Rheinische Post Hilden

Sechs Kommissare und ein Jubiläumsf­all

Zum 50. Geburtstag von Deutschlan­ds wichtigste­r Krimi-Reihe gibt es einen Doppel-„Tatort“mit den Teams aus Dortmund und München. Der Zweiteiler ist absolut sehenswert. Es heißt auch, Abschied zu nehmen.

- VON MARTINA STÖCKER

DORTMUND/MÜNCHEN Der „Tatort“gilt als das letzte Lagerfeuer der deutschen Fernseh-Republik. Seit 50 Jahren erklingt sonntags der typische Vorspann, am Montagmorg­en wird bei der Arbeit diskutiert. Und immer öfter auch kritisiert. Manchem Fall fehle schlicht die Qualität, heißt es dann, Netflix sei eh anspruchsv­oller und früher sowieso alles besser gewesen. Zum Jubiläum gibt es aber eine wundervoll­e Doppelfolg­e, die man aus drei Gründen nicht verpassen sollte.

1. Der Fall

Der Zweiteiler „In der Familie“erzählt eine bewegende und spannende Mafia-Geschichte: Die Dortmunder Polizei observiert ein italienisc­hen Restaurant, in dem sie dFen Umschlagpl­atz für den Kokainhand­el der kalabresis­chen ’Ndrangheta vermutet. Der Inhaber Luca Modica hat das Geld für das Haus vermutlich von der Mafia schon bekommen. Er lebt dort mit seiner deutschen Frau Juliane und seiner Tochter Sofia. Plötzlich wird im Hof aber nicht nur Koks in Orangenkis­ten umgeladen, sondern Mafioso Pippo muss bei ihnen nach einem Mord in München untertauch­en. Mit dem unerwünsch­ten Gast, der sich furchtbar benimmt, endet das vermeintli­che Idyll: Juliane wird mit der Nase drauf gestoßen, mit welchen Menschen sich ihr Mann eingelasse­n hat und wem sie ihre berufliche Existenz verdanken. Je länger Pippo in der Familie ist, desto mehr zerbröselt das Glück. Und alle Beteiligte­n müssen erfahren, dass mitunter nur ein Fingerschn­ippen genügt, um einen tödlichen Prozess in Gang zu setzen.

2. Die Ermittler

Dass Kommissare sich treffen, gab es etwa schon im 1000. Fall, als Borowski und Lindholm ins „Taxi nach Leipzig“stiegen – angelehnt an den allererste­n Fall am 29. November 1970 mit dem gleichen Titel. Zum aktuellen Jubiläum geben sich München und Dortmund die Ehre und beweisen, dass das nicht nur beim Fußball eine gute Kombinatio­n ist. Auf der einen

Seite stehen die beiden Spezln Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl), die seit Jahrzehnte­n ein eingespiel­tes Team sind. Auf der anderen Seite Peter Faber (Jörg Hartmann) und Martina Bönisch (Anna Schudt), die häufig miteinande­r ringen und sich wahrlich das Leben schwer machen. Beide Behörden nehmen es in ihrer Stadt mit der Mafia auf und ermitteln gemeinsam. Fabers ätzender Humor und ein zerrissene­s Team treffen auf bayerische Harmonie – da fliegen die Pointen nur so hin und her. Zudem treffen zwei Kulturen aufeinande­r. Als die Bayern in Dortmund ein Auto bei der Verfolgung aus den Augen verlieren und motzen „Das ganze Land besteht aus Autobahnen“, freut sich der Nordrhein-Westfale. Ebenso, wenn Batic aus einer BVB-Tasse trinkt und sie am Ende auch mitnimmt nach Bayern.

3. Die Regisseure

Dominik Graf, von „Tatort“-Fans für Filme wie „Frau Bu lacht“und von Cineasten generell verehrt, inszeniert den ersten Teil, der einen sofort packt und in vielen Momenten unter die Haut geht. Es wird ein Familiendr­ama mit Polizei-Ermittlung, ein Lehrstück über die Mafia, die ihre Mitglieder mit Haut und Haaren verschling­t und willenlos macht. Für den zweiten Teil ist Pia Strietmann verantwort­lich, das Drehbuch hat Bernd Lange geschriebe­n. Zum 50. Geburtstag sollte man sich wahrlich Gutes gönnen: Diese 180 Minuten sind wirklich ein Geschenk.

„Tatort: In der Familie“, Das Erste, So., 20.15Uhr,zweiterTei­lam6.Dezember

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FOTO: WDR/FRANK DICKS Sie nehmen es mit der Mafia auf (v.l.): Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl), Jan Pawlak (Rick Okon), Nora Dalay (Aylin Tezel), Peter Faber (Jörg Hartmann), Martina Boenisch (Anna Schudt) und Ivo Batic (Miroslav Nemec).

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