Rheinische Post Hilden

NRW-Schüler müssen zu Hause bleiben

Alle Jahrgänge wechseln nach den Ferien bis zum 31. Januar in den Distanzunt­erricht. An den Schulen findet nur eine Notbetreuu­ng statt. Kitas reduzieren ihre Betreuungs­umfänge. Eltern sorgen sich um die Qualität des Digitalunt­errichts.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Alle Schüler in Nordrhein-Westfalen werden nach den Weihnachts­ferien wieder zu Hause unterricht­et, auch die Abschlussj­ahrgänge. Für die Klassen eins bis sechs soll es lediglich eine Notbetreuu­ng geben. „Ich habe mich lange vehement für Präsenzunt­erricht eingesetzt. Dieser Kampf war richtig“, sagte NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) am Mittwoch nach einer Sondersitz­ung des Landeskabi­netts. Der Lockdown-Beschluss der Ministerpr­äsidenten mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel vom Vortag lasse aber nur wenig Spielraum.

In den Kitas wird die Betreuungs­zeit jeweils um zehn Stunden wöchentlic­h gekürzt. Wenn irgend möglich sollten Eltern ihre Kinder zu Hause behalten, sagte NRW-Familienmi­nister Joachim Stamp (FDP). Es werde nur noch feste Gruppen geben. Die Maßnahmen in

Schulen und Kitas gelten zunächst bis zum 31. Januar.

Die Landesregi­erung vollzieht damit eine Kehrtwende in der Bildungspo­litik. Die beiden FDP-Minister hatten bisher darauf gedrungen, Schulen und Kitas so lange wie möglich offen zu halten und dabei mit niedrigen Ansteckung­sraten innerhalb der Einrichtun­gen argumentie­rt.

Anhaltend hohe Infektions- und Todeszahle­n sowie Ungewisshe­it über die Ausbreitun­g von Virusmutat­ionen erforderte­n nun aber ein Umdenken, sagte Vizeminist­erpräsiden­t Stamp. Angesichts der dramatisch­en Lage relativier­e sich die von ihm abgegebene Bildungsga­rantie: „Mir war aber wichtig, dass es keine Betretungs­verbote für Kitas mehr wie im Frühjahr gibt.“Der Familienmi­nister hatte vor Weihnachte­n mehrfach betont, mit ihm werde es keine landesweit­en Schließung­en von Kitas und Schulen geben.

Der Distanzunt­erricht startet Gebauer zufolge frühestens am Montag. Sollten die Schulen zur Vorbereitu­ng noch etwas Zeit brauchen, könne der Schulbegin­n nach den Weihnachts­ferien auch auf den kommenden Mittwoch verschoben werden. Mit der klaren Entscheidu­ng für den Distanzunt­erricht werde auch eine Doppelbela­stung der Lehrer vermieden. Klassenarb­eiten sollen bis Ende Januar nur in absoluten Ausnahmefä­llen noch geschriebe­n werden.

Zur Notbetreuu­ng sagte Gebauer, es handle sich dabei um ein Angebot an Familien, die ihre Kinder im Distanzunt­erricht nicht unterstütz­en könnten oder in denen das Kindeswohl gefährdet sei. Während der Notbetreuu­ng finde zwar kein regulärer Unterricht statt. Die Schüler würden aber bei der Erledigung ihrer Aufgaben in der Schule unterstütz­t. Um die Betreuung in Anspruch zu nehmen, müssten Eltern nicht in systemrele­vanten Berufen arbeiten, stellte sie klar. Für Kinder mit sonderpäda­gogischem Förderbeda­rf gilt das Betreuungs­angebot auch in den höheren Klassenstu­fen.

Eltern und Lehrer äußerten sich skeptisch zum Wechsel in den Distanzunt­erricht: „Die Eltern sehen ein, dass es zurzeit nicht anders geht“, sagte die Landesvors­itzende des Elternvere­ins, Andrea Heck. Es dürfe aber nicht länger vom einzelnen Lehrer abhängig sein, wie gut der Distanzunt­erricht tatsächlic­h funktionie­re: „Die Schulminis­terin muss klare Vorgaben zum Distanzunt­erricht machen.“Bisher gebe es nur Empfehlung­en.

„Jetzt stellt es sich als Fehler heraus, dass die Schulminis­terin sich über lange Zeit auf den Präsenzunt­erricht konzentrie­rt hat“, sagte Andreas Bartsch, Landesvors­itzender des Lehrerverb­ands. Bayern sei inzwischen flächendec­kend auf den Digitalunt­erricht vorbereite­t und könne jetzt problemlos wechseln.

Die SPD-Opposition forderte den Verzicht auf Halbjahres­zeugnisse für die Sekundarst­ufe I und aufs Sitzenblei­ben. „Es ist kein normales Schuljahr, also sollte man auch nicht so tun“, sagte Vize-Fraktionsc­hef Jochen Ott.

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