Zeit im Training nicht schlecht“, stellt der Sportwart des KC Hilden fest und ergänzt: „Er
hat in Markkleeberg gemerkt, dass er nicht chancenlos ist, wenn er die Läufe gut runterbringt und die Nerven behält.“Dass der Hildener im Finale bester Deutscher war, kam aber auch für Geheb überraschend: „Sonst hatte Amos immer Probleme, unter Druck seine Leistung abzurufen. Man kann im Training noch so toll sein und in den Vorläufen super fahren: Unter Druck kommt oft Hektik auf und dann passieren Flüchtigkeitsfehler. Das hatte Amos in diesem Jahr nicht – er hat sich schön entwickelt.“Dabei betont auch der KCH-Sportwart, dass ein Finallauf „immer eine Gratwanderung
„Es ist schon ein anderes Gefühl, für Deutschland zu fahren. Ich wollte das Beste aus mir rausholen“
„Er hat gemerkt, dass er nicht chancenlos ist, wenn er die Läufe gut runterbringt und die Nerven behält“
Christian Geheb Sportwart des KC Hilden
ist, denn man muss risikoreich fahren, wenn man unter die ersten drei kommen will“. Auch für den Verein, dessen Aushängerschilder in den vergangenen Jahren unter anderem Sören Loos und Florian Beste waren, sei Uebbings Erfolg schön und auch das Ergebnis einer gut funktionierenden Leistungsgruppe im Klub. „Das Team pusht die Sportler und bringt sie nach vorne“, erklärt Geheb.
Amos Uebbing nutzte seine letzte Chance, im Juniorenbereich aufzutrumpfen. Im nächsten Jahr wechselt der Kajak-Fahrer in die Altersklasse U 23. „Da wird es schwieriger, in die Nationalmannschaft zu kommen, weil viele dabei sind, die bis zu fünf Jahre älter sind als ich“, sagt er und geht das neue Umfeld mit Respekt an. Gleichwohl ist sein Ziel, an die sehr guten Fahrer heranzukommen. Sein Selbstbewusstsein ist durch den guten EM-Auftritt jedenfalls gewachsen. „Ich habe aus der Europameisterschaft viel Motivation gezogen und werde in dieser Woche mit dem Wintertraining beginnen“, sagt er.