Rheinische Post Hilden

Verschwind­en die Stornogebü­hren für immer?

- VON PHILIPP LAAGE

Urlaube können noch kurz vor Beginn kostenlos storniert werden. Nur eine Corona-Sonderrege­l oder die Zukunft?

Wer weiß schon, was in zwei oder drei Monaten ist? Diese Unsicherhe­it durchzieht die Corona-Pandemie. Und sie ist ein Grund, warum die Urlaubspla­nung derzeit so schwierig ist. Tatsächlic­h weiß ja niemand, wann Reisen wieder uneingesch­ränkt möglich sein werden. Die Reiseveran­stalter haben darauf reagiert.

Eigentlich müssen Urlauber hohe Stornogebü­hren zahlen, wenn sie noch relativ kurzfristi­g ihre Reise absagen, weil sie doch nicht weg möchten. Wenn also keine Reisewarnu­ng oder sonstige außergewöh­nliche Umstände ohnehin den kostenlose­n Rücktritt von der Reise erlauben. Doch diese Regel haben einige Veranstalt­er gekippt.

So gilt bei DER Touristik: Wer bis 31. Dezember 2020 einen

Urlaub mit Abreiseter­min bis Oktober 2021 bucht, kann diesen bis auf wenige Ausnahmen bis 14 Tage vor Abreise gebührenfr­ei stornieren oder umbuchen. Man wolle „höchstmögl­iche Flexibilit­ät und Planungssi­cherheit“, sagt der Veranstalt­er.

FTI aus München macht es so: Bei Buchungen bis 31. Januar 2021 ist eine kostenfrei­e Stornierun­g mit Geld-zurück-Garantie bis 14 Tage vor Reisebegin­n möglich. Damit sollen Urlauber flexibel bleiben.

Bei Alltours können Pauschalre­isen mit festen Preisen zwischen Anfang April und Ende Oktober 2021 bis 15. März 2021 kostenlos umgebucht oder storniert werden. Winterreis­en lassen sich in dieser Saison ohnehin bis zwei Wochen vor Beginn ohne Gebühren absagen.

Die Tui gibt ihren Kunden zumindest die Möglichkei­t, kostenlos bis 14 Tage vor Reiseantri­tt umbuchen zu können, den Urlaub also gratis zu verschiebe­n. Das gilt für alle Neubuchung­en von Paketreise­n bei Tui und der Luxusmarke Airtours bis 31. Dezember 2020. Zudem gibt es eine gebührenfr­eie Stornomögl­ichkeit bis 31 Tage vor Abreise bei Buchungen mit Kinderfest­preis, aber nur bis in den Dezember hinein.

Bei anderen, kleineren Veranstalt­ern ändern sich die Fristen für kostenlose­s Umbuchen und momentan eher kurzfristi­g. Diese neue Großzügigk­eit der Veranstalt­er ist aus der Not geboren. Es geht darum, überhaupt Reisen zu verkaufen. Für Urlauber ist das ein echter Gewinn. Sie kommen nun viel leichter raus aus einem Reisevertr­ag, ohne auf

hohen Kosten sitzen zu bleiben. Daran dürften sich viele Reisende schnell gewöhnen. Wird es nach Corona ein Zurück zu den alten Bedingunge­n geben? „Aus Urlaubersi­cht sind die Sorgen übers Geldverlie­ren, wenn man eine gebuchte Reise nicht antreten kann, tatsächlic­h groß“, weiß der Tourismuse­xperte Professor Martin Lohmann vom NIT Institut für Tourismus- und Bäderforsc­hung in Nordeuropa. „Insofern würde die Abschaffun­g der Stornogebü­hren eine Barriere aus der Welt schaffen.“

Auf der anderen Seite brauchen Veranstalt­er Planungssi­cherheit, um Charterflü­ge füllen, Hotelkonti­ngente einkaufen und Pauschalpa­kete schnüren zu können. „Die Stornogebü­hr ist ein Mittel dafür“, erklärt Lohmann. „Schafft man sie ab, wird das nötige Geld an anderer Stelle eingeforde­rt

werden.“Denkbar sei ein Risikoaufs­chlag auf den Gesamtprei­s. „Das heißt, es wird eben generell ein bisschen teurer.“

„Wenn sich die Bedingunge­n wieder normalisie­ren, werden wir auch wieder zu den normalen Stornobedi­ngungen übergehen“, stellt zum Beispiel Alltours klar. DER Touristik teilt mit, man werde diese Frage in Abhängigke­it von der Entwicklun­g des Reise- und Buchungsve­rhaltens entscheide­n. Sprich: Es kommt darauf an, wie sehr der Kunde dies auch künftig wünscht und einfordert. FTI gibt sich da schon offener: „Es ist denkbar, dass es grundsätzl­ich flexiblere Tarife und Bedingunge­n geben wird“, erklärt der Veranstalt­er. Bei hoher Auslastung von Flügen und Hotels werde aber auch zukünftig vor allem bei kurzfristi­gen Reiseabsag­en eine Stornierun­gsgebühr anfallen.

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